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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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nichts zu berichten. Alles ganz normal.«
    »Das ist lächerlich. Kein Leben verläuft ganz normal.«
    Entweder besaß Jan keinen Humor, oder es war ihm wirklich vollkommen egal, daß ich auf seinen Beruf angespielt hatte.
    »Doch!« entgegnete ich. »Normal gebaut, normal begabt, normal begehrt.«
    Man staune! Mein Kaffeemittrinker ließ sich zu einem Lächeln hinreißen und schüttelte dabei unmerklich seinen Kopf.
    »Ich kenne dich noch nicht gut genug, um Punkt eins und zwei beurteilen zu können, aber Punkt drei …«
    Er sah mich wieder mit seinem Aufreißerblick an, schläfrig und ernst und mit einer gehörigen Portion Lüsternheit. Genießen oder sich ärgern? Ich wollte mich nicht so schnell geschlagen geben, schon gar nicht in der Öffentlichkeit, und so fragte ich ihn, auch um uns beide ein wenig abzukühlen, nach seinen orthopädischen Schuhen.
    »Was reitest du immer auf diesem Thema herum?«
    »Ach. Dein wunder Punkt also?«
    »Gar nicht.« Er nippte an seiner Tasse, ohne mich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Nur, Geld und Geschäfte machen die Stimmung kaputt.«
    »Bringen deine Schuhe dir denn so viel Geld ein?« fragte ich, obwohl mich viel brennender interessierte, wie er ausgerechnet an so einen Job geraten war.
    »Es reicht. Können wir nicht von etwas anderem reden?« Mit seinen schlanken Fingern strich er die Zuckerreste auf dem Tisch zu einem Häufchen zusammen.
    »Nein. Können wir nicht. Wie kommt man dazu?«
    »Familienbetrieb.« Einen kurzen Moment lang hatte ich den Eindruck, er wolle noch etwas sagen, doch dann senkte er kurz entschlossen den Kopf, um den Zucker mit aller Konzentration wieder auf der Tischplatte zu verteilen.
    Ich verstummte ebenfalls und dachte ernsthaft darüber nach, ob ich mich in das Heer der Geliebten eines Familienbetriebs-Mitarbeiters einreihen wollte. In der Tat fragte ich mich nämlich mittlerweile, woher sein Charisma eigentlich rührte – bei dem beruflichen Werdegang. Abi, BWL, und Papi wartete schon darauf, daß Sohnemann in seine Fußstapfen trat.
    »Hast du keinen Kommentar parat?« fragte Jan jetzt, weil er wohl ahnte, was ich von Papisöhnchen hielt.
    Ich stützte beide Ellenbogen auf und legte mein sarkastischstes Lächeln auf: »Doch. Klingt ziemlich spannend.«
    Eine knappe halbe Stunde später saßen wir im Taxi, das uns in meine Pension bringen sollte. Ich hatte ja schon vorher gewußt, was mein Verehrer trieb, aber mir den Kram im einzelnen anzuhören, machte die Sache und vor allem ihn nicht gerade reizvoller. Insgeheim hoffte ich, daß ich vielleicht schon wieder dabei war, mich ein wenig zu entlieben.
    »Welchen Stellenwert hätte ich denn bei dir als Geliebte?« fragte ich aus einer Laune heraus.
    »Ameisenkönigin.« Jan grinste mich schräg von der Seite an, was meinen Abwehrkokon an ein paar Stellen aufreißen ließ. »Du würdest endlich fliegen lernen.«
    »Du bist dir deiner Sache ja ganz schön sicher«, sagte ich, während der Kokon immer weiter aufplatzte.
    »Ich bin mir sicher, daß wir zusammengehören …«
    »Schmeichler.«
    » …auch wenn dir Gesundheitsschuhe und Sandalen nicht so liegen.«
    Automatisch schaute ich wieder an ihm runter und entdeckte erst jetzt, daß seine Sandalen spiegelblank geputzt aussahen.
    »Den Schuhputzer in der Altstadt ausgebeutet?« fragte ich provozierend.
    »Bei hundert Prozent Trinkgeld kann man wohl kaum von Ausbeutung reden.«
    »Trotzdem würde ich mich schämen, einen Menschen auf den Knien vor mir hin und her robben zu lassen, nur zu dem Zweck, daß er meine häßlichen Sandalen säubert.«
    »Es ist sein Job. Er lebt davon.«
    »Ja, von den Reichen und Schönen.«
    »Hier in Lissabon läßt sich alle Welt die Schuhe putzen.«
    »Ekelhaft und erniedrigend.«
    »Ist es weniger erniedrigend, den Fernsehbossen die Füße zu lekken und ihnen banale Dialoge zu liefern?«
    Ich drehte mich um und scheuerte Jan eine.
    »Stop!« rief ich dem Taxifahrer zu.
    Ich war so geladen, daß mein Kokon ganz aufging und ich wie eine Furie heraussprang.
    Statt mit dem nächsten Taxi zur Pension zu fahren, ging ich ins »Nicola« und kippte mir einen Wein rein, der meinen Schädel sanft zum Klingen brachte. Männer waren überflüssiger als ein Hundehaufen am Straßenrand – das sollte mein Motto für alle Zeiten werden. Wie ich sie haßte, diese minderbemittelten Schaumschläger, die sich ihre Gespielinnen sonstwohin bestellten!
    Ich schnaubte und wütete und trank und war mir bei alldem nicht

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