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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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schattiger Schlund unter ihr auf.
    Hermites Kraterkessel.
    Noch zu nahe.
    Auch wenn das Gebirgsmassiv die Basis gegen die Explosion schützen würde, blieb die Ausbreitung des Trümmerregens unkalkulierbar. Hedegaard projizierte eine Polkarte auf das holografische Display und suchte nach einer geeigneten Stelle. Die Frage war, wie weit sie die verbleibende Zeitspanne ausreizen konnte. Würde sie zu lange mit dem Abwurf der Mini-Nuke warten, lief sie Gefahr, im nuklearen Blitz draufzugehen, andererseits wollte sie das Ding nicht früher als nötig aus der Schleuse befördern. Unter ihr wichen die Schatten einer sonnenbeschienenen Tiefebene, übersät mit Einschlagstellen kleinerer Meteoriten. So niedrig, wie sie flog, hatte sie zu niemandem mehr Funkkontakt. Der Borduhr zufolge war sie seit nunmehr acht Minuten unterwegs, und immer noch hatte sie Hermite nicht komplett überflogen. In der Ferne sah sie den Westrand des Kraters auftauchen, ein weitläufig geschwungenes Ringgebirge, das schnell anwuchs und näher rückte.
    Zwölf Minuten noch.
    Ihr Blick wanderte zurück zur Karte. Weiter im Südwesten lag ein kleiner, stark beschatteter Krater, was den Schluss zuließ, dass er ziemlich tief sein musste. Sie bat den Computer um zusätzliche Informationen, und eine Textebene legte sich über die Holografie.
    Krater Sylvester, las sie. 58 Kilometer breit.
    Tiefe unbekannt.
    Der Krater gefiel ihr. Er sah wie gemacht aus, um die Energie einer Atombombe in sich aufzunehmen, und plötzlich musste sie lachen. Sylvester, wie passend. Welcher Platz hätte einem Feuerwerk dieser Größenordnung angemessener sein können? Grinsend korrigierte sie ihren Kurs um wenige Grad Südwest, und die Kallisto jagte über Hermites Westrand hinweg.
    Elf Minuten.
    Schroff und von Einschlägen zernarbt fiel die Kraterwand unter ihr ab und verlief sich in einem weiten und flachen Tal, dessen gegenüberliegende Seite schon der äußere Rand Sylvesters sein musste. Hedegaard sprang aus dem Pilotensessel und lief zur Schleuse, von plötzlicher Unruhe getrieben, Palmer könne sich verlesen haben, doch als sie durch die Fenster ins Innere spähte, sah sie die Mini-Nuke auf dem Boden der Kabine liegen und das Zählwerk soeben die Zehn-Minuten-Marke unterschreiten.
    Beim Anblick der Bombe wurde ihr schlagartig mulmig zumute.
    09:57
    09:56
    09:55
    Schluss jetzt, genug gepokert. Zwischen Bombe und Basis lag genug Entfernung. Sie lief zurück ins Cockpit und befahl dem System, die Schleuse auszufahren.
    Der Computer lieferte eine Fehlermeldung.
    Ungläubig starrte sie auf die Konsole. Jetzt plötzlich blinkte das Symbol für den Fahrstuhl flammend rot. Erneut versuchte sie ihn auszufahren, ohne Erfolg.
    Unmöglich. Völlig unmöglich!
    Sie verlangte einen Bericht.
    Schleusenschacht nicht vollständig eingefahren, stand da. Bitte vor dem Ausfahren einfahren.
    Ein Tremor durchfuhr ihre Beine. Rasch gab sie den Befehl, den Schacht einzufahren, obschon er doch eingefahren war, wenigstens hatte es für sie so ausgesehen, aber möglicherweise fehlten ja ein paar Zentimeter. Doch die Anzeige blinkte weiter.
    Schleusenschacht kann nicht eingefahren werden.
    Kann nicht eingefahren werden?
    Neun Minuten.
    Weniger als neun.
    »Spinnst du?«, schrie sie das System an. »Einfahren, ausfahren! Wie soll ich denn –«
    Sie hielt inne. Wie hirnverbrannt musste man sein, um sich mit einem Computer zu streiten. Die Schleuse ließ sich nicht öffnen, und das war's. Was bedeutete, dass sie die Bombe weder abwerfen noch rausholen konnte, um sie aus der Frachtluke zu werfen.
    Die Frachtluke!
    Mit pochendem Herzen hastete sie ins Heck, öffnete die Schleuse zum Frachtraum, stürmte ins Innere und schaute sich um. Einige Grasshoppers hingen fertig montiert in ihren Vorrichtungen. Noch vor 18 Stunden waren sie mit den Dingern über den legendären Apollo-Landestellen gekreuzt. Sie löste die Halterungen, stellte eines der Geräte auf seine Teleskopbeinchen und überprüfte die Treibstoffvorräte. Ausreichend. Jetzt zurück nach vorne, doch in Höhe der Schleuse konnte sie nicht widerstehen, zögerte. Die Hölle lockte sie, einen faszinierten Blick in ihr Inneres zu werfen, und so schaute sie in den blockierten Schacht, sah die Anzeige rückwärts laufen –
    06:44
    06:43
    – riss sich los. Hechtete ins Cockpit.
    Sah hinaus.
    Der Kraterwall von Sylvester, immer noch ein ziemliches Stück entfernt, doch an Präsenz gewinnend. Sie musste die Bombe am Boden zur Explosion bringen,

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