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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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mir ins Bett, um dann den Gipfel allen Fidelseins von mir zu fordern.
    »Du bist wahnsinnig«, raunzte ich ihn an und drehte mich um.
    »Ich dachte ja nur«, sagte Hans.
    Es war mir so ziemlich egal, was Hans dachte. Zwar war ich mit ihm in die Toskana gefahren, aber nicht mit der Auflage, ihm stets zu Diensten zu sein. Vielleicht wäre es wirklich das beste, mit Greta ein gemächlich-beschauliches Leben zu fuhren und Sex einfach sein zu lassen.
    Am nächsten Morgen versuchte er es noch einmal, was mich zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal in meinem Leben dazu brachte, Migränepatientin zu spielen. Hans zog sich augenblicklich in sein Schneckenhaus zurück, ein bißchen beleidigt, und je mehr sich seine Laune verschlechterte, desto besser ging es mir, ja, nach dem Kofferauspacken und Duschen wurde ich geradezu euphorisch.
    Zum Frühstück in eine Bar! In Siena durch die Gassen bummeln, meinen Lieblingsladen »Cortecci« aufsuchen!
    »Hast du mal nach draußen geguckt?« fragte Hans miesepetrig.
    »Ja und? Es regnet.«
    »Schöne Scheiße.«
    »Auch hier regnet es mal.« Ein Dackelblick in meine Richtung:
    »Wollen wir nicht im Bett bleiben?«
    »Du bist verrückt! Wir sind in Italien!«
    Ich schminkte mir die Lippen – aus Protest gegen Jan hatte ich extra den korallenroten, den ich mir nach der Bundesbahnaktionnachgekauft hatte, mitgenommen – und sagte: »Wenn du bleiben willst … Ich fahre jedenfalls.«
    »Wie denn? Mit dem Bus?«
    »Ja genau. Mit dem Bus!« Ich knallte den Lippenstift auf die Kommode. »Wie denn auch sonst!«
    Hans gedachte nicht, sich weiter mit mir verbal auseinanderzusetzen, er verschwand im Badezimmer, von wo ich bald das Rauschen der Klospülung hörte, anschließend das Plätschern der Dusche und schließlich das Brummen des Rasierapparates. Okay – ich gab ihm noch zehn Minuten. Vielleicht würde er mich dann netterweise in eine süße kleine Bar kutschieren.
    Er war so nett. Hing schlaff am Lenkrad und in seiner Kapuze und schwieg mich an.
    »Ich möchte bei ›Nannini‹ frühstücken«, maulte ich und guckte in den toskanischen Regen, der wirklich wunderschön war und der braun-gelblichen Landschaft einen so unwirklichen Schleier gab.
    »Wir frühstücken in der nächsten Bar, die uns über den Weg läuft.«
    »Bitte!« bettelte ich. » Die zwanzig Minuten!«
    »Ich habe Hunger wie ein Wolf.«
    »Ach! Eben wolltest du noch ungefrühstückt im Bett bleiben.«
    Hans gab einen beleidigten Grunzer von sich, und ich dachte an die Zeit mit Jan in Lissabon. Nicht einmal hatte es wegen derartiger Lappalien Streit gegeben, und auch bei Tom und mir war so etwas nie vorgekommen. Entweder Hans entpuppte sich im Urlaub als notorischer Nörgler, oder er war einfach nur sauer, daß er nach einer Abfuhr im Bett auch noch in so einen schwierigen und verregneten Tag starten mußte.
    Also tat ich ihm den Gefallen und frühstückte mit ihm in der nächsten Bar, die uns über den Weg lief. Ich stand gerade glücklich mit meinem süßen Teilchen und einem Cappuccino am Tresen, als Hans wieder zu meckern anfing. Die Brioche war ihm zu pappig, der Cappuccino nicht stark genug.
    »Ich hab doch gleich gesagt, wir sollten zu ›Nannini‹ gehen«, wagte ich einzuwenden, woraufhin Hans seine Tasse mit einemlauten Knall abstellte, ein paar Scheine auf den Tresen legte und nach draußen stürmte. Ich hinter ihm her. Rein ins Auto. Eine halbe Stunde Autofahrt. Zum Glück bekamen wir wenigstens gleich einen Parkplatz im Sportstadion. Dann zu Fuß in die Altstadt und geradewegs zu »Nannini«.
    Hier war die Brioche wirklich göttlich, der Cappuccino ebenfalls, und im gleichen Maße, wie es draußen trockener wurde, schien sich auch Hans’ Laune zu bessern. Zum Glück. Ich hatte nicht vorgehabt, mit einem muffeligen Kapuzenmenschen durch die Stadt zu laufen.
    Den Tag verbrachten wir dann mehr oder weniger einträchtig auf dem Campo. Da die Sonne nach unserem ersten Rundgang doch noch herausgekommen war und mittlerweile die roten Backsteine des muschelförmigen Platzes zum Leuchten gebracht hatte, konnte man trotz der kalten Luft draußen sitzen, flanierende Menschen beobachten und es sich einfach gutgehen lassen. Ich fühlte mich zufrieden und entspannt, und auch Hans fiel nach kurzer Zeit in einen kampfunlustigen Dämmerschlaf, reichte mir nur ab und zu sein Händchen, das ich, nett, wie ich war, ein bißchen tätschelte.
    Mittags aßen wir in einem Stehimbiß Lasagne, vertrödelten dann die Zeit, bis die

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