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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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ich zugenommen habe? Also nicht nur wegen der Schwangerschaft. Auch so …«
    Auch so? Was ist denn das für eine Frage?! Wie soll man denn erkennen, was Schwangerschaftskilos und was klassisch erworbenes Gewicht ist? Und selbst wenn man es wüsste, was ist die richtige Antwort?! Ich entscheide mich für den Klassiker.
    »Ach Quatsch. Du siehst toll aus.«
    »Ach ja?«
    »Ja.«
    Wir gehen weiter, doch die Sprechpause ist von trügerischer Stille.
    »Wie gut sehe ich aus? Im Vergleich.«
    »Im Vergleich zu was?«
    »Sagen wir mal im Vergleich zu … einem Auto.«
    »Einem Auto?«
    »Ja, los, sag schon! Angenommen, ich war vor der Schwangerschaft ein Ferrari, was bin ich jetzt? Und sei ja ehrlich.«
    Ein Mann weiß, dass er in solch einer Situation nur verlieren kann. Dennoch versuche ich mein Bestes und durchforste mein Hirn nach einem zutreffenden Personenkraftwagen. In Gedanken blättere ich die letzten drei Ausgaben der AUTO BILD durch. Was wirklich Passendes ist nicht dabei.
    »Ein Auto also. Hm. Okay.«
    »Boah, du musst echt so lange überlegen?«
    »Ist ja schon gut. Setz mich nicht unter Druck. Du bist ein … ein … Mercedes.«
    »Ein Mercedes. Okay. Und warum?«
    »Weil du wie ein Stern bist.«
    »Aha.«
    Nicht schlecht, Robert. Das war geradezu philosophisch. Ein Stern , echt gut. Zum Glück ist mir als erste Automarke nicht Renault eingefallen, der anschließende Vergleich mit einer Raute hätte für Gesprächsstoff gesorgt. Wir gehen schweigend für handgestoppte zwanzig Sekunden weiter.
    »Limousine oder Transporter?«
    Es wäre ja auch zu schön gewesen. Ich antworte spontan, was in solch einer Situation nie gut ist.
    »Äh … Geländewagen.«
    »Ein Geländewagen?« Jana bleibt mit offenem Mund stehen. »Willst du mich verarschen?«
    Das war jetzt nix, Robert. So gut deine Idee mit dem Stern auch war, so blöd ist es, seine Freundin als Geländewagen zu betiteln.
    »Nicht irgendein Geländewagen. Wie gesagt ein Mercedes … und zwar ein SUV mit ausgezeichnetem Design und trotz des kräftigen Motors mit guter Geländegängigkeit.«
    »Kräftiger Motor?« Jana schaut an sich herab. »Damit meinst du doch wohl nicht meinen Hintern, oder?«
    »Nein, dein Temperament. Die Power, die unter der Haube versteckt lauert. Ein Wolf im Schafspelz.«
    »Ich bin doch kein Schaf.«
    »Natürlich nicht.« Ich verharre und versuche, meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. »Aber du hast die Anmut und die Wärme von etwas Verletzlichem. Zugleich lodert tief in dir aber eben auch die Leidenschaft einer Wölfin.«
    »Aha. Aber du magst doch gar keine SUV s. Und ich bin einer. Sogar einer mit Power. Und wenn du keine SUV s magst, dann magst du mich ja auch nicht.«
    »Ich meinte das im übertragenen Sinne.«
    »Du magst mich also im übertragenen Sinne?«
    »Nein, ich mag dich sowohl im übertragenen als auch im sprichwörtlichen Sinn. Ich mag dich sogar in allen Sinnen. So wie du bist.«
    Jana zögert. Doch dann lächelt sie. »Na gut. Das klingt nicht schlecht. Es gibt da ein paar echt schöne SUV s. Und ich mag dich übrigens auch, so wie du bist.«
    »Danke, Jana. Können wir jetzt weiter?«
    »Ja.«
    Wir gehen die Straße entlang bis zur nächsten Ecke, als mir Jana einen Nachtrag zum Autothema ins Ohr säuselt.
    »Du wärst übrigens ein Twingo.«
    »Ein Twingo?« Nun bleibe ich brüskiert stehen. »Das ist ja nicht mal ein richtiges Auto.«
    »Doch, natürlich. Das war sogar mein allererstes Auto, und ich habe meinen Twingo abgöttisch geliebt. Der sah von vorne so süß mit seinen Scheinwerfern aus. Genau wie du, wenn du müde bist.«
    »Na danke. Ich sehe also aus wie ein müder Autoscheinwerfer.«
    »Moment. Der Twingo ist aber immer zu meiner vollsten Zufriedenheit gelaufen. Er konnte sogar richtig wild sein, wenn man ihn richtig zu fahren wusste.«
    »So, du willst also sagen, dass du gut mit Twingos umgehen kannst und die Kisten wirklich gerne fährst.«
    Anstelle einer Antwort deutet Jana nur auf ihren Schwangerschaftsbauch. »Ich will nie wieder etwas anderes fahren.«
    Ich möchte nicht nachtragend sein und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. »Okay, damit kann ich leben.«
    »Ich auch. Du bist mein Twingo, und ich bin also dein Geländewagen.«
    »Ein Geländewagen mit Stern.«

3 Ein Yak im Wartezimmer
    W ir sind da. Hier steht’s.« Ich deute auf das Messingschild neben den Türklingeln. »Frederike Kuhlig-Semmrau, ganzheitliche Schwangerschaftsbegleitung und -einleitung. Meditationscoaching,

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