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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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weiterredete, war das Schlangenhafte aus seinem Tonfall gewichen. Plötzlich klang er wieder freundlich, fast kumpelhaft, so wie Zhao Bide gesprochen hatte. »Dein Vater hat mein Wort, dass dir nichts geschehen wird, solltest du kooperieren. Dazu gehört, mir die Namen all derer zu nennen, die von der abgefangenen Nachricht wissen oder ihren Inhalt kennen. Außerdem händigst du mir jeden, wirklich jeden Datenspeicher aus, auf dem ein Download der Nachricht existiert.«
    »Du hast meinen Computer zerstört«, sagte Yoyo.
    »Ich habe etwas zerstört, ja. Aber habe ich alles zerstört?«
    »Nicht widersprechen«, flüsterte Jericho Yoyo zu.
    Sie schwieg.
    »Siehst du.« Kenny lächelte, als sehe er seine Annahme bestätigt. »Mach dir keine Sorgen, ich halte mein Wort. Und bring den kahl geschorenen Riesen mit, du weißt schon. Ihr werdet beide durch die Vordertüre eintreten, es ist offen.« Er hielt inne. Etwas schien ihm durch den Kopf zu gehen, dann fragte er: »Hat eigentlich dieser Owen Jericho mit dir Kontakt aufgenommen?«
    »Jericho?«, echote Yoyo.
    »Der Detektiv?«
    Jericho hatte sich von Anfang an hinter das Sichtfeld des Handys gestellt, sodass er die Szenerie in Chens Wohnung spiegelverkehrt erblickte, jedoch von Kenny nicht gesehen werden konnte. Er gab Yoyo ein Zeichen und schüttelte heftig mit dem Kopf.
    »Keine Ahnung, wo der Idiot ist«, sagte sie verächtlich.
    »Warum so harsch?« Kenny zog verwundert die Brauen hoch. »Er hat dich gerettet.«
    »Der will mich doch genauso verarschen wie du, oder nicht? Du hast gesagt, er hätte Grand Cherokee umgebracht.«
    Belustigung umspielte Kennys Lippen.
    »Ja. Sicher. Also, wann kannst du hier sein?«
    »So schnell es geht«, schniefte Yoyo. »Kommt auf den Verkehr an. In einer Viertelstunde? Ist das in Ordnung?«
    »Völlig in Ordnung. Du und Daxiong. Unbewaffnet. Sehe ich eine Waffe, stirbt Chen. Kommt noch jemand zur Tür herein, stirbt er. Versucht einer das automatische Gewehr außer Gefecht zu setzen, geht es los. Sobald alles geklärt ist, werden wir zusammen das Haus verlassen. Ach ja, sollte draußen Verstärkung warten oder irgendjemand den Helden spielen, stirbt Chen ebenfalls. Er kann seinen Stuhl erst wieder verlassen, wenn ich die Automatik deaktiviert habe.«
    Die Verbindung riss ab.
    Von ferne drangen die fremdartigen Rufe großer Tiere herüber. Ein Windstoß fuhr in die Büsche, die den Strand zur Wiese hin begrenzten, und ließ rosa Blütendolden auf und nieder tanzen.
    »Dieses Schwein«, presste Yoyo hervor. »Dieses verdammte –«
    »Was auch immer, allmächtig ist er nicht.«
    »Ach nein?«, schrie sie ihn an. »Du hast doch gesehen, was los ist! Glaubst du im Ernst, er lässt ihn leben? Mich leben?«
    »Yoyo –«
    »Was soll ich denn machen?« Sie wich zurück. Ihre Unterlippe bebte. Sie schüttelte den Kopf, während Tränen über ihre Wangen liefen. »Was soll ich denn bloß machen? Was soll ich machen?«
    »Hey«, sagte er. »Wir holen ihn da raus. Ich versprech's dir. Niemand wird sterben, hörst du?«
    »Und wie willst du das anstellen?«
    Jericho begann auf und ab zu gehen. Ganz genau wusste er das auch noch nicht. Bruchstückhaft begann ein Plan in seinem Kopf Gestalt anzunehmen. Ein irrwitziges Unterfangen, das von einer ganzen Reihe unterschiedlichster Faktoren abhängig war. Die Fensterfront hinter Chen Hongbing spielte dabei eine Rolle und das erbeutete Airbike. Außerdem musste er mit Tu Tian sprechen.
    »Vergiss es«, sagte Yoyo atemlos. »Gehen wir.«
    »Warte.«
    »Ich kann aber nicht warten! Ich muss zu meinem Vater. Hauen wir hier ab.« Sie streckte die Rechte nach ihm aus.
    »Gleich, Yoyo –«
    »Jetzt!«
    »Nur eine Minute. Ich –« Er nagte an seiner Unterlippe. »Ich weiß jetzt, wie wir es machen. Ich weiß es!«
     

HONGKOU
     
    Das Haus in der Siping Lu mit der Nummer 1276 war im eintönigen Pastell etlicher Wohnblocks gehalten, die man Anfang des Jahrtausends im Shanghaier Viertel Hongkou errichtet hatte. Bei trüber Witterung schien es im Himmel zu verschwinden. Wie zur Konterkarierung durchbrachen aufdringlich grün getönte Scheiben die Fassade, ein weiteres Stilmittel jener Epoche, durch das selbst Wolkenkratzern etwas Billiges und Spielzeugartiges anhaftete.
    Im Gegensatz zu den Hochhäusern eine Straße weiter begnügte sich Nummer 1276 mit sechs Stockwerken, verfügte über großzügig bemessene Balkone und prunkte zudem mit der Andeutung eines Pagodendachs. Beiderseits der Balkone klebten die

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