Linksträger: Roman (German Edition)
versuche sofort ein Ablenkungsmanöver, damit Jana sich nicht noch weiter in Noras Pulli verstrickt.
»So, und ihr zwei heiratet also schon nächste Woche. Ihr verliert ja keine Zeit, was?«
»Ja, Falco hat einen Bekannten beim Standesamt, der hat uns spontan den Termin besorgen können. Außerdem wollten wir auch wegen des Kinds nicht länger warten und Köpfe mit Nägeln machen.«
Köpfe mit Nägeln? O Mann, die hat echt ’nen Schuss. Ich gable mir ein wenig Reis auf, während Herr Schwanz seiner Zukünftigen zustimmt.
»Wir haben uns auch schon vorab wegen des Namens entschieden.«
O Gott, bitte nicht. Tu mir das nicht an. Ich breche sonst ab.
»Wir werden einen Doppelnamen tragen. Ich werde also bald Falco Schwanz-Gurke heißen.«
Zu spät. Pffff .
Unzählige Reiskörner werden wie mit einem Katapult aus meinem Mund quer über den Tisch geprustet. Schnell versuche ich, mich laut hustend dafür zu entschuldigen.
»Sorry.«
»Geht’s wieder, Robert?« Noras Naivität ist meine Rettung.
»Ja, danke. Habe mich nur an einem Reiskorn verschluckt.«
Nora nickt.
»Trink lieber schnell was. Ich hätte übrigens auch gern was. Habt ihr vielleicht Wasser?«, fragt Nora, und Jana greift hinter sich, um eine Flasche Sprudel zu reichen. Doch Nora winkt ab.
»Mit Kohlensäure geht leider gar nicht. Habt ihr nicht vielleicht auch stilles Wasser?«
»Da muss ich nachsehen.«
Jana steht auf und bekommt von Nora noch genauere Anweisungen.
»Es sollte aber auf Zimmertemperatur temperiert sein, sonst schlägt es mir auf den Magen. Das vertrage ich nicht wegen der Schwangerschaft.«
»Verstehe.«
»Und bloß kein Schweizer Wasser.«
Ich kann Jana durch die Wände der Küche schnauben hören.
»Natürlich. Unser Wasser kommt aus dem Odenwald. Wie sieht’s damit aus?«
»Na ja. Italienisches wäre besser. Italienisches Wasser ist nämlich ideal für werdende Mütter, das solltest du eigentlich wissen, Jana.«
Meine Freundin kommt zurück in unsere Runde, und ich sehe, wie die Zornesfalte auf ihrer Stirn anschwillt. Kein gutes Zeichen.
»Aha. Nein, das wusste ich bislang noch nicht.«
»Habt ihr italienisches Wasser?«
»Nein, ich denke nicht. Es sei denn, Robert war heute Vormittag noch mal schnell in Mailand.«
Nora schaut zu mir und scheint den Sarkasmus nicht bemerkt zu haben.
Ich schüttele den Kopf. »Nein, war ich nicht.«
»Schade. Falco kauft mir extra immer italienisches Wasser. Von den anderen bekomme ich Blähungen.«
Ich blicke zu Jana und erkenne, dass sie durch die Luft schnippt und die Karmaschere zum Einsatz bringt.
»Sag mal, was macht eigentlich Norbert?«
»Norbert? Mein Ex, dieser Casanova?«
»Ja. Ist er auch noch in Apolda?«
»Allerdings«, bekräftigt Nora. »Aber er hat sich kein bisschen verändert. Der vögelt immer noch alle drei, die nicht bei ihm auf dem Baum sitzen.«
O Mann. Wieder so eine verhauene Floskel. Das halte ich kein Wochenende aus. Ich greife schnell nach dem Glas Wasser vor mir. Wenn Nora mit ihren falschen Zitaten so weitermacht, sterbe ich den Heldentod.
»Ich dachte, er wollte ins Ausland gehen, wenn er genug Kohle verdient hat«, fragt Jana weiter.
»Ach, da verdient mein Brummelbärchen aber mehr.«
Ich stelle das Glas verblüfft zurück auf den Tisch.
»Als Besamer?«
»Falco arbeitet ja nicht nur als Besamer, sondern ist auch schon bald stellvertretender Vertriebsleiter von Deutschlands größtem Stutenmilchprodukthersteller.«
»Ach Gürkchen«, Falco schüttelt affektiert den Kopf, »das ist doch noch geheim.«
»Quatsch. Den beiden können wir das ruhig erzählen.«
»Stimmt. Also, ich bin da über einen Onkel reingekommen. Der Name Schwanz hat in der Branche einfach einen guten Namen.«
»Im Besamer-Business?«, versuche ich, so ernst wie möglich nachzufragen. Es gelingt mir nicht wirklich.
»Genau. Und nun wird ein neuer Vertriebsleiter für die Stutenmilchprodukte gesucht. Das Geschäft boomt gerade. Ihr werdet es nicht glauben, was man damit alles heilen und bekämpfen kann. Stutenmilch ist so unfassbar gesund. Der Tee hilft bei Magenverstimmungen. Der Balsam bei Neurodermitis und Juckreiz.«
»Genau«, bestätigt Nora. »Jana, dir würde ich zum Beispiel eine gemischte Nachtcreme aus Stutenmilch und gehobeltem Weinlaub empfehlen, damit du nicht so müde aussiehst.«
Meine Freundin schaut geradezu überwältigt von so viel Fürsorge drein. Es kann aber auch der angespannte Geduldsfaden sein, der zu reißen droht.
»Klingt
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