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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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zugezogen und außerdem einmal sogar ihre Nase an meinem Ohr gerieben. Macht zusammen schon drei aktive Beiträge. Trotzdem, wie soll ich sagen, es hätte etwas mehr sein können. Ja, müssen. Wäre bei mir nicht durch monatelange Abstinenz so viel angestaut gewesen, wer weiß, ob …  
    »Geht es dir gut, Oliver?«  
    »Ja, ja, äh, klar.«  
    Sie fängt an, meinen Kopf zu kraulen. Schön eigentlich, nur …  
    »Tut der Arm noch weh?«  
    »Och, geht schon.«  
    »Wie du das nur immer machst.«  
    »Was denn?«  
    »Na ja, du bist erst vor kurzem ganz neu bei Facebook und so dazugekommen, und jetzt bist du schon richtig berühmt.«  
    »Hör mal, das war wirklich alles Zufall.«  
    »Ja ja, Zufall, was? Hihi.«  
    »Wirklich. Ich weiß, es gibt Leute, die so was mit Absicht machen, um berühmt zu werden, aber ich nicht. Wozu auch?«  
    »Find ich total sympathisch, dass dir das nicht so wichtig ist.«  
    Sie wuschelt weiter durch meine Haare und streichelt mir über die Stirn. Eigentlich könnte ich das stundenlang genießen, nur … Irgendwas stimmt gerade nicht. Nur so ein Bauchgefühl.  
    »Was hältst du eigentlich von der konspirativ-kreativistischen Medien-Clashkollaboration?«  
    »Bitte was?«  
    »Also, du bist nicht ganz davon überzeugt, dass es so eintreten wird?«  
    »Ich habe keine Ahnung, was das überhaupt sein soll.«  
    »Na, das resonatorische Perdikt von Rüdiger Rodeo.«  
    »Höre ich zum ersten Mal.«  
    »Aber du bist doch mit Rüdiger Rodeo befreundet?«  
    »Erstens: nein. Zweitens: Ich kapiere kein Wort von dem, was er redet. Drittens: Ich habe so ein unbestimmtes Gefühl, dass das alles gequirlte Kacke sein könnte.«  
    »Oh … Glaubst du das wirklich?«  
    »Nett ist er trotzdem.«  
    »Hm.«  
    Apfelsinchen sinkt neben mir auf die Matratze und schaut an die Decke.  
    »Aber dich interessiert es ja anscheinend sehr?«  
    »Ja. Ich schreibe meine Semesterarbeit darüber.«  
    »Oh.«  
    »Ich komm bloß überhaupt nicht voran. Ich finde nicht mal einen Einstieg.«  
    »Hm.«  
    »Ich hoffe ja, dass ich irgendwann mal mit Rüdiger darüber sprechen kann, aber dafür bin ich noch nicht weit genug. Ich … Also, du glaubst wirklich, dass er nur Mist erzählt?«  
    »Bis es mir einer mit normalen Worten so erklärt hat, dass ich es verstehe, ja. Ich meine, kannst du das vielleicht?«  
    Ich drehe mich zu ihr und streichele ihr Gesicht. Die feine Nase, die helle Haut, die großen Augen, sie ist so hübsch, ich möchte sie am liebsten anknabbern.  
    »Also, das resonatorische Prinzip von Rüdiger Rodeo ist im Prinzip … Oder, ich fang mal lieber so an … Nein, Quatsch, also eigentlich dreht es sich um … Hm, wie soll ich sagen … gar nicht so einfach … Stell dir einfach vor, dass … dass … dass … d… d… d…«  
    »He, nicht weinen! Bitte! Ich … Komm, reden wir von was anderem.«  
    »D…«  
    Sie schüttelt den Kopf, dreht sich auf den Bauch, vergräbt sich in ihrem Kissen und schluchzt. In mir zieht sich alles zusammen, weil ich weder weiß, was los ist, noch was ich tun kann, und vor allem, weil ich Angst habe, dass ich irgendwie schuld bin. Meine Finger fahren langsam über ihren glatten Rücken und Nacken. Es dauert lange, bis ihr Atem ruhiger und tiefer wird.  
    »Geht es wieder?«  
    Sie dreht den Kopf zur Seite, so dass sie mich anschauen kann, und nickt. Ich lege mich auch auf den Bauch und ziehe die Bettdecke über uns. Nur unsere Köpfe gucken noch heraus und sehen, so wie sie da herumliegen, von weitem bestimmt wie zwei abgelegte Bowlingkugeln aus.  
    »Also, du studierst Medien… ähm?«  
    »Medienwissenschaften, Schwerpunkt interaktive Medien.«  
    »Also, ich sags nur mal so, ich hab früher auch alles mögliche Zeugs studiert und auch immer viel zu spät gemerkt, dass es nicht so mein Ding ist.«  
    »Aber es ist doch mein Ding! Ich hab sogar extra zu Medienwissenschaften gewechselt.«  
    Sie muss schon wieder schlucken.  
    »Was hast du denn vorher gemacht?«  
    »Kunstrestauratorin … studiert.«  
    »Und das war nichts?«  
    »Na ja, es war mir einfach … zu spießig.«  
    »Hm.«  
    »Und außerdem … genau das Gleiche, was … mein Vater auch macht.«  
    »Hm.«  
    »Ich wollte lieber was … mit Internet machen.«  
    »Hm.«  
    »Das ist nicht so spießig.«  
    »Hm.«  
    »Oder?«  
    »Hm … Lustig, weißt du, an was ich gerade denken muss? Einer meiner besten Freunde

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