Linda Lael Miller
aus lauter Qual und Enttäuschung
und wollte sich abwenden. Aber Eli umfaßte ihr Kinn und zwang sie, ihn
anzusehen. »Ich habe nichts mit Earline zu tun, Bonnie. Das habe ich dir schon
einmal gesagt.«
Bonnie
mußte sich zwingen, nicht zu weinen. »Warum sollte ich dir glauben? Du hast
mich in New York betrogen, als du noch mein Mann warst. Warum solltest du mir
jetzt auf einmal treu sein?«
Eli senkte
für einen Moment den Kopf, und als er sprach, klang seine Stimme schroff.
»Früher oder später werden wir über New York sprechen müssen, vermute ich.
Warum also nicht jetzt?«
Bonnie
entzog ihm ihre Hand, weil sie es jetzt nicht ertragen hätte, über Kileys Tod
und Elis Reaktion darauf zu sprechen.
»Ich möchte
lieber nach Hause gehen, falls es dich nicht stört.« »Und ob es mich stört!«
Seine goldbraunen Augen schauten sie unverwandt an, und Bonnie fühlte sich wie
hypnotisiert unter seinem Blick. »Du wirst bleiben, bis wir alles
durchgesprochen haben.«
»Falls du
mir etwas von deinen Mätressen erzählen willst, Eli, kannst du es dir sparen.
Ich will nichts davon hören.«
Eli
seufzte. »Ich streite nicht ab, daß es andere Frauen gegeben hat, Bonnie.«
Zum ersten
Mal kam Bonnie zu Bewußtsein, daß sie sich genau das wünschte – daß er einfach
alles abstreiten würde. Sie schloß die Augen und gab sich die größte Mühe,
nicht zu weinen. »Natürlich nicht.«
»Bonnie,
sieh mich an.«
Sie tat es,
schwieg jedoch verbissen.
»Diese
Frauen ... ich habe sie nie geliebt ...«
»Sie haben
dir nichts bedeutet.« Bonnie kam sich wie eine Marionette vor, die ein
unsichtbarer Puppenspieler lenkte. »Sagen das untreue Ehemänner nicht immer?«
»In meinem
Fall ist es zufällig die Wahrheit.«
»Es ist mir
inzwischen egal, Eli«, log Bonnie. »So oder so – es ist mir völlig
gleichgültig!«
»Das
hättest du gerne, Bonnie, das gestehe ich dir sogar zu. Aber du weißt, daß ich
dir nicht gleichgültig bin, und du mir auch nicht.«
»Nein!«
erwiderte Bonnie verzweifelt. Sie hatte einfach nicht die Kraft, über Kiley und
all diese anderen Frauen zu sprechen.
»Doch,
Bonnie«, beharrte Eli. »Bitte, hilf mir.«
Bonnie
dachte daran, wie sie den leblosen kleinen Kiley in ihren Armen gehalten hatte,
erinnerte sich an das Begräbnis und an ihre Verzweiflung. Und ausgerechnet in
jenen schrecklichen Momenten, als sie Eli mehr als je zuvor gebraucht hatte,
war er fortgegangen und hatte sie im Stich gelassen. »Ich habe dich auch einmal
um etwas gebeten«, sagte sie. »Aber du hast dich abgewandt. Du hast mich
verlassen.«
»Ich
versuche ja, mich dafür zu entschuldigen, Bonnie!«
»Entschuldigungen!«
rief sie verächtlich, sprang auf und trat hinter ihren Sessel, um eine Barriere
zwischen sich und dem einzigen Menschen auf der Welt zu schaffen, der die Macht
besaß, sie zu verletzen. »Glaubst du, mit Entschuldigungen könntest du
wiedergutmachen, was du angerichtet hast, Eli? Glaubst du, ein > Es tut mir
leid < könnte mich besänftigen? Ich bin nicht Rose – mich kannst du mit
Geschenken und schönen Worten nicht gewinnen!«
Auf der
anderen Seite des Raums begann Rose zu weinen und »Mama!« zu rufen.
Bonnie ging
zu ihr und nahm sie auf den Arm. »Beruhige dich, mein Liebling«, redete sie ihr
zu.
»Mama ist
ja da. Wir gehen jetzt nach Hause – wo wir hingehören.«
Eli stieß
einen Seufzer aus und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich werde es nur
noch einmal sagen, Bonnie. Du bleibst hier, bis wir uns ausgesprochen haben.«
»Du kannst
ja mal versuchen, mich aufzuhalten!«
»Wir wissen
beide, daß ich es kann, und wenn es sein muß, werde ich es auch tun, Bonnie.
Das schwöre ich.«
Wie eine
Schlafwandlerin kehrte Bonnie zum Fenster zurück und legte Rose auf das Sofa.
Dann deckte sie sie so zärtlich zu, wie Eli es zuvor getan hatte. »Schlaf
jetzt, Liebes«, sagte sie und küßte die Kleine auf die Stirn. »Mama bleibt hier
bei dir. Und ich verspreche dir, daß du keine lauten Worte mehr hören wirst.«
Rose gähnte
und schloß die Augen, aber es dauerte noch eine ganze Weile, bis Bonnie die
Kraft fand, sich zu Eli umzudrehen.
Und erst da
merkte sie, daß er mit dem Rücken zu ihr vor dem Kamin stand. Seine kräftigen
Hände umklammerten den Sims, seine Fingerknöchel traten weiß unter der Haut
hervor. Jemand hatte die Terrassentüren geschlossen und auch jene Tür, die auf
den Korridor hinausführte.
Es war ein
heller, luftiger Raum, und trotzdem hatte Bonnie das Gefühl,
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