Linda Lael Miller
müde, um
die Unterhaltung fortzusetzen, nickte Eli nur. Er betrachtete seine
rußgeschwärzten Hände, die voller Blasen waren, und lächelte wehmütig. Sein
Großvater hatte immer gesagt, man dürfe von seinen Arbeitern nicht mehr
verlangen, als man selbst zu schaffen imstande war.
»Einige von
uns fragen sich, was Sie hier tun, Mr. McKutchen«, bemerkte Ben Rollins mit
einem hungrigen Blick auf Elis Sandwich. »Reiche Männer wie Sie geben sich
gewöhnlich nicht mit solchen Arbeiten ab.«
Eli bot dem
Jungen das Sandwich an, aber dessen Bemerkung ignorierte er. Je mehr die Männer
sich darüber wunderten, daß ausgerechnet ihr Arbeitgeber Kohle schaufelte,
desto besser.
»Nun ja,
wenn Sie es nicht essen ...« Rollins riß Eli das Sandwich praktisch aus der
Hand und verschlang es gierig.
Um sechs
Uhr am nächsten Morgen, als Eli wieder Tageslicht erblickte, wartete zu seiner
großen Überraschung Bonnie vor dem Tor. Sie sah entzückend aus in ihrem rosa
und weiß gestreiften Kleid, und ihr Haar leuchtete rot in der Sonne auf. Fast
hätte Eli sie in die Arme genommen, um sie zu ärgern. Oder zumindest redete er
sich ein, daß das seine Motive waren.
»Bist du
verrückt geworden?« flüsterte sie ihm zu, während sie sich bemühte, mit ihm
Schritt zu halten. Jeder dieser lockeren, beschwingten Schritte kostete ihn
eine quälende Überwindung, aber er wäre lieber gestorben, als sich etwas
anmerken zu lassen. »Du kannst diese Arbeit nicht ewig weitermachen!«
»Wie schön,
daß du dich um mich sorgst«, erwiderte er. »Weiß dein Mann, daß du hier bist?«
Bonnie biß
sich auf die Lippen und senkte den Kopf, und Eli wurde von einer überwältigenden Zärtlichkeit für sie
erfaßt. Am liebsten hätte er sie geküßt, gleich hier, vor all den neugierigen
Augen seiner Arbeiter.
»Eli ...«
Ein wildes
Triumphgefühl bemächtigte sich seiner, aber auch davon ließ er sich nichts
anmerken. »Ja, Mrs. – Hutcheson?«
Bonnie
blieb stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und maß Eli mit einem
ärgerlichen Blick. »Den Leuten neue Unterkünfte zu bauen, ist genug, Eli. Du
hast auch in anderen Punkten nachgegeben, und ich finde, daß das reicht! Du
brauchst keinen Selbstmord zu begehen, um dafür zu büßen, daß du Geld besitzt!«
»Ich will
für überhaupt nichts büßen, Bonnie«, erwiderte Eli seufzend. »Aber das Wohl
dieser Leute liegt mir am Herzen, und das möchte ich ihnen gern beweisen.«
»Sieh dich
doch an! Du bist so erschöpft, daß du dich kaum noch auf den Beinen halten
kannst, und schmutzig bist du auch! Findest du das vernünftig?« Sie holte tief
Atem »Ich werde dir sagen, was es ist, Eli – es ist der reinste Wahnsinn!«
Eli war
wieder weitergegangen, denn die Arbeiter starrten sie neugierig an, und seine
Muskeln begann sich zu verkrampfen. »Ich finde wirklich, daß du hier nichts zu
suchen hast«, meinte er. »Dein Erscheinen hier ist ... unschicklich.«
»Ich pfeife
auf ... Es ist mir egal, ob es schicklich ist oder nicht. Jemand muß dir ein
wenig Vernunft einbläuen, bevor du dich zu Tode schuftest!«
»Falls du
um meine Sicherheit besorgt bist, Mrs. Hutcheson ...«
»Hör auf,
mich Mrs. Hutcheson zu nennen!«
»Aber so
heißt du doch jetzt, nicht wahr?«
Ihre
schönen Augen weiteten sich und begannen Funken zu sprühen. »Ja! Ja, so ist es,
du ... du Flegel!«
Die anderen
Arbeiter waren ihnen weit voraus, aber einige von ihnen waren mutig genug, hin
und wieder einen Blick zurück zu werfen. Deshalb bemühte Eli sich, seine Stimme
gedämpft zu halten.
»In der
Nacht, als wir uns liebten, hast du deinen Mann nicht erwähnt. Ist es dir schon
zur Gewohnheit geworden, hinter seinem Rücken herumzuhuren, Bonnie?«
Sie blieb
stehen und holte aus; ihre Hand traf Elis Gesicht und war schwarz vor Ruß, als
sie sie zurückzog. Auch ihre Augen verdunkelten sich, während ihre Wangen rot
wurden vor Zorn.
Eli
unterdrückte ein Grinsen und ging weiter. Dabei schüttelte er den Kopf, als
sei er zutiefst verwundert. »Wahrscheinlich bin ich bloß ein bißchen
altmodisch. Mir würde es nämlich nicht gefallen, wenn meine Frau sich von
anderen Männern baden ließe.«
Bonnie
beeilte sich, ihn einzuholen. Sie war so wütend, daß sie sich kaum beherrschen
konnte, aber leider gab es nichts, was sie entgegnen konnte, ohne
einzugestehen, daß sie und Hutcheson ihre Heirat nur erfunden hatten. Und Eli
schien es zu wissen und eine ungeheure Genugtuung darüber zu empfinden. Er
bemühte sich
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