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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Weltraumtourismus ausbauen, und glaubt mir, alles zusammengenommen rechnet sich! Jeder will in den Orbit, jeder will auf den Mond, auf den Mars und darüber hinaus, Menschen, Nationen. Zu Beginn des Jahrtausends dachten wir, der Traum sei ausgeträumt, dabei hat er gerade erst begonnen, meine Freunde! Doch nur die wenigsten Länder verfügen über die notwendigen Technologien, und hier liegt Orley unerreichbar weit vorne. Es sind unsere Technologien, die von aller Welt gebraucht werden. Und alle, ausnahmslos alle, werden den Preis bezahlen!«
    »Ja«, sagte Nair ehrfürchtig. »Ja!«
    Hanna lächelte und nickte.
    Alle werden den Preis bezahlen –
    Was immer Julian mit gewohnter Eloquenz und Überzeugungskraft vorgetragen hatte, reduzierte sich in seinen Ohren auf diesen letzten Satz. Er drückte aus, was der Rückzug der Regierenden aus den Prozessen der Globalisierung, die Verselbstständigung der Wirtschaft, die Privatisierung der Politik hinterlassen hatten: ein Vakuum, das sich mit Kaufleuten füllte. Er definierte die Zukunft als Handelsware. Auch die kommenden Tage würden daran nichts ändern, ganz im Gegenteil. Die Welt würde ein weiteres Mal verkauft werden.
    Nur ganz anders, als Julian Orley es sich vorstellte.
     
    »Bin wieder da«, zwitscherte Heidrun.
    »Oh, mein Schatz!« Ögis Schnurrbart sträubte sich vor Entzücken. »Wohlbehalten und in einem Stück. Wie war es?«
    »Super! Locatelli musste kotzen, als er seine Sonnenkollektoren sah.«
    Sie schwebte näher und gab ihm einen Kuss. Aktion erzeugte Abstoßung. Langsam entfernte sie sich wieder, griff nach einer Sitzlehne und hangelte sich erneut heran.
    »Ist Warren etwa raumkrank geworden?«, fragte Lynn.
    »Ja, es war klasse!« Heidrun strahlte. »Nina hat ihn entsorgt, danach wurde es richtig nett.«
    »Also ich weiß nicht.« Donoghue schürzte die Lippen. Rotwangig und aufgedunsen thronte er mit Falstaff'scher Erhabenheit im Nichts, das Haar gebauscht, als sei auf seiner Kopfhaut ein Tier verendet. »Für mich klingt das gefährlich, wenn einer in seinen Helm reihert.«
    »Du musst ja nicht da rausgehen«, meinte Aileen spitz.
    »Papperlapapp. Damit wollte ich nicht –«
    »Du bist 65, Chucky. Man muss nicht alles mitmachen.«
    »Ich sagte, es klingt gefährlich!«, polterte Donoghue. »Nicht, dass ich Angst davor hätte. Ich würde mit 100 noch da rausgehen! Apropos Alter, kennt ihr den von dem uralten Ehepaar beim Scheidungsrichter?«
    »Scheidungsrichter!« Haskin entrichtete einen Vorschuss an Gelächter. »Lassen Sie hören.«
    »Gehen die also zum Scheidungsrichter, und der guckt die Frau an und sagt: Meine Güte, wie alt sind Sie denn? – Och, sagt die Frau, ich bin 95. – Na, und Sie? – Der Mann überlegt: 98! – Allmächtiger, sagt der Richter, ich glaub's nicht. Warum wollen Sie sich denn in diesem Alter scheiden lassen? – Ach, wissen Sie, Hochwürden –«
    Tim fletschte die Zähne. Es war kaum auszuhalten. Unerbittlich, seit zwei Stunden, zündete Chucky eine Humorrakete nach der anderen.
    »– wir wollten erst warten, bis die Kinder tot sind.«
    Haskin schlug einen Salto. Natürlich lachte jeder. Ganz so fürchterlich schlecht war der Witz ja auch nicht, jedenfalls nicht schlecht genug, um Tims apokalyptische Stimmung ausschließlich Donoghue anzulasten. Doch soeben sah er Lynn wie versteinert dasitzen, als sei sie ganz woanders. Ihr Blick endete wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht. Offenkundig erfasste sie nichts von dem, was um sie herum geschah. Dann, urplötzlich, lachte sie mit.
    Ich kann mich irren, dachte er. Es muss nicht heißen, dass alles wieder von vorne losgeht.
    »Und was habt ihr in der Zwischenzeit so getrieben?« Heidrun schaute sich neugierig um. »Die Station am Modell bereist?«
    »Ja, ich könnte sie auf der Stelle nachbauen«, prahlte Ögi. »Großartiges Bauwerk. Offen gestanden bin ich überrascht von den Sicherheitsstandards.«
    »Wieso überrascht Sie das?«, fragte Lynn.
    »Die Privatisierung der Raumfahrt nährt ja allgemein die Befürchtung, dass da mit der heißen Nadel gestrickt wird.«
    »Wären Sie hier, wenn Sie das ernsthaft beunruhigen würde?«
    »Stimmt auch wieder.« Ögi lachte. »Trotzdem. Ihr wart schnell. Außergewöhnlich schnell. Aileen und Chuck hier wissen von Bauvorschriften, Gutachten und Auflagen ein Lied zu singen –«
    »Ein Lied?«, knurrte Chucky. »Opern!«
    »Als wir das Red Planet konzipierten, fanden sie, das Projekt sei unrealisierbar«, bekräftigte Aileen.

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