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Linda Lael Miller

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Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Preis des Verlangens
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Falls es nötig war, würde sie die Armee mit ihrem
eigenen Geld für den Verlust entschädigen.
    Gabriel
stieß einen Seufzer aus und lehnte sich zurück. Draußen legte sich bereits die
Abenddämmerung über das weite Land, die Schatten im Zimmer wurden immer
länger. Aus der Küche war das Klappern von Pfannen und Töpfen zu vernehmen,
und direkt unter dem Fenster hatte ein Orchester aus Zikaden mit seiner
abendlichen Symphonie angefangen.
    »Wir würden
besser daran tun, ein anderes Thema zu beginnen«, sagte er.
    Annabel
stimmte ihm zu. »Hast du Nicholas mit dieser neuen Lehrerin gesehen?«
    Gabriel
lächelte. »O ja, und ob ich ihn gesehen habe!«
    »Was sagst
du dazu?«
    »Daß er
eine hübsche Frau zu schätzen weiß.« Annabel seufzte. »Es ist mehr als das,
Gabriel. Ich glaube, er ist verliebt.«
    Gabriel
lachte. »Verliebt? Das ist ein Wort, das irgendwie nicht zu Nicholas zu passen
scheint.«
    »Unsinn«,
meinte Annabel ein wenig ungeduldig. »Ich habe ihn beobachtet, als Jessie die
beiden vorstellte. Er ist buchstäblich über seine eigene Zunge gestolpert,
Gabriel.«
    »Was willst
du damit sagen, Annabel?«
    »Was wissen
wir über sie?« Annabel stellte diese Gegenfrage mit ruhiger Entschiedenheit.
    Wieder
lachte Gabriel. »Was wissen wir denn schon über Nicholas? Abgesehen davon
natürlich, daß er unser Sohn ist – was unter anderem bedeutet, daß er
eigensinnig bis in die Knochen ist. Wenn er vorhat, Miss Olivia Drummond oder
irgendeiner anderen den Hof zu machen, dann wird er es auch tun und sich den
Teufel um das scheren, was andere Leute davon halten mögen.«
    »Sie ist
fast dreißig«, protestierte Annabel, wenn auch nicht mehr ganz so entschieden
wie zuvor. Gabriel hatte natürlich recht, und außerdem widerstrebte es ihr, über
ihren Verdacht zu sprechen, warum Nicholas sich zu einer Frau hingezogen
fühlte, die zehn Jahre älter als er selbst war.
    Gabriel
betrachtete sie über den Rand seiner Brille, und ein schwaches Lächeln spielte
um seine Lippen. »Denkst du etwa, daß Nicholas in dieser jungen Frau eine
Mutter sucht?«
    »Nein!«
erwiderte Annabel sofort, aber ihr war anzusehen, wie nervös sie war. »Nun ja
... vielleicht.«
    Gabriel
lachte. »Nicholas hat in seinem kurzen Leben schon sehr viele Frauen gehabt,
von denen viele älter als er waren.« Er hielt inne, als überlegte er, ob es
ratsam sei, sich auf ein derart gefährliches Terrain zu wagen. Aber wie es
seine Art war, zögerte er nicht lange. »Wäre es nicht möglich, daß sie ihm ganz
einfach lieber sind? Im allgemeinen sind sie viel vernünftiger, ganz abgesehen
davon, daß sie natürlich auch erfahrener und intelligenter sind.«
    Annabel
errötete, aber nur ein wenig, so daß zu hoffen
blieb, daß Gabriel es nicht bemerkte. Sie wollte zwar nicht in diesem
Zusammenhang an ihren Sohn denken, war aber trotzdem froh, daß Gabriel ihr,
wenn auch auf indirekte Weise, zu verstehen gab, daß er reifere Frauen vorzog.
Schließlich war sie selbst schon siebenunddreißig.
    »Vielleicht
hast du recht«, räumte sie ein. »Aber würde eine solche Frau einen Jungen in
Nicholas' Alter nicht etwas ... nun ja ... langweilig finden?«
    Gabriel
verschränkte die Hände im Nacken und dachte über die Frage nach. »Nein«,
entschied er schließlich. »Nicholas hat jedes Buch in diesem Zimmer hier und
auch in Jessies Bibliothek gelesen – angefangen bei Gullivers Reisen und Robinson Crusoe bis hin zu Abhandlungen über die politische Struktur des
römischen Reiches. Er kennt den Atlas auswendig, und obwohl er nicht das
Verlangen zu verspüren scheint, die Ranch für längere Zeit zu verlassen, hat er
sich hier mindestens genausoviel Wissen angeeignet wie andere durch
ausgedehnte Reisen.«
    Annabel
nickte nur; es wäre unhöflich gewesen, wenn sie gesagt hätte, wie sehr Gabriels
umfassende Allgemeinbildung und ausgeprägte Intelligenz sie überraschten.
Nicht, daß sie ihn je für dumm gehalten hätte; jeder, der mit Gabriel zu tun
hatte, erkannte schnell, daß er Wissen mit der gleichen Gier aufnahm wie andere
Männer Luft und Wasser.
    Sie fragte
sich, worüber er mit Julia gesprochen haben mochte, wenn sie allein gewesen
waren. War Julia genauso wißbegierig und belesen wie er selbst?
    Die Antwort
auf diese Frage erschien Annabel plötzlich unendlich wichtig und bedeutete ihr
sehr viel. Sie hatte sich immer gewünscht, in Gabriels Augen attraktiver und
charmanter als die andere Frau zu
sein, doch nun erschien es ihr auf einmal sehr viel

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