Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
Versuch, sie zu trösten, wusste sie, dass Veränderungen eintreten würden. Es war beinahe sicher, dass Sam die Geschäftsführung verlassen und sich nur noch der Forschung widmen würde. In seinem Labor fühlte er sich ohnehin am glücklichsten. Brauchte er dann noch eine Sekretärin? Und wenn ja, wollte er dann sie?
Und beließ „Spencer-Nyle“ sie überhaupt in einer Position, in der sie Zugang zu vertraulichen Informationen besaß? Immerhin hatte sie sich bereits als vertrauensunwürdig erwiesen. Ein Mann brauchte ihr nur Aufmerksamkeit zu zollen, und schon erzählte sie ihm bereitwillig alles, was sie wusste! Sie konnte es niemandem verdenken, der so von ihr dachte …
Am Wochenende rief Alma an und lud sie und Max zum Dinner ein. Claire willigte ein, teilte Alma aber ruhig mit, dass sie sich in letzter Zeit nicht mit Max getroffen habe.
Natürlich rief Martine daraufhin an, um herauszufinden, was sich ereignet hatte.
„Ich habe doch dauernd versucht, dir und Mom klarzumachen, dass es nichts Ernstes zwischen uns ist“, stellte Claire mit ruhiger, beiläufiger Stimme fest, und sie war stolz auf sich selbst.
„Aber er hat so … so verrückt nach dir getan. Er hat kaum den Blick von dir abgewendet. Hattet ihr einen Streit?“
„Nein, keinen Streit. Es steckte einfach nichts dahinter.“ Zumindest nicht auf seiner Seite, dachte Claire. Es war wieder einmal typisch für Martine, dass sie den Nagel auf den Kopf traf: Max hatte so getan, und es war ihm so gut gelungen, dass er jeden an der Nase herumgeführt hatte.
Sonntagabend, als Claire endlich gerade eingeschlummert war, klingelte das Telefon. Verschlafen stützte sie sich auf einen Ellbogen und griff zum Hörer. „Hallo“, murmelte sie.
„Habe ich dich geweckt, Darling?“
Sie erstarrte. Die vertraute tiefe Stimme mit dem englischen Akzent ließ einen Schauer durch ihren Körper rinnen. Ohne zu denken, legte sie impulsiv den Hörer ganz sanft zurück auf die Gabel. Ein Schluchzen stieg in ihre Kehle. Wie konnte er es wagen, sie anzurufen, nach allem, was er ihr angetan hatte?
Das Telefon klingelte erneut. Sie knipste die Lampe an, starrte unschlüssig auf den Apparat. Irgendwann musste sie sich mit Max auseinandersetzen, und vielleicht war es leichter am Telefon als von Angesicht zu Angesicht. Auf diese Weise konnte sie eher vor ihm verbergen, wie weh er ihr getan hatte. Sie griff zum Hörer. „Hallo“, sagte sie erneut, und diesmal klang ihre Stimme munter.
„Wir sind anscheinend unterbrochen worden. Ich weiß, dass es spät ist, aber ich muss dich sehen. Kann ich vorbeikommen? Wir müssen miteinander reden.“
„Ach, müssen wir? Ich glaube kaum, Mr. Conroy.“
„Verdammt, Claire …“ Er hielt inne, als ihm bewusst wurde, wie sie ihn genannt hatte. „Du weißt es also“, sagte er mit angespannter Stimme.
„Ja, ich weiß es. Übrigens sind wir vorhin nicht unterbrochen worden. Ich habe aufgelegt. Auf Wiedersehen, Mr. Conroy.“
Sie legte auf, genauso sanft wie zuvor. Dann knipste sie das Licht aus und kuschelte sich wieder ins Bett. Doch ihre Schläfrigkeit war verschwunden, und sie lag wach, mit offenen, brennenden Augen. Der Klang seiner tiefen sanften Stimme hallte in ihren Ohren wider. Glaubte er, dass sie dort fortfahren würden, wo sie aufgehört hatten? Wahrscheinlich ja. Sie hatte es ihm beim ersten Mal so leicht gemacht, dass er vermutlich glaubte, sie ohne Schwierigkeiten erneut verführen zu können.
Warum liebe ich ihn nur immer noch?, fragte Claire sich verzweifelt. Es wäre alles so viel leichter, wenn ich ihn hassen könnte.
Sie fühlte sich verletzt und zornig und betrogen, aber sie hasste ihn nicht. Es verging keine Nacht, in der sie nicht um ihn weinte, in der ihr Körper nicht vor Sehnsucht schmerzte. Aber zumindest konnte sie sich vor ihm schützen, indem sie ihn nie wieder so nahe an sich heranließ, dass er ihr wehtun konnte.
In seiner Wohnung fluchte Max heftig und schleuderte das Telefon durch den Raum, in einem seltenen Anfall von Wut. Der Apparat landete auf der Seite, der Hörer daneben. Verdammt! Er hatte beabsichtigt, Claire an diesem Abend seine wahre Identität zu verraten, bevor er am nächsten Morgen im Büro von „Bronson Alloys“ erschien. Doch nun, da sie es bereits irgendwie erfahren hatte, schien es sinnlos, sie aufzusuchen. Vermutlich würde sie ihm nur die Tür vor der Nase zuknallen.
Das Tuten des Telefons drang in sein Bewusstsein und reizte seine ohnehin bereits angespannten
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