Linksträger: Roman (German Edition)
Eisenwarenabteilung von Hornbach in den Regalen liegen hat. Falco und ich betreten den Laden und finden uns in einem griechischen Tempel mit Säulen und Kleiderstangen an den Wänden wieder. Gesäumt von nackten Gottheiten erscheint das CHAINS als eine Mischung aus Akropolis und Sündenfall im Paradies. Nur müffelt es in diesem Paradies gewaltig nach Weihrauch. Im kompletten Laden riecht es wie nach einer Ostermesse im Kölner Dom.
»Bist du dir ganz sicher, dass die hier Hochzeitsanzüge führen, Robert?«
»Ganz bestimmt. Die haben hier hundertprozentig das Passende für dich. Das sind Spezialisten für Männersachen.«
Falco tritt vor ein Regal mit Lederwesten. »Ja, das sehe ich.«
»Hallöchen.« Ein Art Fabelwesen tritt hinter einer der Säulen hervor und lächelt uns höflich an. Es ist nicht zu verifizieren, ob es sich um einen femininen Mann oder eine maskuline Frau handelt. Das Mensch stellt sich direkt vor uns hin und reicht uns seine Hand, deren Fingernägel petrolfarben lackiert sind. »Ich bin Sergio. Wie kann man euch zwei Hübschen denn helfen?«
Ich deute auf Falco. »Wir suchen etwas zur Hochzeit für ihn.«
»Zur Hochzeit?« Sergios Stimme springt zwei Oktaven höher. »Ja, Mensch, da gratulier ich euch aber. Hoch die Tassen. Na, da müssen wir jetzt aber erst mal mit Prosecco drauf anstoßen. Ein Pärchen, das die eingetragene Lebenspartnerschaft eingeht, hat man ja nicht jeden Tag hier.«
Ich sehe aus den Augenwinkeln, wie Falco die Situation noch klarstellen möchte, doch Sergio ist bereits um die Ecke verschwunden. Wollen wir doch mal sehen, wie Brummelbär sich verhalten wird.
»Der denkt, dass wir zwei heiraten. Das ist mir aber jetzt echt unangenehm, Robert«, meint Falco und nestelt sich dabei nervös an der Betontolle herum. Doch weder sie noch ich zeigen sich beeindruckt oder wanken auch nur einen Millimeter.
»Ach was, lass uns doch einfach das Spiel mal mitspielen. Oder hast du was gegen Schwule?«
Falco schüttelt den Kopf.
»Sooo, hier bin ich wieder.« Sergio kommt mit drei Gläsern Prosecco zurück. »Jetzt stoßen wir erst mal auf euer junges Glück an. Prösterchen.« Gläser klirren, und jeder trinkt einen kleinen Schluck. »Mmm, lecker«, sagt Sergio und wischt Lippenstiftreste vom Glas. »So, ihr Süßen, was sucht ihr denn jetzt genau?«
»Also, pass auf.« Ich ergreife die Initiative und versuche dabei, so schwul wie möglich zu wirken. »Mein Zuckerschnäuzchen hier sucht noch was Schickes für das Standesamt. Darf ruhig etwas Peppigeres, Frivoles sein.«
»Na, da finden wir bestimmt was für dich. Lass dich mal anschauen.« Sergio schnappt sich Falco und dreht ihn einmal um die eigene Achse. »Was hast du? Warte, lass mich raten, ’ne fünfzig?«
»Achtundvierzig«, antwortet Falco schüchtern.
»Achtundvierzig? Himmel, das ist ja beneidenswert. Tolle Maße und dann noch dieses markante Kinn dazu. Wie der junge Burt Lancaster. Und diese Figur. Beneidenswert. Du bewegst dich wohl viel im Beruf, was?«
Ich antworte für Falco. »O ja, und wie er sich bewegt, er ist Besamer.«
»Nein.« Sergio mustert Falco nun noch genauer. An Stuten denkt er jedenfalls nicht. Eher an eine Hengst-Hengst-Pornoproduktion.
»Das hat mich ja schon immer interessiert. Sag mal, was bekommt man da so bezahlt?«
»Das kommt drauf an.«
Super! Ich lächle in mich hinein. Das kann lustig werden. Falco rafft es nicht. Sergio denkt, dass er ein Callboy oder Pornodarsteller ist. Ich feuere das gerne noch ein wenig an.
»Nun sag schon, Falco. Was kostet so eine schöne Standardbesamung von dir.«
»Das hängt davon ab, ob es ein Stammkunde ist oder eine einmalige Besamung. Wenn ich dort regelmäßig besame, kann man da schon was mit dem Preis machen.«
»Verstehe.« Sergio nickt verständnisvoll. »Stammkunden muss man sich halt überall bei der Stange halten.«
»Ja, und dann kommt es natürlich auch immer darauf an, ob bei der Besamung alles glattläuft oder Komplikationen auftreten.«
»Komplikationen?«
Falco ist in seinem Element und verrennt sich nun vollends in den Analgängen von Sergios Gedankenwelt.
»Manchmal komm ich mit dem Arm von hinten nicht so tief rein, oder ich muss den Samen zwei-, dreimal einbringen.«
»Ach, und das kannst du? Zwei- bis dreimal hintereinander?«
»Ja, natürlich. Wenn die Bezahlung stimmt. An guten Tagen besame ich manchmal vier- bis fünfmal.«
Sergio bleibt der Mund offen stehen. »Nein.«
»Doch.« Falco nickt, während ich seinen
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