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Lincolns Träume

Lincolns Träume

Titel: Lincolns Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Aufschlags von fünfundzwanzig Dollar, um den fallenden Wert des Konföderationsgeldes zu kompensieren. »Seitdem war er mein treuer Begleiter«, schrieb er Markie. »Er trug mich durch die Siebentagesschlacht rund um Richmond, bei Sharpsburg, Fredericksburg und am letzten Tag bei Chancellorsville, nach Pennsylvania, nach Gettysburg und zurück zum Rappahannock… bis zu seinem Ende in Appomattox Court House.«
     
    DIESMAL BAT MICH BROUN NICHT DARUM, die Szene durchzugeben. Er gab sie am nächsten Morgen selbst durch, und dann fuhr er weg, um mit einem Lincoln-Fachmann in Georgetown zu sprechen. »Ich fliege morgen nach Kalifornien«, sagte er feindselig. »Hast du herausgefunden, wo Willie begraben wurde?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich gehe jetzt gleich zur Bibliothek. Wollen Sie, daß ich Ihnen vorher das Ticket besorge?«
    »Du kannst es heute nachmittag abholen«, sagte er.
    »Gut«, sagte ich und wünschte, ich hätte etwas sagen können, um seinen Ärger über mich zu besänftigen. Ich konnte mich nicht entschuldigen, denn eine Entschuldigung wäre gleichbedeutend mit einer Erklärung gewesen, und erklären konnte ich ihm nichts. Vielleicht war es auch ganz gut, daß er nicht mit mir sprach, denn so konnte er mir auch keine Fragen stellen. »Was ist mit den Druckfahnen?«
    »Was soll mit ihnen sein?«
    »McLaws und Herndon haben heute morgen angerufen, als Sie noch nicht auf waren. Sie sagten, sie würden sie per Expreß herunterschicken, sie wollen sie in spätestens zwei Wochen zurück, und keine größeren Änderungen, damit der Umbruch nicht gekippt wird.«
    »Du kannst sie schon einmal durchsehen, und ich mache sie fertig, wenn ich zurück bin.«
    »Das wird wann sein?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht in einer Woche.«
    Ich wartete, bis er sich auf den Weg nach Georgetown gemacht hatte, dann ging ich nach oben und vergewisserte mich, daß der Anrufbeantworter auf ›Nachricht‹ gestellt war. Ich fuhr hinüber und holte Brouns Ticket beim Reisebüro ab, und dann ging ich in die Bibliothek.
    Kate hatte die Bibliographie noch nicht fertig, und ich sagte ihr, ich hätte es damit überhaupt nicht eilig, ich würde eine Weile dableiben. Ich verbrachte den Rest des Tages dort, indem ich nach Informationen über Willie suchte und über Annie nachdachte.
    Sie hatte am Abend zuvor nicht angerufen. Broun war zum Abendessen aus gewesen, und ich hatte den ganzen Abend in seinem Arbeitszimmer damit verbracht, auf ihren Anruf zu warten. Gegen zehn war ich zu dem Schluß gekommen, daß Richard sie irgendwie vom Telefon fernhielt, aber jetzt, wo es Morgen war, konnte ich mir das eigentlich nicht vorstellen.
    Richard hatte klar und deutlich gesagt, er wolle nicht, daß ich mit ihr spräche, aber er würde deshalb wohl kaum das Telefon abstellen lassen oder sie festbinden, damit sie nicht dranging. Sie war seine Patientin, nicht seine Gefangene, und sie hatte sich ihm schon einmal widersetzt. Er hatte sie nicht davon abhalten können, Arlington zu besuchen. Er würde sie auch nicht davon abhalten können, mich anzurufen, wenn sie es wirklich wollte.
    Wenn sie es wirklich wollte. Vielleicht wollte sie es nicht. Sie hatte einen beinahe desinteressierten Eindruck gemacht, als ich sie angerufen und ihr meine Unterstützung angeboten hatte. Wie kam ich dazu zu glauben, daß sie über Sonderbefehl 191 mehr hören wollte als über die im Unbewußten verborgenen Traumata? Sie hat dich fallengelassen, sagte ich mir, und sie ist immer noch bei Richard. Du brauchst nicht Freuds Traumdeutung, um herauszufinden, was das bedeutet. Sie will nicht mit dir reden. Also hör auf, sie anzurufen und finde endlich heraus, was, in aller Welt, mit Willie geschah.
    Ich konnte das ebenfalls nicht glauben, doch ich zog alle möglichen Bücher über Lincoln hervor und versuchte, mich auf die Nachforschungen zu konzentrieren. Ich fand kein einziges Wort über Willies Beerdigung. Immerhin fand ich heraus, was mit dem Pony geschehen war, das er ›bei schlechtem Wetter‹ geritten hatte, als er an irgend etwas erkrankt war, das ihn umgebracht hatte. Mehrere Monate nach Willies Tod gerieten die zum Weißen Haus gehörenden Stallungen in Brand. Lincoln rannte über die Wiese und sprang über eine Buchsbaumhecke, um es zu retten, aber er kam zu spät. Die Wachen scheuchten ihn ins Weiße Haus zurück, denn sie fürchteten, das Feuer sei von einem Attentäter mit der Absicht gelegt worden, ihn herauszulocken. Willies Pony verbrannte bei lebendigem

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