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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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dem ernsten Blick
eines Mannes, der vermutlich selber Söhne und Enkelsöhne hat. »Sie brauchen
nicht zu stehlen. Aber mir scheint, daß Sie es wollen, was etwas völlig
anderes ist.« Er seufzte und griff nach seinem Hut. »Ich habe Ihnen gesagt, wie
ich darüber denke«, erklärte er, an Gabe gewandt, »und ich hoffe, dem Anstand
damit Genüge getan zu haben. Wenn Sie Ihren Sohn vor einem Militärprozeß und
den unglücklichen Folgen eines Schuldspruches bewahren wollen, Mr. McKeige,
dann sollten Sie die Angelegenheit in Ordnung bringen, bevor wir uns gezwungen
sehen, es zu tun.«
    Damit
nickte Sommervale noch einmal höflich und ging hinaus.
    Gabe und
Nicholas blieben im Arbeitszimmer zurück und schauten sich nur wütend an, da
die Tür noch offenstand und sie nichts zu sagen wagten.
    »Was, zum
Teufel, geht hier vor?« fragte Gabe nach einem langen, angespannten Schweigen.
    Nicholas
beugte sich leicht vor, und in diesem Augenblick ähnelte er Annabel mehr als je
zuvor.
    »Jemand
raubt hier Rinder«, entgegnete er gedehnt und schaute Gabe aus großen Augen an.
    »Verdammt,
Nicholas, wenn du irgend etwas darüber weißt, dann solltest du es mir jetzt sagen!«
    Nicholas
setzte seinen Hut auf und zog die Krempe tief in die Stirn. »Ich habe zu tun«,
antwortete er, und Gabe entging nicht, was er ihm mit dieser kühlen Geste zu
verstehen geben wollte – er hatte diese Worte selbst so oft benutzt, daß sie
ihm so unwillkürlich auf die Lippen kamen wie ein Abendgebet, das er als Kind
gelernt hatte.
    »Nicholas
...«
    Der Junge
ging hinaus und schlug krachend die Haustür hinter sich zu.
    Gabe, der
bis jetzt wie erstarrt gewesen war, sprang nun etwas verspätet auf, um Nicholas
zu folgen, doch Charlie erschien plötzlich wie aus dem Nichts und hielt ihn
zurück.
    »Laß ihn
gehen«, sagte er. »Er wird nicht mit sich reden lassen, bis er sich beruhigt
hat. Dazu ist er dir viel zu ähnlich, Gabriel.«
    Gabe hieb
mit der Faust auf die Schreibtischplatte, aber er folgte Nicholas nicht.
»Himmel, Charlie«, sagte er rauh, nachdem er einen Moment geschwiegen hatte.
»Die Kavallerie ist hinter ihm her. Sie glauben, er hätte ihre Rinder
gestohlen.«
    Charlie
reagierte nicht. Das tat er ohnehin nur selten. »Was glaubst denn du?« fragte
er nur ruhig.
    Gabe
seufzte. Er fühlte sich so hilflos und den Tränen nahe wie an jenem Tag vor
vielen Jahren, als er nach einem langen Rinderauftrieb heimgekommen war und
festgestellt hatte, daß Annabel ihn verlassen hatte.
    »Ich kann
nicht glauben, daß er ein Dieb ist«, erwiderte er.
    Charlie
nickte, ruhig und ernst wie immer. »Ich schätze, dann sollten wir herausfinden,
wer es ist«, sagte er. »Es wäre durchaus möglich, daß es jemand von deinen
eigenen Leuten ist. Denn offenbar sind es immer nur deine Rinder, die vermißt
werden. Keiner der anderen Rancher hat sich über Verluste beklagt, und die
Armee kauft von niemand anderem.«
    »Hast du an
der Tür gelauscht?«
    Charlie
grinste. »Natürlich«, erwiderte er prompt.
    Gleich nach ihrer Ankunft in der Stadt
begab Annabel sich zur einzigen Bank in Parable. Der Direktor, ein
korpulenter, freundlicher kleiner Mann namens Oldmixen, war von Jessie
beauftragt worden, die Geschäfte ihres verstorbenen Mannes weiterzuführen.
    Er begrüßte
Annabel ein bißchen zu übereifrig, vielleicht weil ihm bewußt war, welch
großzügige finanzielle Unterstützung sie in all den Jahren von Gabriel erhalten
hatte. Tatsächlich hatte sie im Laufe der Jahre ein eigenes kleines Vermögen
angehäuft, das sie sehr geschickt in England und in den Vereinigten Staaten
investiert hatte. Eigentlich hätte sie für den Rest ihres Lebens davon leben
können, selbst wenn sie nie wieder einen Cent von ihrem Mann erhalten hätte.
    Falls Mr.
Oldmixen jedoch die Hoffnung hegte, Annabel werde seiner kleinen Bank mehr
anvertrauen als ihr Nadelgeld, so befand er sich im Irrtum. Derlei
Institutionen wurden beinahe regelmäßig ausgeraubt, und niemand kam für die
Verluste auf.
    »Guten
Morgen, Mrs. McKeige«, begrüßte Oldmixen sie fröhlich und schaute dann auf
seine Taschenuhr.
    »Guten
Morgen«, erwiderte Annabel knapp.
    Er
räusperte sich. »Was kann ich heute für Sie tun?« fragte er und öffnete die
kleine Schwingtür, die sein Büro von der Kasse und dem Tresor trennte.
    Annabel
folgte Mr. Oldmixen in sein kleines, überfülltes Reich. Auf seine einladende
Geste hin nahm sie Platz und stützte sich dabei auf ihren eleganten kleinen
Sonnenschirm, als

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