Lisa geht zum Teufel (German Edition)
fehlte nur noch der Baldrian. Delia hatte vorgeschlagen, ihn gleichmäßig auf den Zaun zu sprenkeln. Inständig hoffte er, dass sie Lisa damit nicht ernsthaft gefährden würden und sie keine Katzenallergie hatte. Allergien konnten alles Mögliche auslösen und im schlimmsten Fall sogar tödlich verlaufen. Zu gut erinnerte er sich an eine Einladung bei deutschen Freunden zu Weihnachten vor vielen Jahren, als er noch verheiratet gewesen war. Es hatte Zimtplätzchen gegeben und deutschen Glühwein, der auch noch mit Zimt versetzt war. Hätte seine Frau nicht sofort reagiert und den Notarzt gerufen, wäre er wohl an diesem Abend erstickt. Dabei roch Zimt nicht einmal schlecht, jedenfalls besser als Baldrian, der nun schon an seinen Fingern klebte. Noch drei Zaunlatten. Fertig. Rafael schraubte die Flasche zu und legte sie zurück in die Tüte. Jetzt aber ab in die Falle, vielmehr auf die verstaubte Pritsche. Es musste ja schon halb fünf Uhr morgens sein.
Kapitel 6
Felipe hatte doch tatsächlich das Türschloss zu ihrer Münchner Wohnung auswechseln und Kuhmist in den Briefkasten stopfen lassen. Es stank bestialisch. Mit Gummihandschuhen bewaffnet, versuchte Lisa, alles sauber zu bekommen, doch kaum war der gröbste Dreck entfernt, war der Briefkasten schon wieder gefüllt. Es war zum Verzweifeln. Sie bückte sich erneut nach der inzwischen prall gefüllten Plastiktüte, aus der es stank wie im Kuhstall. Da knallte die Klappe ihres Briefkastens urplötzlich so laut auf das Metallgehäuse, dass sie aufschreckte und sich schweißgebadet in ihrem Schlafzimmer in Marbella wiederfand. Ein furchtbarer Traum. Natürlich von Felipe. Lisa setzte sich auf. Jetzt begegnete er ihr doch glatt wieder im Traum, nach vielen Jahren nächtlicher Ruhe. Lisa erinnerte sich daran, dass Felipe tatsächlich einmal das Schloss ihrer Madrider Wohnung hatte auswechseln lassen, als sie ihre Sachen und einige Möbel abholen wollte. Diese dann später in einem Pferdestall in Jerez vorzufinden, mitten im Misthaufen, war eines der Dinge, über die Lisa sich auch heute noch maßlos aufregen konnte. Kein Wunder, dass das alles angesichts der derzeitigen Anspannung in ihr aufkeimte. Es ging ja weiter mit seinen Schikanen, und wie so oft bediente Felipe sich anderer, um sie unter Druck zu setzen. Lisa blickte auf die Uhr. Sechs Uhr morgens. Sie musste also noch einmal eingeschlafen sein. Oben war Ruhe. Natürlich! Nach dem, was die beiden letzte Nacht veranstaltet hatten, mussten sie jetzt zwangsläufig schlafen. Dem konnte sie aber Abhilfe schaffen. Nur wie? Erstens hatte sie keine Flamencoschuhe, und zweitens könnte sie damit ja nicht auf der Decke tanzen. Stichwort Decke! Lisa stand auf und eilte ins Wohnzimmer. Gut, dass sie noch die großen alten Lautsprecher einer Stereoanlage aus den achtziger Jahren hatte. Der Resonanzkörper würde reichen, um ordentlich Lärm zu veranstalten, und ihr Holzschrank, der bis zur Decke reichte, bot gerade noch ausreichend Platz, um die beiden Ungetüme mit den Membranen nach oben auf den Schrank zu stellen. Einer der Lautsprecher musste um die sieben Kilo wiegen. Jetzt nur nicht vom Stuhl fallen. Den Rest ihres Urlaubs dank Felipe im Krankenhaus zu verbringen fehlte gerade noch. Geschafft! Die Kabel waren lang genug. Passende Musik musste her. Ein paar CDs hatte Lisa im Laufe der Zeit mit nach Marbella genommen, überwiegend Klassik, für die sie zu Hause so gut wie nie die Muße fand. Eine kleine Nachtmusik wäre eher kontraproduktiv. Dummerweise befand sich überwiegend beruhigendes Klavierspiel in ihrer Sammlung. Vielleicht würde sie ja in ihrer Soundtrack-Sammlung fündig werden. Der weiße Hai vielleicht? Unpassend. Das Thema vom Mord im Orientexpress ? Probe hören! Der Anfang war nicht schlecht, aber schon bald klangen die beschwingten Walzertöne viel zu fröhlich und lullten einen höchstens noch mehr ein. Es musste gewaltiger sein, massiver. Das nächste Stück, in das sie hineinskippte, donnerte ordentlich. Perfekt! Track Nummer vier auf ihrer Best-of-Sammlung diverser Filmklassiker. Wagners »Walkürenritt« hatte Francis Ford Copolla bestimmt nicht ohne Grund gewählt, um den Angriff amerikanischer Luftstreitkräfte auf ein vietnamesisches Dorf musikalisch zu untermalen. So groß, wie diese Boxen waren, würden sie maximale Lautstärke vertragen. Ihre Ohren jedenfalls nicht. An die zusammengezwirbelten Papiertaschentücher im Ohr hatte Lisa sich ja bereits gewöhnt. Also rein damit und auf die
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