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Linna singt

Linna singt

Titel: Linna singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Schwung von sich. »Ich bin mit ihm verheiratet und komme nicht an ihn heran. Wir schlafen sogar getrennt. Er meint, das sei besser, es würde die erotische Spannung zwischen uns bewahren, aber da ist keine Spannung! Nur eine negative! Er weist mich zurück. Ich bin seine Frau und er weist mich zurück, und als ich dann ein Konzert hatte und Tobi wiedertraf und er mich sofort spüren ließ, dass … Muss ich dir das wirklich erklären?« Ich schüttele den Kopf, doch sie redet schon weiter. »Jules macht mir einen Antrag, spricht von Familie und Kindern, wir heiraten, verleben unsere Hochzeitsnacht und fahren in die Flitterwochen, alles wie in einem Kitschroman, aber – er ist nie bei mir. Er sitzt neben mir, doch er ist nicht da. Er tut alles für mich, er sorgt für mich, er zahlt Rechnungen und wechselt ungefragt die Reifen an meinem Auto oder kauft für uns ein, aber er ist nicht da. Er ist bei dir! Er denkt immer nur an dich, jede Minute, jede Sekunde! Und kaum seht ihr euch wieder, schmeißt du dich an ihn heran und –«
     
    »Ich schmeiße mich an niemanden heran«, unterbreche ich sie gallig.
    »Aber wo ist Jules dann? Wo?«, schreit Maggie.
    Am anderen Ufer, könnte ich jetzt sagen, aber Maggie kann mit meinem Humor nicht umgehen und ich könnte es in ihrer Situation auch nicht. Dieser Mann treibt sie in den Irrsinn.
    »Maggie! In Ordnung, du glaubst mir nicht. Ich muss trotzdem mit dir über Tobi sprechen. Irgendwas stimmt mit ihm nicht.«
    Maggie stöhnt fragend auf. »Was soll denn mit ihm nicht stimmen?«
    Abgesehen davon, dass er mit uns allen ein Schäferstündchen halten würde, denke ich und setze mich auf ihr Bett. »Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, mit ihm und Jules in eine Hütte in die Berge zu fahren? Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht«, sage ich, als sie mich ignoriert und stur an mir vorbei nach draußen in den Schnee blickt.
    »Das war seine Idee. Tobias hat sich das ausgedacht. Er fand es romantisch!«
    »Mit einer verheirateten Frau und ihrem Mann in die Berge zu fahren? Ohne Mann, das würde ich ja noch verstehen, aber mit Mann und anderen fremden Leuten?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass hier oben nichts läuft«, erwidert Maggie patzig und wirft ihre Locken zurück. »Dass wir dann nur als Freunde zusammen sind. So wie am Anfang, als ich ihn kennengelernt habe. Tobi wusste ja, dass ich verheiratet bin, und er hat auch nie versucht, mich zu einer Beziehung zu überreden, das will er gar nicht, für ihn gibt es so etwas nicht. Monogame Beziehungen. Er ist wie ein Hippie, verstehst du?«
    Ein Hippie? Nein, einen Hippie habe ich mir immer anders vorgestellt. Aber mir ist klar, worauf Maggie anspielt.
    »Ich dachte, hier oben wird alles besser«, setzt sie hinterher, als ich nichts antworte, weil ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. »Wenn wir wieder Musik machen. Dass alles so wird wie früher.«
    »Aber früher warst du noch gar nicht mit Jules zusammen«, erinnere ich sie. »Das passierte erst nach der Bandauflösung.«
    »Ja. Richtig. Doch irgendwie war ich näher an ihm dran als jetzt.«
    Nein, das war sie nicht. Sie hatte nur die Möglichkeit, davon zu träumen, ihm nahe zu sein. Und das war mehr, als sie jetzt noch hat. Ihr ist nichts weiter geblieben als ein aussichtsloser Kampf, in dem sie nur verlieren kann. Sich selbst, nicht ihn. »Und dann nimmst du mich mit ins Boot? Obwohl du denkst, ich wolle deinen Mann haben?«
    »Es ging doch nicht anders! Sie wollten dich, das stand explizit im Angebot! Außerdem waren wir mit dir am besten und ich habe gehofft, dass du inzwischen einen Freund hast oder ihr euch nicht mehr versteht oder … ach …« Maggie zieht schniefend die Nase hoch und versucht, einen weiteren Schluchzer zu unterdrücken. »Vielleicht wollte ich auch nur endlich die Wahrheit herausfinden und nun kenne ich sie ja. Ihr liebt euch. Also bekennt euch dazu und hört auf mit den Versteckspielchen.«
    »Das tun wir nicht. Höchstens als Freunde. Du kannst Jules nicht nahe sein und ich kann es auch nicht. Keine Frau kann das. Es ist nicht deine Schuld. Verstehst du?«
    Sie ist mit einem Mal still geworden und hebt zögernd ihren Kopf, um mich aus verquollenen Augen anzusehen, beinahe hoffnungsvoll. Ahnt sie etwa, was ich meine?
    »Du kannst nichts dafür. Gar nichts. Es liegt nicht an dir«, wiederhole und variiere ich meine Worte wie ein klärendes Mantra. »Es ist sinnlos, um ihn zu kämpfen. Jules ist … er … Er ist schwul.« Jetzt ist es raus,

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