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Linda Lael Miller

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Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dein für alle Ewigkeit
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auf. »Es
war keine Ohnmacht«, entgegnete er grimmig. »Ich wette, daß es einer von Gareths
Tricks war – der Wein schmeckte eigenartig, selbst für das armselige Gesöff,
das sie hier als Wein bezeichnen.«
    »Du hast
recht«, bestätigte Gloriana. »Sie haben dich betäubt. Ich glaube allerdings,
daß dein Bruder es nicht getan hat, um dich unschädlich zu machen, wie ich
anfangs dachte, sondern damit du nicht bei einem Kampf verletzt würdest.«
    Kenbrook
ging auf unsicheren Beinen zur Wanne und zog sein Wams, sein Hemd und seine
Hose aus, bevor er in das warme Wasser stieg.
    Gloriana,
die ihn unverwandt beobachtete, dachte, was für ein schöner Mann er war, trotz
der Narben, die die durchstandenen Kämpfe auf seiner Brust und seinem linken
Oberschenkel hinterlassen hatten. Mit einem lustvollen Seufzer sank er in das
Wasser.
    »Wir
unterhielten uns gerade, als du zusammenbrachst«, erinnerte Gloriana ihn,
während sie zum Tisch ging, auf dem ein Korb mit Kuchen und anderen Köstlichkeiten
stand.
    Kenbrook
tat, als müsse er erst überlegen. »Ach ja«, meinte er dann. »Du hattest dich mir
gerade angeboten, kühn wie eine Schankmagd, und ich, in meiner ritterlichen
Tugend, hatte soviel Distanz wie möglich zwischen uns gebracht, um dich vor
deinen niedrigen Instinkten zu beschützen.«
    »Wie
arrogant du bist«, sagte Gloriana, aber es lag kein Vorwurf in ihrer Stimme.
    »Komm doch
bitte her und wasch mir den Rücken, schöne Gloriana.«
    »Wasch dir
selbst den Rücken«, antwortete sie, während sie sich an den Tisch setzte. Im
Augenblick interessierte sie nur der süße Honigkuchen aus dem Korb.
    »Früher«,
teilte Kenbrook ihr mit leidgeprüfter Stimme mit, »gehorchten die Frauen ihren
Herren noch. Wie sich die Welt verändert hat!«
    Gloriana
dachte an das Flugzeug, das sie nach England gebracht hatte, damals, als sie
noch Megan Saunders gewesen war. »Ja«, stimmte sie zu. »Du kannst dir gar nicht
vorstellen, was noch auf die Welt zukommen wird.«
    »Und du
kannst es?«
    Sie
erwiderte nichts, denn die Versuchung, ihm ihre seltsame Geschichte zu
erzählen, war gefährlich stark. Sie fragte sich, wo ihre Aufzeichnungen sein
mochten, die Pergamente, auf denen sie als Kind so eifrig ihre Erinnerungen
festgehalten hatte. Wahrscheinlich hatte Edwenna sie verbrannt oder verborgen
wie die Puppe und die Kleider. Aber sie waren nicht bei den anderen Sachen in
der Truhe auf dem Dachboden ihres Elternhauses gewesen.
    Kenbrook
schien sein Bad genießen. Falls der vergiftete Wein irgendwelche Nachwirkungen
hatte, verstand er sie bestens zu verbergen. »Du bist eine ungewöhnliche Frau,
Gloriana«, meinte er, während er sie nachdenklich betrachtete. »Du bist
kräftiger als die meisten Frauen und auch größer. Deine Haut ist makellos, und
deine Zähne sind erstaunlich weiß und fest.«
    »Das
klingt, als wäre ich ein Pferd, das du auf dem Jahrmarkt feilbietest«,
bemerkte Gloriana gleichgültig. Was sie jetzt wirklich hören wollte, war das,
was er ihr vor seiner Ohnmacht hatte sagen wollen, doch sie war zu stolz, um zu
fragen.
    Er
lächelte. »Du weißt, daß es so ist«, erwiderte er. »Du bist anders als die
meisten Frauen. Du hast sonderbare Ideen – Einfälle, die eine gewöhnliche Frau
erröten lassen würden, wenn sie nur so etwas dächte, ganz zu schweigen davon,
es auch tatsächlich auszuführen.«
    »Vielleicht
bin ich ja verrückt wie Lady Elaina«, entgegnete Gloriana achselzuckend.
    »Elaina ist
nicht verrückt«, erwiderte Dane vorwurfsvoll. »Sie sieht und hört nur besser
als wir anderen.«
    Gloriana
erstarrte. Vielleicht hätte sie jetzt gesprochen und ihm alles erzählt, was sie
über sich wußte und erraten hatte, doch ganz plötzlich war der Raum erfüllt von
einem eigenartigen Summen, als schwirrte ein ganzer Bienenschwarm darin herum;
ein blauer Dunst stieg auf, der alles um sich herum verschlang.
    In
sprachloser Faszination beobachtete Gloriana, wie das Turmzimmer sich vor ihren
Augen in eine merkwürdige Ausgabe seiner selbst verwandelte. Der Boden war
anders, und die Wände waren mit kostbaren Gemälden bedeckt. Menschen in
fremdartiger Kleidung schlenderten durch den großen Raum, betrachteten die
Kunstwerke und sprachen in jener seltsam schnellen Sprache, die Gloriana aus
ihrer frühesten Kindheit kannte. Obwohl sie noch saß, war der Tisch nicht mehr
vorhanden, und sie spürte auch den Stuhl nicht mehr. Ein kleiner Junge in kurzen
Hosen, einem Hemd und Schuhen wie jenen, die in der

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