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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dein für alle Ewigkeit
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fragte sich, wohin der Bus sie bringen würde. Er
hielt oft an, um Fahrgäste aufzunehmen oder aussteigen zu lassen, und Gloriana
lauschte interessiert den Gesprächen um sie herum, obwohl sie vorgab, nicht
darauf zu achten.
    Der Bus
fuhr von einem Dorf ins nächste, und allmählich brach der Abend an, dann wurde
es Nacht. Erst als Kenbrook Hall vor ihnen aufragte, erkannte Gloriana, wie
weit sie gefahren war und daß die alte Ruine die ganze Zeit ihr Ziel gewesen
war.
    »Das Museum
ist schon geschlossen«, bemerkte der Fahrer, als Gloriana an der Tür stand und
darauf wartete, daß sie sich summend öffnete. Der Mann fröstelte, als er durch
die beschlagene Windschutzscheibe zu den Ruinen hinübersah. »Nichts als ein
düsterer Haufen Steine, wenn Sie mich fragen. Selbst bei hellem Tageslicht.«
    Gloriana
verzichtete auf die Erwiderung, daß sie ihn nicht gefragt hatte, und
wartete schweigend auf der letzten Stufe ab. Mit einer gemurmelten Bemerkung
betätigte der Fahrer einen Knopf, und die Türen glitten zurück, um den
eiskalten Wind hereinzulassen.
    »Der letzte
Bus fährt in einer Stunde – dort drüben vor der Apotheke«, rief der Fahrer
warnend, als Gloriana resolut auf die Ruinen ihres Heims und ihrer liebsten
Träume zuging. »Verpassen Sie ihn nicht, sonst haben Sie eine kalte Nacht vor
sich.«
    Gloriana
hob dankend die Hand, ohne sich umzuwenden, und ihre Schritte wurden auch dann
nicht langsamer, als sie den großen Pfützen auswich. Ein Metallzaun umgab
heute den Besitz, weil die steinernen Mauern schon lange eingestürzt waren, und
das Tor war verschlossen.
    Aber nicht
einmal das vermochte Gloriana aufzuhalten. In ihren Jeans, einer der besten
Erfindungen des zwanzigsten Jahrhunderts, kletterte sie über den Zaun und landete
mit beiden Füßen auf dem alten Friedhof.
    Es brannten
Lampen im Turm und auch eine in dem kleinen Pförtnerhaus. Gloriana schenkte
ihnen jedoch keine Beachtung, sondern schlich leise wie ein Geist zwischen den
uralten Grabsteinen hindurch, ohne die Kälte oder den Regen zu spüren.
Vielleicht würde sie ja – wenn sie sich genau an jenem Ort hinsetzte, an dem
die Zeitverschiebung stattgefunden hatte – in Danes Zeit zurückversetzt
werden ...
    Es regnete
allmählich immer heftiger, doch das merkte Gloriana kaum. Am Fuß der Krypta, in
der Aurelia St. Gregory begraben lag, hockte Gloriana sich in das nasse Gras
und stellte den Kragen ihrer Jacke auf. Sie brauchte nur abzuwarten, das war
alles. Nur abzuwarten ...
    Die Luft
wurde kälter, die Nacht immer dunkler, und Gloriana zog sich tiefer und tiefer
in ihre eigene Gedankenwelt zurück. Nach langer Zeit hörte sie Stimmen, doch
da keine von ihnen Danes war, verdrängte sie sie aus ihrem Bewußtsein.
    Irgendwann
veränderte sich die Temperatur, aus der Kälte wurde Wärme, angenehm zunächst,
dann immer drückender und erstickender. Auch die Beschaffenheit der Dunkelheit
veränderte sich, explodierte in roten Blitzen, die ihre Augen verletzten, und
noch mehr Stimmen erklangen, Hände berührten sie.
    »Laßt sie
in Ruhe.« Das war Lyn. Selbst in ihrem verwirrten Zustand erkannte Gloriana
seine warme, feste Stimme.
    Wie hatte
er sie gefunden?
    Er hob sie
auf die Arme und trug sie durch die Finsternis. Es befanden sich Leute in der
Nähe, aber sie waren nichts als Silhouetten in dem heißen, roten Licht, und Gloriana
drückte ihr Gesicht an Lyns Schulter.
    »Du bist in
Sicherheit«, sagte er. »Du bist bei mir.«
    Gloriana
hätte vielleicht geweint, aber das Fieber, das in ihr brannte, hatte all ihre
Tränen aufgesogen. Sie wollte nicht gerettet werden, wollte nichts anderes, als
Zuflucht in ihren Träumen suchen, in denen Dane noch lebte und lachte.
    Während Lyn
sie in seinem Wagen zu irgendeinem großen Gebäude fuhr, wurde sie ein paarmal
ohnmächtig. Es war gleißend hell in diesem Gebäude, und sie schrak davor
zurück. Ihre Brust schmerzte; ihre Kleider wurden entfernt, Nadeln in ihr
Fleisch gestochen. Ihr war heiß und kalt zugleich, und die ganze Zeit hörte sie
Lyns beruhigende, tröstende, bittende und befehlende Stimme.
    Ein
Alptraum, zäh und unnachgiebig wie der Schlamm eines Sumpfs, begann Gloriana
einzuhüllen und in undurchdringliche Dunkelheit hinabzuziehen. Doch Dane war
nicht zu finden in der Finsternis, obwohl sie verzweifelt nach ihm suchte.
    Als sie
erwachte, befand sie sich in einem sauberen Raum, dessen Vorhänge teilweise
zugezogen waren. Lyn war bei ihr, unrasiert und grau vor Sorge.
    »Da bist du
ja

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