Limit
so umfassenden Erkenntnis standhalten zu müssen, dass jeder Versuch, andere daran teilhaben zu lassen, als obsolet erachtet werden musste. Wie sollte man Menschen erklären, dass alles, was man unternahm, das Resultat höherer Einsicht war? Der Preis, den er zahlte, indem er andere zahlen ließ.
Nein. Er hatte es nicht schlimmer gemacht.
Er hatte sich vergewissern müssen!
Xin stellte sich sein Gehirn vor. Ein Rorschach-Universum. Die Reinheit der Symmetrie, Verlässlichkeit, Ruhe, Kontrolle. Langsam fühlte er seine Gelassenheit zurückkehren. Er erhob sich, verband das Handy mit der Computerkonsole seines Zimmers und lud die Buchungslisten der Hotels auf den Monitor. Der Reihe nach ging er sie durch. Natürlich erwartete er nicht, Chen Yuyun oder Owen Jericho in den Verzeichnissen auftauchen zu sehen. Hydras Hacker, die in die Hotelsysteme eingebrochen waren, hatten die Listen mehrfach überprüft. Genau genommen wusste er nicht, was er zu finden erwartete, nur dass ihn die Ahnung trieb, fündig zu werden.
Und er fand etwas.
Wie ein Puzzlestein schob es sich ins Bild, erklärte fugengenau die Vorgänge im Museum und beantwortete gleich nebenbei ein halbes Dutzend weiterer Fragen: Drei Zimmer waren im Grand Hyatt am Marlene-Dietrich-Platz gebucht worden, auf eine Firma namens Tu Technologies, ansässig in Shanghai, gebucht und kraft persönlicher Unterschrift bestätigt vom geschäftsführenden Gesellschafter Tu Tian.
Der Laden, in dem Yoyo jobbte.
Daher kannte er den Namen!
Er lud die Homepage des Unternehmens und fand ein Porträt des Gründers. Fleischig, fast kahl, mit einem Schädel wie eine Billardkugel und im Ganzen so hässlich, dass er schon wieder attraktiv wirkte. Die Schlauchlippen waren geeignet, jedem Lurch reptilgrünen Neid ins Gesicht zu treiben. Zugleich hatten sie etwas einnehmend Sinnliches. Hinter der winzigen Brille glommen Augen, die von Humor zeugten und zugleich keinen Spaß verstanden. Obwohl der Kerl die Gelassenheit eines Buddhas ausstrahlte, ließ er keinen Zweifel an seinem Durchsetzungswillen. Tu Tian, das erkannte Xin auf den ersten Blick, war ein Guerillero, ein Nonkonformist im Narrengewand. Jemand, den man keinesfalls unterschätzen durfte. Mit seiner Hilfe waren Yoyo und Jericho mobil, konnten so schnell, wie sie in Berlin aufgekreuzt waren, wieder von dort verschwinden.
Die Vogelaars waren tot. Also würden sie aus Berlin verschwinden.
Sehr bald. Jetzt.
Xin bewaffnete sich, wählte eine rote Langhaarperücke und eine Gesichtsmaske mit passendem Bart, versah Stirn und Wangenknochen mit Applikationen, schlüpfte in einen smaragdgrünen Staubmantel, setzte eine schmale, reflektierende Holobrille auf und verharrte einige Sekunden vor dem Spiegel, um sein Werk zu begutachten. Er sah aus wie ein Popstar. Wie ein typischer Mando-Progger, der es zwar nicht zu gutem Geschmack, aber zu Geld gebracht hatte.
Eilig verließ er das Hotel, winkte ein Taxi heran und ließ sich zum Grand Hyatt fahren.
HYATT
Tus Gesicht erschien auf dem Monitor. Jericho war kaum verwundert, ihn sagen zu hören:
»Pack Diane zusammen. Wir hauen ab.«
»Was ist mit dem Glasauge?«
Yoyos Finger schoben sich ins Bild. Vogelaars künstliches Auge starrte ihn an. Seiner Ober- und Unterlider entkleidet sah es irgendwie überrascht aus und auch ein bisschen empört.
»Eindeutig ein Gedächtniskristall«, hörte er ihre Stimme. »Hab's mir angesehen, typisches Muster. Beeil dich. Die Bullen dürften bald anrücken.«
»Wo seid ihr jetzt?«
»Auf dem Weg zu dir«, sagte Tu. »Sie haben das Kennzeichen des Wagens. Mit anderen Worten, sie wissen, dass es ein Mietwagen ist, wer ihn gemietet hat, wo er wohnt, und so weiter und so fort. Von mir werden sie auf die unerfreulichen Begebenheiten des Vormittags schließen.«
»Und auf deinen Jet«, sagte Jericho.
»Auf meinen –«
»Fuck!«, war Yoyo zu vernehmen. »Er hat recht!«
»Sobald ihnen klar wird, dass du den Wagen am Flughafen gemietet hast, sind sie im Bilde«, sagte Jericho. »Sie werden uns schneller festnehmen, als wir ihn abgeben können.«
»Wie viel Zeit bleibt uns?«
»Schwer zu sagen. Als Erstes werden sie die Passagierliste der Flüge durchgehen, die gelandet sind, bevor du am Mietschalter warst. Das dauert eine Weile. Sie werden nichts finden, aber irgendwie musst du ja hergelangt sein, also checken sie die Privatflüge.«
»Mit dem Audi sind wir frühestens in einer halben Stunde am Flughafen.«
»Dann könnte es zu spät
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