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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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wirklich
küssen konnte, wie er es vorgehabt hatte, ging die Tür zu seinem Zimmer auf.
    »Ich wußte
ja, daß ich recht hatte«, verkündete Annabel mit einem leisen Vorwurf in der
Stimme, der Nicholas' Erregung prompt verblassen ließ. »Nicholas, du bist hier
nicht als Gentleman bekannt, sondern als Wüstling, und dein schlechter Ruf
würde durch eine solche Episode höchstens noch gesteigert werden. Olivia
hingegen hat sehr viel zu verlieren. Verlassen Sie also sofort dieses Bett,
Miss Drummond.«
    Beschämt
schlich Olivia zurück zu ihrem Sessel, aber Nicholas bedachte seine Mutter mit
einem ruhigen, gelassenen Blick, der nicht die geringste Verlegenheit
verriet. Er wußte, daß Olivia aufgesprungen und hinausgelaufen wäre, wenn er
sie nicht an der Hand zurückgehalten hätte.
    »Würden Sie
uns für ein paar Minuten entschuldigen, Miss Drummond?« fragte Annabel in
jenem liebenswürdigen, aber auch ein wenig schrillen Ton, den niemand außer
Nicholas und seinem Vater je zu ignorieren wagte. »Sie hätten doch sicher gerne
eine gute Tasse Tee und ein paar Minuten Zeit, um Ihre Haltung
wiederzugewinnen.«
    Mit einem
flehentlichen Blick auf Nicholas zog Olivia an ihrer Hand, und er gab sie
frei, damit sie gehen konnte. Was sie natürlich unverzüglich tat.
    Annabel
schloß die Tür hinter ihr und blieb dann vor Nicholas stehen, um ärgerlich auf
ihn herabzuschauen. Es war klar, daß sie ihm ihre Meinung sagen wollte, das
war ihrer Miene deutlich anzusehen, selbst wenn sie nicht so angriffslustig die
Hände in die Hüften gestützt und die Ellbogen angewinkelt hätte.
    »Ich denke,
daß sie vielleicht zu schüchtern für dich ist«, sagte Annabel.
    Nicholas
lachte, einerseits weil seine Mutter ihn mal wieder überrascht hatte, und
andererseits, weil er erleichtert war. »Mir scheint, daß der Familie ein bißchen
weniger Temperament ganz guttäte«, bemerkte er.
    Annabel
setzte sich in den Sessel, den Olivia freigemacht hatte. > Gullivers
Reisen < lag jetzt auf dem Nachttisch, und sie hob es auf, blätterte in den
abgegriffenen Seiten und legte das Buch dann wieder fort. »Das ist etwas, was
ich nie bei dir vermutet hätte, Nicholas«, sagte sie in einem Tonfall trauriger
Versonnenheit. »Daß du genauso leidenschaftlich gerne wie dein Vater liest,
meine ich.«
    »Es gab
nicht viel anderes zu tun, wenn die Tagesarbeit erledigt und das Abendessen
vorüber war«, erwiderte
er vorsichtig. Das Verhältnis zwischen ihm und Annabel war besser – seit seiner
Schußverletzung zweifelte er nicht mehr an ihrer aufrichtigen Liebe – aber das
hieß nicht, daß er nicht wütend auf sie war. Denn das war er. Sehr sogar.
    Sie strich
ihm über das Haar. »So viele Gebete, die nie gesprochen wurden. So viele
Geschichten, die nie gelesen wurden. Ach, Nicholas, es tut mir leid – für mich
genausogut wie für dich.«
    Er wandte
den Blick ab. »Ich bin kein kleiner Junge mehr, Annabel. Du brauchst dich nicht
zu entschuldigen.«
    Sie legte
eine Hand an seine Wange und drehte sein Gesicht zu sich herum. »O doch, ich
glaube, irgendwo bist du noch immer dieser kleine Junge, Nicholas. Irgendwo,
tief im Grunde deines Herzens, ist er noch vorhanden und grollt mir, weil ich
nicht gekommen bin, wenn er nach einem bösen Traum oder zu vielen grünen Äpfeln
nachts nach mir gerufen hat.« Sie seufzte. »Es war falsch von mir, dich gehen
zu lassen. Das habe ich schon ein paarmal zugegeben. Aber wenn du nicht bereit
bist, mir wenigstens einen Teil des Wegs entgegenzukommen, weiß ich nicht, was
ich sonst noch unternehmen könnte.«
    Nicholas
erkannte den Tonfall seiner eigenen Stimme nicht. »Bist du deshalb
hereingekommen? Um über die Vergangenheit zu reden?«
    Annabel
ließ die Hand sinken und legte sie zu ihrer anderen in den Schoß. »Ich kam, um
dir zu sagen, daß wir beide in mein Haus umziehen werden«, sagte sie. »Und
nach dem, was hier vorging, als ich hereinkam, ist es wohl mehr als
offensichtlich, daß ich die richtige Entscheidung getroffen habe.«
    Nicholas
verdrehte die Augen und verkniff sich ein Lächeln. »Die Ironie dieser
Bemerkung, Annabel, müßte eigentlich auch dir bewußt sein. Aber da ich mehr von
einem Gentleman habe, als du mir zugestehen willst, werde ich sie ignorieren.
Ausnahmsweise.«
    Annabels
makellose Haut glühte vor Entrüstung und Verlegenheit. »Dein Vater hätte dich
viel öfter übers Knie legen sollen«, entgegnete sie.
    Nicholas
lachte. »Das hätte er vielleicht auch, wenn es ihm je gelungen wäre,

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