Lippels Traum (German Edition)
Kommst morgen?«, fragte Arslan.
»Du meinst mit zu euch? Ja, gern«, antwortete Lippel. »Wann soll ich denn kommen? Wo wohnt ihr überhaupt?«
»In der Bahnhofstraße«, sagte Hamide.
»Kann ich allein sagen!«, sagte Arslan. »In Bahnhofstraße.«
»Ach, in der Bahnhofstraße«, sagte Lippel. »Und wann soll ich also kommen?«
»Komm mit zu Essen«, schlug Arslan vor.
»Ja, zum Mittagessen. Ich sag es unserer Mutter«, sagte Hamide.
»Zum Mittagessen? Warum nicht!« Lippel gefiel die Idee. »Aber nur, wenn es keine Tomaten gibt!«
»Tomaten nicht? Sage ich unserer Mutter«, versprach Hamide.
Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Lippel sagte: »Jetzt muss ich aber nach Hause!«
Hamide schaute zum Himmel und sagte: »Ja, gehen wir. Es regnet nämlich gleich. Komm, Arslan!«
»Wiedersehn! Bis morgen!«, sagte Lippel.
»Güle güle«, antwortete Arslan.
»Was meinst du?«, fragte Lippel erstaunt.
»Güle güle!«, sagte Arslan lachend. »Güle güle!«
»Güle güle? Was soll das heißen?«, fragte Lippel.
»Das ist ein türkischer Gruß«, erklärte ihm Hamide.
»Ach so. Güle güle«, sagte Lippel.
Und die drei gingen in verschiedene Richtungen auseinander.
Muck sorgt für Aufregung
In der Friedrich-Rückert-Straße kam Lippel drüben, auf der anderen Straßenseite, ein brauner Hund entgegen. Lippel blieb stehen: Es war Muck.
»He, Muck! Wo kommst du denn her?«, rief er.
Muck überquerte die Straße, begrüßte Lippel durch Schwanzwedeln und beschnupperte ausgiebig Lippels Schultasche.
»Na, dann wollen wir doch mal nachgucken, ob wir etwas für dich finden!«, sagte Lippel und stellte die Schultasche auf den Bürgersteig.
Er machte es sehr spannend, öffnete sie langsam und tat so, als ob er erst lange suchen müsste. Muck schaute aufgeregt zu. Schließlich war Lippel so gnädig, in die rechte Innentasche zu fassen und die Brote herauszuholen. Langsam zog er das Papier ab, teilte das erste Brot in zwei Hälften und warf Muck die eine hin.
Muck stürzte sich darauf und verschlang sie.
Dann bekam er die zweite Hälfte, die erste Hälfte vom zweiten Brot, dann, ja dann fing es mit einem Mal heftig an zu regnen.
Lippel machte die Schultasche zu, damit seine Hefte und Bücher nicht nass wurden, warf Muck das letzte Stück Brot zu, hielt die Büchertasche als Regenschutz über den Kopf und verabschiedete sich schnell von Muck. »Bis morgen, Muck!«, rief er und rannte los.
Muck verschlang erst noch das Wurstbrot, dann kam er hinterhergelaufen.
Gerade, als Lippel stürmisch an der Haustür klingelte, hatte Muck ihn eingeholt.
Frau Jakob öffnete die Tür und sagte vorwurfsvoll: »Das kommt davon, wenn man ohne Regenmantel …«
Weiter kam sie nicht.
Denn ehe Lippel begriff, was geschah, hatte sich Muck mit ihm durch die Haustür gedrängt und stand im Flur.
»Geh hinaus! Marsch!«, rief Frau Jakob. (Das galt Muck.)
»Wie kannst du nur so ein Vieh mit ins Haus bringen!« (Das galt Lippel.)
Lippel sagte: »Ich habe ihn gar nicht mitgebracht. Er ist von alleine gekommen.«
Muck kümmerte sich nicht um Frau Jakob.
Zuerst schüttelte er sich so heftig, dass die Wassertropfen aus seinem Fell bis zur Decke sprühten. Dann lief er ohne viel Umstände ins Wohnzimmer, tappelte mit seinen schmutzigen Pfoten über den hellen Teppich und sprang mit einem eleganten Satz in den Sessel, in dem Frau Jakob immer saß, wenn sie telefonierte. Dort drehte er sich ein paarmal um sich selbst, schubste mit seiner Schnauze ein Kissen zur Seite und legte sich mit einem behaglichen Seufzer nieder.
Frau Jakob hatte dem Hund einen Augenblick lang völlig verblüfft hinterhergestarrt. Nun flitzte sie ihm nach, stellte sich vor dem Sessel auf und schrie: »Raus hier! Wirst du wohl aus dem Sessel gehn! Marsch! Raus!«
Muck hob den Kopf ein wenig und blickte ihr erstaunt ins Gesicht. Da sie es nicht wagte, ihn anzufassen, blieben ihre Worte leider ohne große Wirkung. Muck legte seinen Kopf wieder auf die Vorderpfoten und deutete damit an, dass er ein kleines Schläfchen halten wolle.
Lippel war hinterhergekommen.
»He, Muck, das kannst du wirklich nicht machen!«, sagte Lippel vorwurfsvoll. »Schau dir den Teppich an! Los, komm runter!«
Er fasste Muck am Nackenfell und versuchte ihn aus dem Sessel zu ziehen. Das verstand der Hund besser. Er sprang auf den Teppich und schaute Lippel an, als wollte er fragen: »Und nun? Was soll ich jetzt tun?«
»Komm mit!«, befahl Lippel. »Komm!«
Er öffnete die
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