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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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mit dem anderen zu tun? Und warum sollte Hans überhaupt alles über mich wissen?
    »Ich würde gern mitkommen«, sagte ich, indem ich mir mit beiden Händen den Vernaccia schnappte und uns einschenkte. Hans strahlte. »Hängt allerdings von meiner Arbeit ab«, räumte ich ein.
    Hans’ Strahlen ging jetzt in ein dezentes Grinsen über. »Dann setz mal alle Hebel in Bewegung!«
    »Wenn das so einfach wäre! In der Fernsehbranche bist du den Produzentenhaien, Dramaturgen, Autoren vom Dienst und Redakteuren vom Sender auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Die können mit dir machen, was sie wollen, und finden sich allesamt so wichtig, daß sie ständig ihren Senf dazugeben müssen.«
    »Ja und? Was hat das mit ein paar Urlaubstagen in Italien zu tun?«
    »Ganz einfach. Ich kann mich nicht festlegen. Vielleicht kommt einer dieser Heinis gerade dann auf die Idee, mich was umschreiben zu lassen, wenn wir schon auf gepackten Koffern sitzen.«
    »Wie hält man so was bloß aus?« Hans hielt sein Glas mit der linken Hand gegen das Licht; wahrscheinlich machte er gerade so eine Art Farbtest.
    »Entweder gar nicht, oder man läßt sich ein dickes Fell wachsen oder setzt gleich die Haßkappe auf.«
    »Und was tust du?«
    »Ich trinke mir gerade eine Speckschicht an. Alkohol macht doch fett, oder?« Ich prostete Hans zu, er gefiel mir ausgesprochen – neues Outfit, neue Liebe, so einfach war das!
    Kaum hatten wir unseren Espresso ausgetrunken, schlug Hans vor, den Grappa bei ihm zu trinken. Er habe einen ganz besonderen, einen Montalcino. Mir sagte das zwar nicht viel, aber wenn es ihm gefiel, mir stolz seine Grappasammlung vorzuführen …
    Im Auto kriegte ich dann plötzlich meine Zweifel. Wie seine Hände kräftig und nicht besonders gepflegt auf dem Steuerrad lagen – Jan dagegen hatte schmale Finger mit akkurat gefeilten Nägeln. Für den Bruchteil einer Sekunde sagte mir mein Verstand, laß es lieber bleiben.
    Aber zu spät. Das Auto rollte durch Nacht und Nebel, und der Dusel in meinem Kopf war stark genug, um alles zu verdrängen, was auch nur im entferntesten nach Problematisieren roch. Ich wollte mich anlehnen und fallenlassen und um Himmels willen keine Vergleiche anstellen!
    Der Sex nach dem Montalcino-Grappa war okay. Nicht berauschend, aber solide. Oberes Mittelmaß – was hatte ich also für einen Grund zu meckern? Das Bett war frisch bezogen, die Wohnung aufgeräumt, und im Bad standen lauter leckere Tiegel und Duftwässerchen. Das sprach doch eindeutig für Hans. Ich war mir sicher: Er würde mich auf Händen tragen, und wo ein Jan nur dann und wann mal eine Postkarte schrieb oder mich so heftig auf roten Plastiksitzen vernaschte, daß ich einen Muskelkater bekam, war Hans mit Sicherheit derjenige, der einen auch noch nach der ersten Verliebtheit vom Bahnhof abholte, dessen Kühlschrank immer gefüllt war, der das Frühstück ans Bett servierte und sogar den Orangensaft frisch preßte.
    Kein Muskelkater. Bleierne Tage ohne jeden Pep. Der Serien-Schäfer hatte sich noch nicht gemeldet, Ralf Witthusen ebenfalls nicht, Hans arbeitete rund um die Uhr, und bevor ich in einemSumpf aus Depressionen und Langeweile versank, zwang ich Greta, mir beim Geldausgeben zu helfen, was sie selbstverständlich gern tat.
    Sie packte ihr Mäxchen in den Buggy, und so stiefelten wir los, um uns Tische anzusehen. Schon lange war mir die Einrichtung unseres sogenannten Gemeinschaftszimmers ein Dorn im Auge gewesen. Ein häßlich abgestoßener Sperrmülltisch, dazu das alte beigeorange gemusterte Sofa und ein abgeschabter Cordsessel – aus. Kein Wunder, daß unsere Beziehung den Bach runtergegangen war.
    Da die üblichen Möbelhäuser für alle Beteiligten und besonders für Mäxchen eine Zumutung gewesen wären, begaben wir uns gleich auf einen Streifzug durch kleine Designergeschäfte und Antiquitätenläden. Trotzdem eine nervenaufreibende Angelegenheit: Entweder waren die Tische zu teuer oder zu häßlich, oder sie hatten einfach nicht die richtige Größe. Mäxchen knurrte. Kaffeetrinken im Stehen.
    »Das wird doch nie was!« jammerte ich.
    »Wir finden schon einen«, beruhigte mich Greta, und Mäxchen knöterte zustimmend eine Runde.
    »Mein ganzes Leben ist im Arsch.«
    »Und meins?« Greta sah mich traurig an, und ich fühlte mich auf einmal ziemlich schäbig. Natürlich hatte ich keinen Grund, mich so aufzuführen. Im Vergleich zu mir war ihre Situation doch viel auswegloser. Ein Mann, den sie schon seit langem nicht mehr

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