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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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abblätternden Farbe an den Wänden
und den Forellen, die in der Pfanne brutzelten, war nicht der rechte
Augenblick.
    Ich
liebe dich, Mutter, dachte
er, war aber nicht sicher, wann, falls überhaupt, er diese Worte jemals laut
aussprechen würde.
    »Ich hoffe,
du hast wenigstens ein paar Teller«, sagte er statt dessen. »Denn sonst werden
wir mit den Fingern essen müssen, Annabel.«
    Sie ging
wieder zu dem Karton mit den Vorräten und kam mit zwei Tellern aus Emaille
zurück, eben solchen, wie Nicholas sie in seiner Satteltasche mitführte, wenn
er unterwegs war, und zwei genauso schlichten Blechgabeln.
    Als der
Fisch knusprig gebraten war, verteilte Nicholas ihn auf den Tellern, und sie
setzten sich auf die Eingangsstufen, um zu essen, hielten ihre Teller auf den
Knien und betrachteten die Sterne. Leise, frivole Pianomusik drang aus dem
Samhill Saloon zu ihnen herüber, zusammen mit den Geräuschen von Pferdehufen
und Wagenrädern auf der Hauptstraße. Cowboys waren unterwegs und Soldaten, doch
alle Damen von
Parable hatten sich längst in ihre Küchen und Salons zurückgezogen, und ihre
Kinder lagen schon in ihren Betten.
    »Deine
Tante Jessie gibt am Samstag eine Teeparty für mich«, sagte Annabel, als sie
gegessen hatte und ihren Teller fortstellte. »Ich freue mich schon darauf ...«
Sie verstummte, und ihr Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an.
    »Aber?«
fragte Nicholas.
    »Aber ich
habe auch ein bißchen Angst.«
    »Warum?«
    Annabel
lehnte ihren Kopf an seine Schulter, einen flüchtigen Moment nur, und er liebte
das Gefühl, das ihre Nähe ihm vermittelte. »Frauen können boshaft sein«, sagte
sie. »Und auch sehr nachtragend.«
    Er versteifte
sich ganz unwillkürlich bei der Vorstellung, daß die Bewohner von Parable der
Ansicht sein könnten, sie besäßen das Recht, seiner Mutter irgend etwas nachzutragen. Ihr Fortgehen war eine Familienangelegenheit und ging nur sie und seinen
Vater etwas an. Und in gewisser Weise natürlich auch ihn selbst.
    »Jessie
wird zu dir halten«, erwiderte er und entspannte sich ein wenig. »Mach dir
keine Sorgen. Alle Frauen in der Stadt werden zu diesem Ereignis kommen
wollen, und wenn auch nur aus Neugierde.« Er nahm Annabels Teller, legte ihn
auf seinen eigenen und stand auf, um sie in die Küche zu bringen. Bevor er
jedoch ging, schaute er noch einmal seine Mutter an, die nachdenklich zu ihm
aufblickte. »Du packst jetzt deine Sachen«, schlug er vor, »und ich hole deinen
Wagen aus dem Mietstall und fahre dich nach Hause.«
    Einen
Moment lang sah es fast so aus, als würde Annabel ihm
widersprechen. Doch dann nickte sie nur stumm, und als er fünfzehn Minuten
später mit dem Wagen vorfuhr, war sie bereit und wartete auf ihn.

9. Kapitel
    Annabel rechnete schon halb damit, Gabriel
zu begegnen, als sie in jener Nacht die Ranch betrat, erschöpft
und schmutzig und sich nach einem heißen Bad und einer ungestörten Nachtruhe
sehnend.
    Womit sie nicht gerechnet hatte, war, Jeffrey Braithewait zu begegnen, in einer seidenen
Hausjacke und Hosen, die verdächtig nach Pyjamahosen aussahen, und einen
Kognakschwenker in der Hand.
    Er war auf
dem Weg ins Eßzimmer, als sie in die Küche ging, um Charlie um Wasser für ein
heißes Bad zu bitten, und blieb wie angewurzelt stehen, als er Annabel
erblickte.
    »Meine
Liebe!« rief er, mit einem entsetzten Blick auf ihre schmutzige Kleidung und
ihr aufgelöstes Haar. »Bist du so schnell zum Siedlerleben zurückgekehrt?«
    Annabel war
nicht in Stimmung für Jeffreys hochgestochene Art und seine Dreistigkeit.
Seiner vornehmen
Herkunft wegen bildete er sich offensichtlich ein, mit anderen Menschen reden
und umspringen zu können, wie es ihm gerade paßte. Es war allmählich an der Zeit,
ihm klarzumachen, daß dem nicht so war.
    »Was willst
du denn hier?« fragte sie unfreundlich. Als letztes hatte sie von ihm gehört,
daß er in Australien war und dort den Ureinwohnern auf die Nerven ging.
    Jeffrey
schwenkte den Brandy in seinem Glas und betrachtete ihn, während er sich seine
Antwort überlegte. »Mr.
McKeige war so freundlich, mir eine Stellung
anzubieten, und ... Nun ja, nach einem Blick auf die Unterkunft der Arbeiter
bin ich natürlich sofort zurückgekommen,
um mich der Gnade des eingeborenen Kochs
auszuliefern – wie heißt er noch? Ach ja, natürlich, Charlie.« Er hielt inne,
verdrehte die Augen und
schüttelte den Kopf. »Ich wage zu behaupten, daß Mr. McKeige nicht so
gastfreundlich gewesen wäre wie der

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