Lippels Traum (German Edition)
verschwunden.
»Bei Allah, er ist wirklich weg!«, sagte Hamide erschrocken. »Wo kann er nur sein? Sollen wir ihn suchen?«
»Wir warten lieber«, sagte Lippel. »Bestimmt kommt er zurück.«
»Und wenn nicht?«
»Asslam kommt wieder«, sagte Lippel tröstend. »Ganz bestimmt.«
»Lippel«, sagte Hamide nach einer Pause. »Lippel, wir haben uns gar nicht bei dir bedankt.«
»Bedankt? Wofür?«, fragte er.
»Für deine Zauberschau. Und für das viele Geld, das du für uns verdient hast. Ohne dich hätten wir auf der Straße übernachten müssen.«
»Na ja, war ja nicht so schwer, mit der Taschenlampe …«, sagte Lippel verlegen.
»Woher hast du sie eigentlich, diese Wunderfackel?«
Lippel sagte: »Ach, die habe ich beim Elektrohaus Utz in der Schillerstraße – ich wollte sagen – ich meine …«
Lippel wurde immer verwirrter. Seltsam: Wo gab es denn hier im Morgenland ein Elektrogeschäft? Die Schillerstraße war doch … Wo war die nur?
»Ich meine – ich wollte sagen …«, stammelte Lippel.
Die Schillerstraße war doch rechts neben der Schule. Schule? »Ich …«, sagte Lippel – und wachte auf.
Er war zu Hause, in seinem Bett.
Neben ihm, auf dem Kopfkissen, lag sein Turban. Er war ihm beim Schlafen vom Kopf gerutscht. Lippel schaute hinein: Leider war der Turban leer, nicht eine einzige Münze lag darin!
Donnerstag
Ein ungewöhnlicher Morgen
Lippel setzte sich auf und blickte auf seine Armbanduhr. Es war Viertel vor sieben. Das war genau die Zeit, zu der ihn Frau Jakob sonst immer weckte.
Er saß noch ein paar Minuten auf dem Bettrand und wartete darauf, aufgeweckt zu werden. Aber als Frau Jakob nach fünf Minuten immer noch nicht gekommen war, stand er auf, um zum Badezimmer zu gehen.
Als er am Elternschlafzimmer vorbeikam, wo Frau Jakob schlief, stürzte Frau Jakob heraus.
Sie war ganz aufgeregt und band mit zitternden Händen ihren Morgenmantel zu, während sie rief: »Philipp! Um Himmels willen, ich habe verschlafen! Mein Wecker ist stehen geblieben. Wie spät ist es denn? Hast du eine Uhr? Was machen wir denn nur?!« Ihre Haare, die sonst immer so wohl frisiert wa-ren, hingen ihr ins Gesicht.
»Alles nicht so schlimm, Frau Jakob! Ich bin ja aufgewacht. Es ist noch nicht einmal sieben«, beruhigte Lippel sie.
»Da fällt mir ein ganz großer Stein vom Herzen!«, sagte Frau Jakob erleichtert. »Was werden deine Eltern sagen, wenn sie das erfahren! Dass mir so etwas passieren muss!«
»Meine Eltern erfahren das sowieso nicht. Und wenn doch, wäre das auch nicht schlimm. Ich komme ja gar nicht zu spät«, sagte Lippel.
»Du bist ein lieber Junge, Philipp«, sagte Frau Jakob und strich ihm über den Kopf. »Ich gehe gaaanz schnell ins Bad, ja? Nur zwei Minuten, dann darfst du hinein.«
Vielleicht ist Frau Jakob doch nicht so übel, dachte Lippel, als er wartete. Eigentlich ist sie eben richtig nett gewesen!
Doch als sie fünf Minuten später aus dem Bad kam, war sie wieder ganz wie sonst. Ihre Haare waren frisiert, ihr Morgenmantel zugeknöpft und sie hatte auch die gleiche sachliche Stimme wie sonst, als sie sagte: »So, du kannst nun ins Bad, Philipp! Beeil dich, du weißt, du hast nicht viel Zeit! Putz dir die Zähne! Ich gehe schon nach unten und mache das Frühstück.«
Zum Frühstück aß Lippel wie gewöhnlich seinen Jogurt. Und da Frau Jakob auch heute an den Sammelpunkt gedacht hatte, wurde seine Sammlung wieder um zwei Punkte reicher. Vielleicht würde er bis zum Ende der Woche doch hundert Punkte zusammenhaben!
»Soll ich dir wieder ein Pausenbrot machen wie gestern?«, fragte Frau Jakob.
»Lieber zwei!«
»Zwei?! Siehst du, man muss Kindern nur das Richtige anbieten. Ein echtes Pausenbrot ist tausendmal besser als so ein Schoko-Knacky.«
»Schoko-Cracky!«, verbesserte Lippel.
»Wieder mit Butter?«
»Lieber mit ganz viel Wurst«, sagte Lippel. Wurstbrote würden Muck bestimmt noch besser schmecken als Butterbrote!mm
»Wurst ist gut, Wurst gibt Kraft. Langsam kommst du auf den Geschmack!«, lobte ihn Frau Jakob. »Und vergiss nicht wieder, deinen Regenmantel mitzunehmen. Gestern hast du ihn vergessen.«
»Gestern hat es ja auch gar nicht geregnet!«, sagte Lippel.
»Aber heute Nacht!«, entgegnete Frau Jakob.
»Ich mag keinen Regenmantel anziehn«, maulte Lippel.
»Meinetwegen. Ich werde ja nicht nass«, sagte sie und ließ ihn gehen.
Lippel schaute sich auf dem Weg zur Schule ständig nach Muck um und rief nach ihm. Aber von Muck war nichts zu sehen. So
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