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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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als
dieser eine Porzellanterrine, gefüllt mit Hirschragout, auf den großen Tisch
stellte.
    »Das riecht
so gut«, murmelte Gabe, »daß man sich fragen muß, ob jemand anderes es gekocht
hat.«
    Charlie
blieb ungerührt wie immer. »Wenn dir mein Essen nicht schmeckt, Boß«,
antwortete er, »kannst du gerne selber kochen.«
    Statt des
Grinsens, mit dem Gabe zu antworten gedachte, verzog er das Gesicht. Er war
müde; Annabel hatte ihm in der letzten Nacht die Kraft geraubt, und heute
hatte er den größten Teil des Tages in einem der Bergwerke verbracht, wobei der
beunruhigende Besuch des Offiziers die einzige Pause in seinem Tagewerk
gewesen war.
    Er hörte
Annabel kommen, hörte sie summend das Eßzimmer durchqueren und schaute in
plötzlicher Verlegenheit auf seine Kleider herab. Er hatte ein Bad im Bach
genommen, wie Nicholas es meistens tat, und ein sauberes Hemd angezogen, aber
jetzt, aus irgendeinem Grund, den er nicht näher untersuchen wollte, kam er
sich so unkultiviert und ungehobelt wie der dümmste seiner Rancharbeiter vor.
    Annabel kam
nicht einfach in die Küche; ihre Ankunft wirkte fast wie eine Erscheinung.
    Sie trug
einen weiten Hosenrock an diesem Abend, Stiefel und eine weiße Baumwollweste,
wie Gabe bemerkte, der sonst nur selten Interesse für das zeigte, was Frauen
trugen. Ihr dichtes Haar, das sich in der Nacht zuvor wie reine Seide angefühlt hatte, war
nicht wie üblich zu einem weichen Knoten aufgesteckt, sondern zu einem dicken
Zopf geflochten.
    Sie sieht
wie ein junges Mädchen aus, dachte Gabe verblüfft, und der schwache Duft ihres
Parfums weckte selbst aus der Entfernung seine Sinne. Es schien fast
ausgeschlossen, daß fast zwanzig Jahre vergangen waren, seit er sie zur Frau
genommen hatte, daß sie einen erwachsenen Sohn hatten und über ein Jahrzehnt
getrennt gewesen waren.
    Er hätte in
diesem Augenblick nichts lieber getan, als sie in die Arme zu nehmen und sie in
sein Bett hinaufzutragen.
    Sie
lächelte, als hätte sie erraten, was er dachte. »Hallo, Gabriel«, sagte sie.
    Nicholas
kam gleich nach ihr, ausnahmsweise einmal ordentlich angezogen mit einem
frisch gebügelten weißen Hemd, schwarzen Hosen und auf Hochglanz polierten
Stiefeln. Er schaute nacheinander Gabe und seine Mutter an. Dann, mit einem
verstohlenen Grinsen, das ebensosehr zu seiner Natur gehörte wie seine sture
Eigenwilligkeit, nahm er einen Teller vom gedeckten Tisch, häufte eine großzügige
Portion Ragout darauf und ging ohne ein Wort auf die Veranda.
    Charlie war
bereits verschwunden.
    »Setz dich,
Gabriel«, sagte Annabel, als wäre sie noch Herrin dieses Hauses, das sie vor
solch langer Zeit verlassen hatte. »Das Essen wird kalt.«
    Verlegen
nahm Gabe Platz. Er wunderte sich, daß Annabel das Essen in der Küche servieren
ließ; früher hätte sie darauf bestanden, im Eßzimmer zu speisen. Aber dazu
hätte sie auch ein eleganteres Kleid getragen.
    Lächelnd
setzte sie sich auf die Bank ihm gegenüber.
    »Was
glaubst du, wo Nicholas hingegangen ist?« fragte sie, während sie aus der
Terrine ihren Teller füllte. »Dies sollte eigentlich ein Familienessen sein.«
    Gabe nahm
eine dicke Scheibe Brot und bestrich sie schweigend mit Butter. Alles, was ihm
in den Sinn kam, war banal, und dies schien ihm nicht der geeignete Moment für
oberflächliches Geschwätz zu sein.
    »Er wird
schon nicht verhungern«, meinte er schließlich, weil ihm beim besten Willen
nichts anderes dazu einfiel.
    Annabel
lächelte zustimmend, aber sie wirkte jetzt beunruhigt, vielleicht sogar ein
wenig geistesabwesend.
    Jetzt kommt
es, dachte Gabriel hilflos.
    »Ich habe
ein Haus in Parable gekauft«, sagte sie abrupt.
    Annabels
große Verkündigungen schlugen im allgemeinen mit der Wucht eines Blitzschlags
ein, selbst wenn man glaubte, daß man darauf vorbereitet war. Und dies war
keine Ausnahme.
    Gabe legte
sein Brot hin und starrte Annabel an, als sie lächelnd nach seinem Teller griff
und ihn mit Charlies Hirschragout füllte. Er wußte nicht, was er empfinden
sollte – Zorn oder Erleichterung –, aber er war verdammt sicher, daß er
etwas fühlte.
    Annabel
beeilte sich, es ihm zu erklären – was ein schlechtes Zeichen war, da sie nie
viel davon gehalten hatte, ihre Handlungsweise zu rechtfertigen. »Es wird das
Beste für uns beide sein«, behauptete sie und ließ fast den Teller mit Gabes
Essen fallen, als sie ihn vor ihm hinstellte. »Daß ich in der Stadt wohne,
meine ich. Anstatt hier.«
    »Welches
Haus?« fragte Gabe.

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