Lions - Hitze der Nacht
erntete ein langes Schweigen. Einen Moment lang dachte sie, die Frau hätte aufgelegt. »Es gehört meiner Familie.«
Dez biss sich auf die Wangen, um nichts Dummes zu sagen. Eine effektive Technik, die sie vor Jahren gelernt hatte. »Dann sind Sie eine Brutale?«
»Ja. Gina. Gina Brutale. Kommen Sie um halb zwölf. Sagen Sie dem Kerl an der Tür, dass Sie mit mir verabredet sind. Nennen Sie ihm Ihren Namen, aber sagen Sie nicht Detective … und versuchen Sie, nicht wie ein Cop auszusehen.« Brutale legte auf.
Dez schloss ihr Handy und warf einen Blick auf die Uhr neben ihrer 45er auf ihrem Nachttisch. Das passte gut. Abendessen mit Mace um acht. Dass sie sich um halb zwölf um die Arbeit kümmern musste, würde sie von einer monumentalen Dummheit abhalten. Wie zum Beispiel in Maces Hotelzimmer mitzugehen oder ihm auf der Restauranttoilette einen zu blasen. Oder so etwas.
Mace drehte sich auf dem King-Size-Bett um und vergrub das Gesicht im Kissen. Die Stimme dieser Frau war noch sein Tod. Zu wissen, dass sie so klang, wenn sie aufwachte, verwandelte sein Ding in ein Bleirohr. Er konnte es nicht erwarten, das selbst zu erleben. Aufzuwachen, wenn Dez neben ihm knurrte. Er würde es auch irgendwann erleben. Er hatte zu lange darauf gewartet. Auf sie. Sie hatte einfach keine Ahnung, was sie mit ihm anstellte. Die hatte sie nie gehabt.
Mace schlief wieder ein und träumte von sich und Dez.
Und von Dez’ Handschellen …
Dez stand neben ihrem Partner, während sie auf den Rechtsmediziner warteten.
»Vergiss nicht, MacDermot. Du bist nicht hier.«
»Nee. Im Moment singe ich irgendwo Weihnachtslieder.«
»Wollen wir es mal nicht übertreiben.«
John Michaels, einer der besten Rechtsmediziner der Stadt, drückte die Schwingtür auf. »Gut. Ihr seid beide hier.« Er machte ihnen ein Zeichen, und sie folgten ihm hinein. Alexander Petrovs nackter Leichnam lag auf einem Metalltisch.
»Ich will euch etwas zeigen. Hier.« Er deutete auf die Kehle des Mannes, und sowohl Dez als auch Bukowski beugten sich vor und untersuchten die Stelle.
»Was ist das?«
»Krallenspuren.«
Dez runzelte die Stirn. »Von einem Hund?«
»Ziemlich große Krallen für einen Hund, wenn ihr mich fragt. Außerdem stimmt da etwas nicht.«
»Was meinst du?«
Er winkte sie heran, und Dez stellte sich vor ihn.
»Wenn ein Tier ihn an der Kehle gekratzt hätte, hätten wir drei bis vier Kratzer hier gefunden.« Er tippte auf eine Seite von Dez’ Hals. »Oder hier.« Er tippte auf die andere. »Oder auf beiden Seiten.«
»Okay.«
»Aber was ich an diesem Opfer gefunden habe, ist ganz anders.«
»Was zum Beispiel?«
»Quer über seine Kehle verläuft ein Bluterguss. Vier Klauenspuren auf der linken Halsseite und eine auf der rechten. Was auf Folgendes schließen lässt …« Er legte Dez seine langen Finger um die Kehle. Vier auf einer Seite, den Daumen auf der anderen. »Und jetzt reißen Sie sich von mir los, Detective.« Dez tat es, und Michaels’ behandschuhte Finger glitten schmerzfrei über ihre Haut.
Die beiden sahen sich an. »Ach du Scheiße.«
Bukowski stand neben ihnen. »Ich kapier’s nicht. Was hab ich verpasst?«
Dez sah ihren Partner an. »Wie viele Tiere kennst du, die Daumen haben?«
Dez und Bukowski standen an der Straßenecke und sie streifte sich Handschuhe über. Als Bukowski eine Zigarette hervorzog – was äußerst selten vorkam –, wusste sie, dass er am Durchdrehen war. »Was ist los mit dir?«
»Beunruhigt dich die ganze Sache nicht im Geringsten?«
»Nee.« Dez schüttelte den Kopf. »Ein richtiges Rätsel, das wir lösen müssen. So etwas liebe ich. Wahrscheinlich ist es irgendein Spinner, der einen Handschuh mit Krallen trägt oder so etwas.«
Bukowski lächelte. »Du bist seltsam, MacDermot.«
»Das sagen meine Schwestern auch immer.«
»Wo willst du jetzt hin?«
Dez zog ihren Notizblock aus der hinteren Hosentasche und ging ihre Liste durch. »Einkaufen für die Familie … das wird ein Spaß. Muss auch noch diese verfluchten Kuchen bestellen. Abendessen mit Mace. Und ein Treffen mit Gina Brutale.«
»Gina Brutale? Warum triffst du dich mit ihr?«
»Sie sagt, dass sie Informationen über Petrov hat.«
»Dez, du sollst dich nicht mit Informanten treffen. Du solltest nicht einmal hier sein.«
»Sie hat mich angerufen. Wenn du stattdessen dort auftauchst, finden wir gar nichts heraus. Keine Sorge, wenn ich etwas richtig Interessantes erfahre, sage ich dir sofort Bescheid. Okay?«
»Sei
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