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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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unmissverständliche Botschaft aussenden.
    »Geht alles auf mich«, antworte ich großmütig. Dann lasse ich meinem Unmut jedoch wenigstens ein klein wenig Lauf und fange an, zu zucken und etwas Schaum zu spucken. »Fotze, Schlampe, Pissnelke …«
    Es ist irgendwie nicht so ganz mein Tag, denke ich, als ich deprimiert zu unserem Tisch zurücktrotte. Dort lacht mich die übrig gebliebene Pizza an. Ich habe keinen blassen Schimmer, ob dieses Exemplar die Zauberpilze als Extrabeilage besitzt oder die Pizza, die ich mir gerade reingeschoben habe. Eins ist jedoch klar, ich werde es schon sehr bald wissen.
    »Wolle noch deine Pizza?«, fragt Ranschid hinter dem Tresen, und ich winke ab.
    »Danke, nein.«
    In diesem Moment biegt Brummelbärchen um die Ecke und hat von dem ganzen Theater nichts mitbekommen. Er setzt sich in aller Seelenruhe neben mich und macht dazu ein ebenso entspanntes wie laktosefreies Gesicht.
    »Hui, Robert, das war jetzt aber nötig. Die Sahne dürfte nun jedenfalls erst mal aus dem Körper raus sein. Hat jedenfalls mächtig abgeführt.«
    Keine Ahnung, warum er mir das erzählen muss. Ich bin an seinem Verdauungstrakt ganz und gar nicht interessiert. Stattdessen deute ich auf die Pizza vor ihm.
    »Jetzt bin ich aber wirklich mal auf die afghanische Pizza gespannt. Wo ist denn dein Farrag?«, fragt er.
    »Ich, äh … konnte mich nicht zügeln und hatte schon angefangen. Lass es dir schmecken.«
    Falco verputzt daraufhin brav seine Pizza Mary. Er ist einer dieser Ränderabschneider, die nur den teigigen Teil ihrer Pizza vertilgen und den knusprigen Rand zur Seite schieben.
    »Isst du nicht die Ränder?«
    »Nein.« Falco rümpft die Nase. »Kannst du haben.«
    Während ich mir einige Krusten einverleibe, suche ich bei ihm nach ersten Symptomen. Seine Pupillen scheinen jedoch normal, sein Puls ruhig und einem Ossi angemessen. Ich muss mir wohl eingestehen, dass dieser Versuch ebenfalls gescheitert ist. Verdammt, man merkt ihm rein gar nichts an! Dafür merke ich aber etwas: Selten zuvor habe ich einen solch schmackhaften Pizzarand gegessen.
    Er ist lecker und kross.
    Sehr kross.
    Unglaublich kross.
    Und die Ränder werden bei jedem Bissen noch krosser.
    Fällt nur mir das auf? Ich spüre den Drang, Falco an dieser krossen Explosion an meinen Geschmacksknospen teilhaben zu lassen.
    »Boah, sind die kross. Das ist ja der Wahnsinn, oder?«
    Falco kann meine Begeisterung nicht ganz teilen.
    »Ja, der Farrag ist nicht schlecht, aber ehrlich gesagt merke ich keinen großen Unterschied zu einer Pizza.«
    Gierig schiebe ich mir nach und nach auch die restlichen Krusten rein. Ich beginne damit, ihre raue Struktur vor dem Verzehr mit meinen Fingerspitzen zu berühren. Noch nie im Leben habe ich etwas Schöneres berührt.
    »Scheiße, Falco. Das ist doch total krass. Fass mal an.«
    Ich halte Falco zwei der Krustenteile direkt vor die Nase, doch er will den abgenagten Pizzarand nicht anfassen und winkt stattdessen Kabul-Ranschid zu uns.
    »Lass uns mal lieber zahlen.«
    Ranschid kommt an den Tisch und legt die Rechnung vor.
    »Also, wir hatten den Farrag à la Mary und zwei Cola.«
    »Okay, mache alle zusamme einunddreißig fünfzig.«
    »Was?« Falco ist überrascht. »Mensch, Robert, das ist aber teuer für zwei Pizzen.«
    Weit entfernt erinnere ich mich an die Rechnung der Oma, dann werfe ich einen versonnenen Blick auf den Endbetrag der Rechnung. Doch die Zahlen beginnen plötzlich einen exotischen Tanz in schillernden Farben aufzuführen. Die Einunddreißig verbindet sich zu einem wirren Knäuel, der mir von der Tischplatte aus zuwinkt. Ich winke mit weit ausgestreckten Armen zurück. Der Rocker versteht dies fälschlicherweise als Aufforderung und kommt zu uns an den Tisch. Das Emblem auf seinem stattlichen Rücken beginnt sich zu bewegen. Die Engelsflügel färben sich pink, und der Totenschädel gleicht einem Elfenkopf. Er sieht mit seinen pinkfarbenen Elfenflügeln auf einmal gar nicht mehr so einschüchternd aus. Ganz im Gegenteil. In der hochoktaven Stimme eines Chipmunks spricht er einige Worte, dann folgt ein kräftiger Klaps auf die Schulter, und er flattert hinaus.
    »Danke für die Einladung.«
    Ich lege den zweiten Fünfziger binnen einer Stunde auf den Tisch, deute dem Inder an, dass das so stimme, und klatsche meinen Lieblingsrocker ab. Lasse sogar eine Umarmung folgen und streiche ihm über die Elfenflügelchen.
    »Warum lädst du denn diesen Typen auf eine Pizza ein, Robert?«, fragt

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