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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Ausführungen voll Bewunderung lausche. »Ich würde gerne noch viel mehr besamen. Ich kann das Geld momentan echt gut für die Hochzeit brauchen.«
    »Wow. Na, da will ich dir mal was Passendes suchen.«
    Sergio verschwindet wieder zwischen den Regalen. Und auch mein zukünftiger Gatte scheint sich allmählich zu entspannen.
    »Na, der ist wirklich sehr nett. Und dass er sich so für meinen Job interessiert, hat mich überrascht. Das gibt’s selten. Die meisten finden das anrüchig.«
    »Ja«, ich nicke, »er scheint ein echter Stutenfreund zu sein.«
    Sergio stößt wieder zu uns. In der Hand hält er etwas Straußenartiges, das mich an Bibo aus der Sesamstraße erinnert.
    »Schau mal Schätzchen, das ist doch wie gemalt für dich. Kostet nur dreihundert Euro, und die Farbe passt ganz bezaubernd zu deinen hübschen grünen Äuglein.«
    »Die sind aber braun.«
    »Ja eben. Braune Augen wirken bei so einem kanariengelben Jackett aber beinahe grün. Ein Träumchen.«
    »Na, ich weiß nicht. Ich will gar keine grünen Augen.«
    »Ach, papperlapapp. Probier es halt mal an, dann wirst du sehen, was ich meine.«
    Ich neige den Kopf, so schwul ich kann, zur Seite und pflichte Sergio bei. »Ja, wirklich, schlüpf doch mal rein, Hasi. Ich denke auch, dass du das tragen kannst.«
    »Robert, jetzt hör aber auf!«
    »Ach, wie süß! Nicht streiten, ihr zwei Täubchen!« Zumindest der einzig bekennende Schwule im Raum scheint sich köstlich zu amüsieren. »Dafür habt ihr in eurer Ehe ja noch genug Zeit, nicht wahr? Hihihi, Prösterchen.«
    Bevor wir erneut anstoßen, hebt Sergio die Flasche in Richtung Eingangstür.
    »Willst du auch einen Tropfen abhaben, Horst?«
    Ich schaue zur Tür, sehe dort aber niemanden. Mit wem spricht Sergio? Ist er paranoid? Oder haben die täglichen Weihrauchdämpfe schon nachhaltige Schäden bei ihm verursacht? Gerade als ich ihn darauf hinweisen möchte, dass sein imaginärer Freund sicher schon gut versorgt sei, wabert ein kümmerliches Wimmern von der Schaufensterfront herüber.
    »Danke, Herr. Sehr gerne, wenn ich darf, Herr.«
    Das gibt’s doch nicht. Eine Stimme! Aber woher kommt die? Hier ist doch niemand außer uns. Ich scanne den Raum erneut ab, finde aber immer noch niemanden. Stattdessen schaue ich in das beinahe leere Proseccoglas in meiner Hand. Teufelszeug.
    »Ja, du darfst, Horst. Komm herüber. Aber schön langsam.«
    Und dann geschieht es: Die wuchtige Schaufensterpuppe mit dem Brusthaartoupet dreht sich wie in Zeitlupe zu uns um und kommt auf allen vieren herübergekrochen.
    »Was ist denn hier los?«, fragen Falco und ich beinahe zeitgleich, doch Sergio winkt nur ab.
    »Ach, das ist nur Horst, unser Haussklave. Er muss sich heute bis Ladenschluss im Schaufenster in seinem Sklavenoutfit präsentieren. Als Strafe dafür, dass er gestern Abend äußert ungezogen war. Nicht wahr, Horst?«
    Horst hat seinen massigen Körper mitsamt den klirrenden Ketten mittlerweile bis zu Sergios Füßen über den Fußboden geschoben und wartet dort wie ein dressierter Hund auf seine nächste Anweisung.
    »Ja, Herr. Ich war ungezogen und musste dafür bestraft werden. Danke, Herr.«
    »Bitte, Horst. Und das nächste Mal leckst du alles brav auf, verstanden?«
    »Ja, Herr. Das werde ich.«
    »So, und nun mach schön brav Platz, Horst.«
    Und Horst macht schön brav Platz.
    »Aufgeleckt?«, fragt Falco interessiert. »Was hat er denn nicht brav … Aua.«
    Gerade schaffe ich es noch, meinen Ellbogen in seine Seite zu rammen, und flüstere ihm zu: »Wir fragen besser nicht, Falco. Ich möchte gar nicht wissen, was Horst nicht zur Gänze aufgeleckt hat.«
    Sergio holt derweil einen schwarz lackierten Fressnapf hinter dem Kassenbereich hervor. In diesen schüttet er den Rest seines Proseccos und stellt ihn vor Hündchen Horst auf den Boden, der sogleich damit beginnt, aus dem Napf zu schlabbern.
    »Okayyyy …« Ich nicke mit dem größtmöglichen Verständnis, das ich aufbringen kann. »Ihr habt also einen eigenen Sklaven im Laden.«
    »Ja, Horst besucht uns schon seit über vier Jahren, immer wenn er Lust und genug Geld hat.«
    »Er bezahlt dafür?«
    »Natürlich, was denkst du denn?«
    Ich kann es kaum glauben. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    »Nein, das ist mein Horst.« Sergio lacht in schrillen Tönen, und wir exen das nächste Gläschen. Es mag an dem Weihrauch, Horst oder den vierunddreißig Grad Raumtemperatur liegen. Jedenfalls dreht sich die Plörre ordentlich im Oberstübchen. Falco

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