Linda Lael Miller
Muskel
zuckte an Kenbrooks Kinn, und Gloriana fürchtete seine nächsten Worte fast mehr
noch als das Schicksal,
das sie bald auseinanderreißen würde. »Nicht nur Gareths
Männer werden kämpfen, sondern meine auch. Solche Schandtaten dürfen nicht
ungesühnt bleiben.« Gloriana hatte das Gefühl, daß alle Kraft aus ihren Knien
wich. »Was wirst du tun, Dane?« fragte sie gebrochen. »Eins
seiner Dörfer überfallen? Unschuldigen Menschen Leid zufügen, wie Merrymont es
tut?«
Dane mußte
sie die letzten Stufen fast hinaufschleppen. Er schlug die Tür des Turmzimmers
zu, bevor er sich zu Gloriana umwandte, die zitternd und mit großen Augen in
der Nähe des Tisches stehengeblieben war.
Das Licht
aus den Kohlebecken umtanzte Dane wie schattenhafte Flammen. »Hältst du mich
für ein Ungeheuer,
Gloriana?« fragte er. »Kannst du auch nur einen Moment lang glauben, daß ich
dazu fähig wäre? Ganz gleich, aus welchem Grund?«
Gloriana
schluckte. »Krieg ist zerstörerisch«, antwortete sie mit schüchterner
Überzeugung. »Felder werden zertrampelt,
Hütten verbrannt, Bauern und Dorfbewohner getötet und verschleppt. Und dabei
ist es völlig einerlei, welchem Herrn sie dienen, scheint mir, denn sie sind
in jedem Fall diejenigen, die leiden.«
»Unser
Groll richtete sich gegen Merrymont und seine Männer, gegen niemand anderen«,
entgegnete Dane kalt.
Seufzend
ließ Gloriana sich auf einen Stuhl sinken, und sah sich geistesabwesend um. Das
Bett war frisch bezogen,
parfümiertes Wasser zum Waschen stand bereit, und frische Kleider für den
nächsten Morgen lagen auf der Truhe ausgebreitet.
Gloriana
fragte sich, ob sie in diesem Raum erwachen oder sich am nächsten Tag in
irgendeinem anderen wiederfinden
würde. »Es tut mir leid«, sagte sie und meinte es auch so. »Ich weiß, daß du
ein gerechter Mann bist und unschuldigen Menschen kein Leid zufügen würdest.«
Dane legte
sein Wams ab, behielt jedoch seine Hosen und sein Hemd an. Er nahm einen
kleinen Glasbehälter aus einem
Holzkästchen, das auf dem Tisch neben dem Bett stand. Als er sich Gloriana
damit näherte, war sein Ärger verraucht, und sein Blick verriet ruhige Gelassenheit.
Er zog sich
einen Stuhl heran, setzte sich Gloriana gegenüber und zog einen ihrer Füße auf
den Schoß. Er machte das
Ausziehen ihres Schuhs zu einem sinnlichen Erlebnis, und sie schnappte
verblüfft nach Luft, als er ihren zierlichen Fuß zu massieren begann.
»Es war
nicht mein Ernst, daß du mir die Füße ölen solltest, Dane«, sagte Gloriana
rasch. »Es war nur so dahergeredet.«
Kenbrook
gab etwas von dem goldenen Öl in seine Hand und stellte den Behälter beiseite.
Dann begann er Glorianas rechten Fuß zu massieren.
Mit einem
tiefempfundenen Seufzer ließ sie sich auf ihrem Stuhl zurücksinken.
»Ihr
empfindet es als angenehm, Mylady?« scherzte Dane.
Es war eine
durchaus sinnliche Erregung, die sie empfand, und es war ausgesprochen
angenehm. »Oh«, hauchte sie und seufzte noch einmal. »Es ist zu gut, um wahr zu
sein.«
Seine
Daumen beschrieben Kreise auf dem Ballen ihres Fußes und massierten gründlich
das duftende, kostbare Öl ein.
»Nichts ist gut genug für dich«, sagte er, und seine leise Stimme versetzte
Gloriana in eine Art Trance, die sie ihre unheilvolle Unterredung mit Elaina
und den bevorstehenden Kampf mit Merrymont vergessen ließ.
Sie hatte
das Gefühl, unter Danes Händen dahinzuschmelzen, und sank immer tiefer auf dem
Stuhl. »Hmm«, murmelte
sie entrückt und dachte, daß nichts Schlechtes auf der
Welt existieren konnte, daß es kein Leid gab und nichts Böses. Es war ein
Irrtum gewesen, es zu glauben ... Kenbrook lachte und nahm ihren anderen Fuß,
und mit einem wohligen Erschauern öffnete Gloriana die Augen, als er ihr
den zweiten Schuh abstreifte. »Du schnurrst wie eine Katze, die sich am warmen
Feuer räkelt«, sagte er. »Wann immer du in Zukunft aufmüpfig werden solltest,
werde ich dich einfach massieren und dich damit so träge und anschmiegsam wie
ein sanftes Kätzchen machen.«
Seine Worte
rissen Gloriana aus ihre angenehmen Versunkenheit, und ihr Herz schwoll vor
Liebe, als sie in das Gesicht ihres Gemahls aufblickte.
»Bring mich
ins Bett«, bat sie, »und schenk mir ein Kind.«
»Der
Vorschlag ist sehr reizvoll«, erwiderte er heiser, »aber ich glaube, daß du
längst in anderen Umständen bist.«
Gloriana
legte eine Hand auf ihren Bauch, denn das war eine Möglichkeit, an die sie
bisher noch nicht gedacht hatte. »Wie
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