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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Artisten, Sänger, Tänzer und Raubtierbändiger, und natürlich konnte man auch Shows buchen, in denen alle Hüllen fielen. Doch Aileen, die gute, dicke, Kuchen backende Aileen, gefiel sich in unverfälschter Südstaatenprüderie, als tanzten nicht allabendlich Dutzende von Showgirls mit hüpfenden Brüsten über Las Vegas' Bühnen, deren Verträge ihre Unterschrift trugen. Sie legte Wert auf Gottesfurcht, ausreichende Bewaffnung, gutes Essen, gute Taten und die Todesstrafe, wenn es denn nicht anders ging, und wann ging es schon anders. Sittlichkeit setzte sie über alles. Ungeachtet dessen würde sie zum Dinner erscheinen wie frisch gewurstet, in ein peinliches Kleidchen gestopft, um sich bei jüngeren Männern Komplimente für ihr lasergestrafftes Dekolleté abzuholen. Sie würde ihren üblichen Bemutterungsfeldzug starten und den blöden Witz unter »Hihi« und »Pfffrrrrt!« weitererzählen, um anschließend für alle Drinks zu holen, und ihre andere Seite würde durchschlagen, geprägt von der ehrlich empfundenen Sorge um das Wohlergehen einer jeden Kreatur, und es ermöglichen, dass man Aileen Donoghue nicht nur ertrug, sondern sogar irgendwie mochte.
    Die gläsernen Liftkabinen füllten sich mit Menschen und Geschwätz. Nach kurzer Fahrt entließen sie die Truppe auf die Aussichtsterrasse, über die sich mittlerweile der Hollywoodtraum eines Nachthimmels spannte. Eine Dame im Abendkleid, alt und schön, dirigierte mit königlicher Würde ein halbes Dutzend Kellner zu den Gästen. Champagner und Cocktails wurden gereicht, Ferngläser ausgeteilt. Ein Jazzquartett spielte Fly me to the moon.
    »Alle da rüber«, rief Lynn fröhlich. »Zu mir! Blick nach Osten.«
    Vergnügt leisteten die Gäste der Anweisung Folge. Draußen auf der Plattform waren noch mehr Lichter entflammt, leuchtende Finger griffen in den Nachthimmel. Winzig wie Ameisen sah man Menschen zwischen den Aufbauten umherlaufen. Ein großes Schiff, dem Aussehen nach ein Frachter, lag massig in ruhiger See.
    »Liebe Freunde.« Julian trat vor, ein Glas in der Hand. »Ich habe euch vorhin nicht die ganze Show gezeigt. In einer anderen Version hättet ihr außerdem die OSS kennengelernt und das Gaia, aber sie ist für Besucher gedacht, die nicht den Vorzug haben werden, eure Erfahrung zu machen. Angehörige von Reisenden, die ein paar Tage auf der Insel verbringen, um danach wieder nach Hause zu fahren. Euch hingegen wollte ich den Aufzug demonstrieren. Für alles andere braucht ihr keine Filme, weil ihr es mit eigenen Augen sehen werdet! Die kommenden zwei Wochen werdet ihr nie vergessen, das verspreche ich euch!«
    Julian entblößte sein makelloses Gebiss. Applaus kam auf, erst vereinzelt, dann schlugen alle begeistert die Handflächen gegeneinander. Miranda Winter ließ ihr »Oh Yeah!« erklingen. Lynn trat neben ihren Vater, erglühend vor Stolz.
    »Bevor wir alle zum Dinner bitten, gibt es einen kleinen Vorgeschmack auf die anstehende Reise.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »In den nächsten Minuten werden die beiden Kabinen aus dem Orbit zurückerwartet. Beide bringen unter anderem komprimiertes Helium-3 zur Erde, mit dem sie auf der OSS beladen wurden. Ich denke, ab jetzt empfiehlt es sich, den Kopf nicht nur zum Trinken in den Nacken zu legen –«
    »Auch wenn ich prinzipiell dazu rate«, sagte Julian und prostete in die Runde.
    »Klar.« Lynn lachte. »Was er euch nämlich noch nicht erzählt hat, ist, dass wir den Alkoholkonsum auf der OSS drastisch einschränken werden.«
    »Wie bedauerlich.« Bernard Tautou zog eine Grimasse, kippte sein Glas in einem Zug herunter und strahlte sie an. »Wir sollten also auf alle Fälle vorbauen.«
    »Ich dachte, Ihre Leidenschaft ist Wasser?«, frotzelte Mukesh Nair.
    »Mais oui! Ganz besonders, wenn es mit Alkohol versetzt ist.«
    »Das Trinkgeschirr, sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr«, deklamierte Eva Borelius mit hanseatischem Lächeln.
    »Pardon?«
    »Wilhelm Busch. Kennen Sie nicht.«
    »Kann man in Schwerelosigkeit denn überhaupt einen schweren Kopf bekommen?«, fragte Olympiada Rogaschowa schüchtern, was ihren Mann dazu veranlasste, sich von ihr wegzudrehen und angestrengt zu den Sternen hinaufzuschauen. Miranda Winter schnippte mit den Fingern wie ein Schulmädchen:
    »Und was ist, wenn man sich in Schwerelosigkeit übergibt?«
    »Dann findet dich deine Kotze, egal wo du bist«, belehrte sie Evelyn Chambers.
    »Kugelbildung«, nickte Walo Ögi und formte mit beiden Händen einen

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