Linda Lael Miller
»Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung.«
»Ich sage
ihr ständig, daß sie daheimbleiben und sich um ihre Hausarbeit kümmern soll,
aber sie will nicht auf mich hören.«
»Offensichtlich«,
stimmte Bonnie mit abwesender Miene zu.
Endlich
verstummte die Musik, und Bonnie wandte sich erleichtert ab, aber nur, um fast
mit Eli McKutchen zusammenzustoßen. Ihr Blick glitt über seine
diamantenbesetzte Krawattennadel zu seinem markanten Kinn und dann zu seinen
goldbraunen Augen.
Wortlos
drückte er ihr so viele Tanzmarken in die Hand, daß die kleinen Bronzemünzen
klimpernd zu Boden fielen.
Elis Miene
verriet keinerlei Gefühlsregung, als Bonnie verwundert zu ihm aufschaute, und
da wurde ihr bewußt, daß sie noch viel tiefer in Schwierigkeiten steckte, als
sie Forbes gegenüber zugegeben hatte. Sie war immer noch verliebt – und das in
einen Mann, der sie mühelos zerstören konnte.
Die Musik
erklang von neuem, und Bonnie gestattete Eli, sie in die Arme zu ziehen. Seinem
Gesichtsausdruck war nicht das geringste zu entnehmen, weder Zorn noch
Zuneigung.
Für den
Rest des Abends > gehörte < Bonnie Eli, und niemand wagte es, sich darüber
zu beschweren.
Um
Mitternacht verstummte die Musik, und der Zauber verblaßte. Eli legte Bonnie
das hellblaue Cape um die Schultern – ein Überbleibsel aus besseren Zeiten in
New York – und drängte sie fast gewaltsam aus dem Ballsaal und dem Saloon in
seine wartende Kutsche.
»Du wirst
mir einiges erklären müssen«, sagte er, als das elegante Gefährt sich in Bewegung
setzte.
6
Bonnie
McKutchen hatte
nicht die Absicht, irgend etwas zu erklären. Steif saß sie in einer Ecke der
Kutsche und zog ihr Cape fest um die Schultern, um sich vor der Kälte des Aprilabends
zu schützen. Der Zauber, den Elis Gegenwart vorhin im Ballsaal noch auf sie
ausgeübt hatte, war verflogen.
Mit einem
ärgerlichen Seufzen schaute er Bonnie an und verschränkte die Arme über der
Brust. »Sie ist meine Tochter«, sagte er nach langem Schweigen. »Rose Marie ist
meine Tochter.«
Bonnie
dachte an die heute von ihm erlittenen Demütigungen, zuerst auf der Straße,
dann in Forbes' Suite, und erinnerte sich wieder an alles, was sie in New York
erlitten hatte, als Eli ihr die Schuld an Kileys Tod gab. Er hatte sie verraten
und schließlich sogar verlassen. »Wenn du meinst«, entgegnete sie kühl.
Im
Halbdunkel der Kutsche spürte sie Elis wütenden Blick mehr, als daß sie ihn
sah. Ein bedrohliches Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, das Bonnie
schließlich mit der Frage brach: »Wohin fahren wir eigentlich?«
Eli ließ
sich Zeit mit seiner Antwort. Dann, endlich, nach einem ausgedehnten Gähnen
erwiderte er: »Zu deinem Laden natürlich. Es stimmt doch, daß du mit meiner
Tochter in der Wohnung über dem Laden lebst?«
Bonnie
ärgerte sich über die Art, wie er meine Tochter betonte – Rose Marie war
schließlich ebensosehr ihr Kind wie seins! »Ja, Rose Marie und ich wohnen über
dem Laden«, entgegnete sie mit ruhiger Würde. »Oder hast du vor, ihn uns wieder
abzunehmen?«
»Nach
allem, was ich über das Geschäft hörte, ist es das nicht wert«, erklärte Eli
spöttisch.
Obwohl
seine Bemerkung Bonnie sehr verletzte, war sie bemüht, sich nichts anmerken zu
lassen. Welch ein Triumph es jetzt gewesen wäre, wenn der Laden sich als Erfolg
erwiesen hätte, aber leider war er ein schlimmer Reinfall gewesen, wie Forbes
und Genoa es ihr von Anfang an prophezeit hatten. Es war reiner Eigensinn, was
Bonnie jeden Morgen veranlaßte, die Türen des Ladens zu öffnen, und wenn sie
ihn abends schloß, um im Brass Eagle zu tanzen, geschah es mit tiefem Bedauern.
Zu stolz, um Genoas Hilfe anzunehmen oder Unterstützung von Eli zu verlangen,
war sie gezwungen, jeden Abend mit fremden Männern zu tanzen, um sich ihren
Lebensunterhalt zu verdienen. »Ich hatte keine Ahnung«, entgegnete sie kalt, »daß
Diebe wählerisch sind.«
Die Kutsche
ratterte die steile Anhöhe hinauf, die ins Zentrum der Stadt führte. »Ich habe
deinen Laden nicht gestohlen, Bonnie.«
Sie spürte,
wie ihr das Blut in die Wangen stieg. »Vielleicht nicht du persönlich«,
erwiderte sie, und obwohl sie es in ruhigem Ton sagte, lag eine eindeutige
Herausforderung in ihren Worten.
»Nicht
persönlich und nicht unpersönlich. Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht,
wovon du überhaupt sprichst!«
»Das kann
ich dir sagen, Mr. McKutchen. Als ich vor zwei Jahren nach Northridge
zurückkehrte, fand ich den Laden
Weitere Kostenlose Bücher