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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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weichte die Horizontlinie eines fernen Meeres auf.
    »Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in diesen Sekunden nicht mehr lebe«, sagte Vogelaar ohne begrüßende Worte, »ist ziemlich hoch, also hören Sie jetzt genau zu, wer immer Sie sind. Persönlich werden Sie von mir keine weiteren Auskünfte zu erwarten haben.«
    Jericho beugte sich vor. Es war gespenstisch, Vogelaar in die Augen zu sehen. Genau genommen sahen sie ihn durch eines seiner Augen. Anders als in Berlin war er wieder aschblond, mit buschigem Schnurrbart, hellen Brauen und Wimpern.
    »Der Platz hier ist unverwanzt. Man sollte meinen, Intimität sei in einem Land, das praktisch nur aus Sumpf und Regenwald besteht, kein Problem, aber Mayé ist von derselben Paranoia infiziert wie alle Potentaten seines Schlages. Ich schätze, selbst Ndongo wäre interessiert gewesen, noch die Papageien abzuhören. Aber da sie nun mal mich zum Sicherheitschef gemacht haben, obliegt die Bespitzelung der braven Bevölkerung Äquatorialguineas mir, vor allem die der Herrscherfamilie und unserer wertgeschätzten ausländischen Gäste. Meine Aufgabe ist es, Mayé zu schützen. Er vertraut mir, und ich habe nicht vor, dieses Vertrauen zu missbrauchen.«
    Vogelaar breitete die Arme zu einer Geste aus, die das Hinterland mit einfasste. »Wie Sie sehen, leben wir im Paradies. Die Äpfel wachsen einem in den Mund, und wie es sich für ein anständiges Paradies gehört, kriecht auch eine Schlange hier rum und möchte alles unter Kontrolle wissen. Kenny Xin traut nämlich niemandem. Auch mir nicht, obwohl er sich als mein Freund bezeichnet und mir diesen höchst einträglichen Job verschafft hat. – Schöne Grüße übrigens, Kenny. Du siehst, dein Misstrauen war gerechtfertigt.« Er lachte. »Wahrscheinlich werden Sie den Burschen nicht kennen, er ist jedenfalls der Grund, warum ich dieses Dossier überhaupt anlege. Mehrere der beigefügten Dokumente befassen sich mit seiner Person, begnügen wir uns also an dieser Stelle mit dem Hinweis, dass er 2017 im Auftrag chinesischer Ölkonzerne und mit Billigung Pekings den Putsch gegen Juan Aristide Ndongo organisiert und mit meiner Hilfe, genauer gesagt mit Hilfe der African Protection Services, durchgeführt und Mayé inthronisiert hat. Das Dossier umfasst eine Chronik des Umsturzes, Interna über Pekings Rolle in Afrika und Verschiedenes mehr, aber im Kern behandelt es ein anderes Thema.«
    Er schlug die Beine übereinander und verscheuchte mit trägen Handbewegungen ein faustgroßes Fluginsekt.
    »Vielleicht erinnert sich jemand an die Startrampe, die Mayé 2022 auf Bioko hat errichten lassen. Internationale Firmen waren daran beteiligt, unter Federführung der Zheng Group, was die Annahme erlaubt, auch hier habe China seine Hände im Spiel gehabt. Ich persönlich glaube das nicht. Ebenso wenig stimmt, was wir der Öffentlichkeit immer verkauft haben, dass nämlich unser Weltraumprogramm eine hundertprozentige Initiative Mayés war. Tatsächlich wurde es von einer Gruppe womöglich chinesischer Investoren initiiert, die meiner Meinung nach – und entgegen ihrer eigenen Darstellung – nicht mit Peking identisch ist und damals von Kenny Xin vertreten wurde. Fakt ist, dass diese Organisation von unserem Grund und Boden aus einen Nachrichtensatelliten ins All schießen wollte, angeblich zur Erprobung neuartiger Raketenantriebe. Den Satelliten sollte Mayé zivil nutzen dürfen, unter der Maßgabe, das ganze Weltraumprojekt als seine eigene Idee auszugeben. Die Baupläne der Rampe habe ich angehängt, ebenso eine Liste aller Unternehmen, die daran mitgebaut haben.«
    »Der verarscht uns doch«, zischte Yoyo.
    »Kaum.« Jericho schüttelte den Kopf. »Er kann uns nicht mehr verarschen.«
    »Aber genau das hat er uns im Muntu –«
    »Warte.« Jericho hob die Hand. »Hör mal!«
    »– wurde der Start für den übernächsten Tag anberaumt. Damit hätten die Vorbereitungen eigentlich abgeschlossen sein sollen, lediglich der Satellit musste noch auf die Spitze der Rakete gesetzt werden. In derselben Nacht traf ein Konvoi gepanzerter Wagen auf dem Gelände der Rampe ein. Etwas wurde in die Konstruktionshalle geschleppt und mit dem Satelliten verkoppelt, ein Gehäuse von der Größe eines sehr großen Koffers oder kleinen Schranks, versehen mit einem Landegestell, Düsen und Kugeltanks. Das ganze Ding konnte ineinandergeklappt werden, sodass es nicht viel Platz wegnahm. Mit der Anlieferung und Montage befassten sich ausschließlich Vertraute Xins,

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