Lisa geht zum Teufel (German Edition)
neben dem Eingang zu ihrem Grundstück etwas aus einer Plastikschale. Wie in einem Horrorfilm waren scheinbar überall Katzenaugen und jede Menge Fell, das sich auf ihrem Grundstück bewegte. Ein gutes Dutzend Tiere bestimmt. Und alle fingen an, wie auf Kommando penetrant zu maunzen. Gleich drei Katzen machten sich in ihre Richtung auf. Was wollten die nur alle bei ihr? War das ein Remake von Hitchcocks Die Vögel , nur mit anderem Getier? Wenn es doch nur Vögel wären. Gegen Federvieh war sie nicht allergisch. Die Nase begann zu jucken. Der Niesreiz wurde unerträglich. Hatschi! Und gleich noch mal. Sie musste möglichst schnell weg von hier, bevor ihr auch noch die Augen zuschwollen und sie Atemprobleme bekam. Da hüpfte die erste Katze bereits auf ihre Liege und begann, den Rahmen zu lecken. Eine zweite sprang von hinten auf ihre Beine. Spätestens jetzt wusste Lisa, was eine Panikattacke war. Ab ins Haus und verbarrikadieren. Lisa spurtete zur Haustür und wunderte sich, warum diese offen stand. Täuschte sie sich, oder roch es hier komisch. Baldrian! Eindeutig! Nur noch wenige Meter bis zum Wohnzimmer trennten sie von einer niesfreien Zone, doch kaum an der Türschwelle angekommen, verflog dort auch noch der letzte Funken Hoffnung, sich in Sicherheit bringen zu können. Uuaaatschi – gleich dreimal in Folge, als Lisa die Katzenkolonie auf ihrer Couch, auf dem Sessel, auf dem Tisch und den Vorlegern vor der Terrassentür sah. Sie musste hier raus, und zwar schnell. Lisa nahm all ihren Mut zusammen und schlich auf leisen Sohlen zur Anrichte, auf der ihr Handy lag. Schweiß stand ihr auf der Stirn. Schritt für Schritt und mit inzwischen leicht zugekniffenen Augen näherte sie sich der Stelle, an der das Telefon lag. Da spürte sie, wie sich Fell an ihren Waden rieb, noch ein zweiter warmer fellbehafteter Körper ihre Beine als Katzenbaum missverstand und sie beim Versuch einer freundlichen Kontaktaufnahme auch noch kratzte. Haaaaaaatschi! Lisa nieste mit solcher Wucht, dass die beiden Katzen an ihren Beinen erschraken und endlich kapierten, dass sie kein Katzenbaum war. Der Weg zurück zur Tür war frei. Was für ein Chaos. Egal! Hauptsache, sie hatte jetzt ihr Handy und konnte fluchtartig das Haus verlassen.
Rafael war unendlich beruhigt, Lisa aus dem Haus rennen zu sehen. Wer rannte, lag nicht im Sterben. Schon nach ihrer ersten Niesattacke hatte seine Sorge überhandgenommen. Er wäre schuld an ihrem Tod gewesen, schließlich hatte er, während sie schlief, auch noch den Rahmen ihrer Liege mit Baldrian beträufelt – Delias perfide Idee. In der Regel erholte man sich schnell, wenn die Ursache der Allergie verschwand, zumindest hoffte er das für Lisa.
»Das Geld haben wir uns redlich verdient«, meinte Delia in unangenehm abgebrühtem Tonfall. Sie stand noch am Fenster, schaute hinaus und lächelte dabei mindestens so irre und selbstzufrieden wie Kaiser Nero beim Anblick des brennenden Roms. Sie schien den Triumph, Lisa aus dem Haus vertrieben zu haben, bis aufs Letzte auszukosten.
»Sie kommt bestimmt wieder«, sagte er, um Delia zurück auf den Teppich zu holen. Rafael überlegte schon die ganze Zeit, ob er sich eine weitere Eskalation überhaupt leisten konnte. Was, wenn Lisa die Polizei verständigte und eine Streife hier aufkreuzte? Sie würden nach seinen Papieren fragen und schnell herausfinden, dass er keine mehr hatte.
»Ich werd gleich mal Andreas anrufen«, sagte Delia und schnappte sich ihr Handy vom Tisch.
»Ist das nicht ein bisschen früh?«, fragte Rafael.
»Ich finde, er soll ruhig wissen, wie fleißig wir waren«, erwiderte sie und wählte seine Nummer. So schnell, wie Andreas ans Telefon ging, musste er auf ihren Anruf gelauert haben.
»Hallo, Andreas … Ich bin’s, Delia. Ich mach es kurz. Lisa hat eben fluchtartig das Haus verlassen«, sagte sie in einer Weise, die nach der alten Delia klang. Nüchtern und knapp. Und sie drückte die Lautsprechertaste, so dass Rafael mithören konnte.
»Wie? Ist sie etwa ausgezogen?«, fragte er baff.
»Fast!«, erwiderte Delia selbstsicher.
»Hat sie gesagt, dass sie verkauft?« Andreas’ Stimme überschlug sich fast vor Vorfreude.
»Noch nicht, aber das wird nicht mehr lange dauern«, versicherte sie Andreas mit entwaffnender Zuversicht.
Rafael fühlte sich immer schlechter. Die arme Lisa. Andererseits hatte sie sich als die rachsüchtige Furie erwiesen, die ihnen Andreas beschrieben hatte. Der Kopf sagte: weitermachen. Sein Herz sagte
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