Linksträger: Roman (German Edition)
Falco.
»Kein Problem, Mann. Geld ist nur Belastung. Wir müssen uns davon freimachen. Auch wenn der Kerl gerade nicht so aus sich rauskann, spüre ich doch Liebe, die von ihm aus geht. Ganz deutlich.«
»Kennst du den Typen überhaupt?«
»Ja klar. Ein ganz zauberhafter Elf. Und seine Lederjacke erst, die ist so, so … so schön ledrig.«
»Aha. Sag mal, bist du besoffen?«
»Ja. Ich bin besoffen vom Leben und der Liebe.«
»Wir gehen jetzt sofort nach Hause, und ich mache dir einen schönen Stutentee. Das hilft immer.«
»Eine Stute, ein Pferdchen?« Ich bin begeistert und hüpfe quer durch das Lokal. »O ja … Hoppla-hopp, hoppla-hopp.«
Unter dem Gelächter der Jugendlichen zerrt mich Falco auf die Straße.
»Oh, wir haben Glück, Robert. Der Streik scheint beigelegt. Die Taxen fahren wieder.« Falco winkt uns das erstbeste Taxi herbei, und wir steigen ein. Er nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und gibt eine Adresse durch, die mir vertraut vorkommt, ich weiß aber nicht, woher. Ich mache es mir derweil auf der Rückbank bequem und bin fasziniert von dem rückenschonenden Holzkettenbezug. Ich wälze mich darauf wie ein schnurrender Kater und fühle, wie sich jede einzelne Bandscheibe meiner Wirbelsäule bei mir bedankt.
»Gerne, gerne …«, rufe ich laut.
»Alles okay mit dem?« Der Taxifahrer schaut erstaunt.
»Ja, ich denke schon. Machen Sie sich keine Sorgen«, antwortet Falco, doch ich bin mit dieser Antwort nicht zufrieden. Ich tauche in die unendliche Weite des Fußraums ab.
»Und wie alles okay ist. Sie haben übrigens ein wunderschönes Taxi, Herr Taxifahrer. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?«
»Nein.«
»Ist aber so. Ich liebe es, kann ich es Ihnen abkaufen?«
»Nein.«
»Dann fahren Sie uns bis ans Ende der Welt.«
Falco schüttelt den Kopf.
»Es bleibt bei der Adresse, die ich Ihnen genannt habe.«
»Auch gut«, antworte ich aus dem Fußraum, der für mich überraschenderweise ein Blumenbeet voller Chrysanthemen und Azaleen bereithält. Unglaublich, was für Schätze dieses Taxi birgt. Es duftet herrlich nach Sommer und einem nicht enden wollenden Blumenmeer. Ich sauge alles in meine Lunge auf.
»Nach was duftet das hier? Es ist wunderschön.«
Ich beginne damit, die Fußmatte abzulecken.
»Ist wahrscheinlich von gestern Abend. Da hat mir ein Fahrgast ins Auto gekotzt. Ich hab ’nen Wunderbaum mit Apfelduft unter den Sitz gelegt, damit’s nicht so müffelt.«
Ja, tatsächlich. Da ist er, der Wunderbaum. Ich streiche einige kleine braune Bröckchen von den Zweigen der Papptanne und presse sie wie ein Familienerbstück fest an meine Brust.
»Ein Wunder dieser Wunderbaum.«
Dann bremst der Fahrer an der nächsten Ampel etwas zu scharf für mein leicht eingeschränktes Reaktionsfeld, und ich donnere mit dem Kopf gegen seine Rückenlehne. Die Sonne verschwindet daraufhin schlagartig hinter dem Wipfel des Wunderbaums, und Dunkelheit tritt stattdessen ein.
14 Ken Blümel und die Kokosachseln
E s ist Freitagmorgen, und mir ist kotzübel. Gründe dafür habe ich genug. Zuerst musste ich noch in der Nacht Falcos hochkonzentrierten Stutenmilchtee trinken, bis ich wieder einigermaßen von meinem Zauberpilz-Trip runter war. Anschließend hing ich über der Toilettenschüssel, um die halbe Stute wieder auszukotzen. Und dann auch noch das: Kaum dass ich mich nach dem Weckerklingeln mühsam aus dem Bett gehievt habe, heult mir Jana ins Ohr. Dass mir der Kater recht geschehe und ich mich nicht besaufen solle, sondern stattdessen den Abend hätte nutzen sollen, um herauszufinden, ob Falco schwul sei. Mein Einwand, dass ich gar nicht besoffen war, sondern unter Einsatz meines Lebens alles versucht hätte, um etwas herauszufinden, stößt auf taube Ohren. Und so finde ich mich keine Stunde später mitten im Einkaufstrubel der Stadt wieder. Um mit Falco einen Anzug zu kaufen.
»Links ist cool, rechts ist schwul«, nuschele ich immer wieder in meinen nicht vorhandenen Bart, während wir auf ein Geschäft für Herrenoberbekleidung auf der Frankfurter Zeil zusteuern.
»Hast du was gesagt?«, fragt Falco.
»Nein, nichts. Ich habe nur laut gedacht.«
Ich hatte mir das einfacher vorgestellt. Aber ich kann ihm ja auch nicht einfach mal zwischen die Bein grapschen.
Ist nichts Persönliches, Falco, ich möchte nur wissen, wo dein Schwanz liegt.
Als wir das noble Bekleidungsgeschäft betreten, herrscht wenig Betrieb. Lediglich ein älteres Ehepaar um die achtzig mit stark italienischem
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