Linda Lael Miller
Damals
war sie eine jungfräuliche Braut gewesen, voller Liebe, Erwartung und Furcht,
aber Eli hatte sie mit einer solchen Sanftheit und Zärtlichkeit in die Freuden
der Liebe eingeführt, daß sie ihre Angst sofort vergessen hatte. Als der
Moment kam, wo er in sie eindrang, hatte sie sich in einem solch köstlichen
Zustand freudiger Erregung befunden, daß sie den kurzen scharfen Schmerz kaum
spürte ...
Jetzt lag
sie – wieder als Braut, aber diesmal nicht mehr unberührt – allein in der
Dunkelheit, und ihr Herz war so verwundet wie ihr Stolz. Zwar hatte sie Eli
geschworen, sich nie wieder von ihm anfassen zu lassen, aber eigentlich sehnte
sie sich nach seinen Zärtlichkeiten und kannte keinen dringenderen Wunsch, als
von ihm in Besitz genommen zu werden.
Die Uhr auf
dem Kaminsims tickte die Minuten fort, und Bonnie gab sich die größte Mühe
einzuschlafen, aber der innere Kampf zwischen ihrer Liebe und Eli McKutchen und
ihrem Stolz hielt sie unerbittlich wach. Sie hörte die Uhr elf schlagen, dann
zwölf und schließlich eins.
Irgendwann
versank Bonnie in einen unruhigen Schlaf. Sie träumte, daß sie und Eli sich auf
einem Lager aus warmem Gras liebten, neben einem Fluß, der ihnen fast das Leben
geraubt hätte. Als sie erwachte, war es heller Morgen, und tiefste Niedergeschlagenheit
erfaßte sie, als sie sah, daß Elis Platz neben ihr leer war.
Fluchend –
weil sie wußte, daß sie sonst weinen würde – stand Bonnie auf und zog sich
hastig an.
Ein Blick
in den Nebenraum verriet ihr, daß Rose Marie längst aufgestanden war.
Vermutlich frühstückte sie mit ihrer geliebten Tante Genoa.
Kochend vor
Zorn bürstete Bonnie ihr langes Haar und steckte es auf, dann stürmte sie die
Treppe hinunter in die Küche. Nur Martha war dort. »Guten Morgen, Mrs. McKutchen«,
sagte sie heiter. »Miss Genoa und Rose Marie sind im Garten und genießen den
Sonnenschein.«
Miss
Genoa und Rose Marie sind im Garten und genießen den Sonnenschein. Wie normal diese Worte klangen, und
wie abscheulich unnormal Eli diese an sich schon unhaltbare Lage gemacht hatte,
indem er die ganze Nacht ausgeblieben war!
Obwohl sie
natürlich froh gewesen war, ihn nicht in ihrem Bett gehabt zu haben, den
Schuft! Und wenn er entschlossen war, sich unnahbar und schwierig zu zeigen, na
bitte – das konnte sie auch!
»Ich werde
nicht hier frühstücken, Martha«, sagte sie hochmütig. »Richten Sie meiner
Schwägerin bitte aus, daß ich in meinem Geschäft zu tun habe.«
Aber die
Dienstboten in Northridge waren anders als ihre Kollegen in New York. »Das
sagen Sie ihr mal lieber selbst«, entgegnete Martha freundlich.
Errötend
stürmte Bonnie aus der Küche in den Garten.
»Guten
Morgen, Bonnie!« rief Genoa fröhlich, und Bonnie war versucht, ihr jetzt gleich
ihre Meinung zu sagen, aber da auch Seth im Garten war, wollte sie keine Szene
vor ihm machen.
Statt
dessen nahm sie Rose Marie auf den Arm und küßte sie, bevor sie kühl Genoas
Gruß erwiderte.
Ihre
Schwägerin schien darüber so erleichtert, daß Bonnie sich ihres Grolls fast
schämte. »Ich muß meinen Laden eröffnen«, sagte sie. »Rose Marie kann dort
frühstücken.«
»Den Laden
öffnen?« wiederholte Genoa schockiert. Mr. Callahan, der neben ihr auf der Bank
saß, wandte diskret den Blick ab und gab vor, die blühenden Rosensträucher zu
betrachten.
»Natürlich.
Ich habe ein Geschäft zu führen, Genoa. Und ich muß mit Katie und Hutcheson
reden.«
Rose strampelte
wild – schon als Baby hatte sie sich nicht gern auf den Arm nehmen lassen –,
und Bonnie war gezwungen, sie wieder abzusetzen. Das Kind tapste über die
Wiese hinter einem Schmetterling her, und Seth nahm die Gelegenheit wahr, ihm
zu folgen und der gespannten Atmosphäre zu entgehen.
Genoa war
leichenblaß geworden. »Ich kann verstehen, daß du Katie und Webb über die ...
die Hochzeit informieren willst, aber du brauchst dir doch jetzt nicht mehr
deinen Lebensunterhalt mit dem Laden zu verdienen! Du bist jetzt die Herrin
dieses Hauses, Bonnie!«
Bonnie
verschränkte stur die Arme. »Die Herrin dieses Hauses bist du, Genoa. Ich bin
nur ein Erinnerungsgegenstand.«
War sie
eben noch ganz blaß geworden, so errötete Genoa jetzt. Ihre Augen funkelten
empört, aber zu Bonnies Erstaunen lächelte sie. »Mr. Callahan und ich werden
unsere Verlobung innerhalb der nächsten Wochen bekanntgeben«, vertraute sie
Bonnie glücklich an und zeigte ihr den beachtlichen Diamanten an ihrem
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