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Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Titel: Lisa geht zum Teufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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sechshundertsechsundsechzig Metern über dem Meeresspiegel sind?«, fragte Rafael unvermittelt und riss sie damit aus ihren Gedanken.
    Lisa lief ein Schauer über den Rücken. Vielleicht nur ein dummer Zufall, aber ein recht makabrer.
    »Hab gelesen, dass sich die Stadt mit dem Prado um die Statue streitet, aber so, wie es aussieht, bleibt sie in öffentlicher Hand«, kommentierte er, ohne seinen Blick von der Skulptur abzuwenden. »Irgendwie passend, das mit der öffentlichen Hand«, fuhr er fort.
    »Wie meinst du das?«
    »Luzifer in Privatbesitz. Das wäre absurd. Sein Treiben geht uns alle an. Vor allem die Banker, und das nicht nur in Spanien«, sagte er und konnte endlich wieder lachen. Wer könnte das nicht unterschreiben? Letztlich kitzelte die Schlange jeden irgendwann an der Fußsohle und wartete nur darauf, dass sich ihr Opfer zu irgendeiner Dummheit verführen ließ. Und was insbesondere skrupellose Investmentbanker betraf, hatte Rafael mit Sicherheit recht.
    »Du meinst, ohne das Böse würde es keine Banker geben?«, fragte sie bewusst überspitzt.
    »Nein. Das zu glauben ginge zu weit. Aber kein anderer Berufsstand der Welt ist dermaßen anfällig für die Habgier – und wenn du dir alle Probleme weltweit ansiehst und nach einem gemeinsamen Nenner suchst, ist es die Habgier, die sie letztlich verursacht.«
    Rafael traf zweifelsohne den Punkt. Vom Euro-Desaster über Klimaerwärmung, Börsencrashs und Altersarmut bis hin zu hungernden Menschen in Entwicklungsländern – sämtliche Rettungspakete scheiterten, weil der Mensch sich selbst der größte Feind war. Dank dieses hübschen Mannes, dem sie sogar in persona auf den Leim gegangen war. Lisa musste Rafael einfach davon erzählen.
    »Hier hat er mir einen Ring angesteckt. Stell dir das mal vor«, sagte sie.
    Rafael schüttelte ungläubig den Kopf und lachte.
    »Du wirst es nicht glauben. Ich hab Carmens Mutter hier ganz in der Nähe kennengelernt. In meiner Mittagspause. Hab hier schnell einen Hotdog gegessen. Sie stand daneben und hat eine volle Ladung aus meiner Ketchupflasche auf ihr Kleid abbekommen«, sagte er und lächelte dabei melancholisch.
    »Warst du oft hier?«
    Rafael nickte nachdenklich.
    »Das muss um die gleiche Zeit gewesen sein«, sagte Lisa.
    »Stell dir mal vor, wir wären uns hier früher begegnet. Damals war ich noch jung und hübsch, wie der Kerl da oben. Vielleicht hätte ich dir dann sogar gefallen?« Rafael grinste dabei ungewohnt verschmitzt.
    Lisa musste unwillkürlich lachen, jedoch verblasste die Freude darüber, dass Rafael sogar ein Witzchen reißen konnte, unmittelbar darauf. Sie wich der Frage aus, ob sie ihm gestehen sollte, dass er ihr auch so, wie er jetzt war, auf eine ganz eigenartige und bisher noch nie erlebte Weise gefiel, und zwar genau ab jenem Moment, als sie am Ufer des Sees seine Hand genommen hatte. Nicht dass sie sich in ihn verliebt hätte. Allein schon die bloße Vorstellung kam nicht im Entferntesten in Betracht. Es war vielmehr ein überraschender Moment der Nähe gewesen und das ergreifende Gefühl, in den Augen des anderen Dankbarkeit zu lesen. Er war dankbar dafür gewesen, dass sie für ihn da war. Was sollte sie ihm jetzt bloß sagen, ohne unhöflich zu wirken?
    »Glaub mir, wenn ich statt des Gartenschlauchs eine Ketchupflasche in der Hand gehabt hätte, wäre aus dir auch ein hübsch garnierter Hotdog geworden«, sagte sie und fragte sich zugleich, ob sie sich mit der Anspielung auf seine Frau nicht bereits zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Er könnte es missverstehen, daraus lesen, dass sie Gefühle für ihn entwickelt hatte. Wenn dem aber nicht so war, warum war ihr dieser Satz dann überhaupt in dieser Form über die Lippen gekommen?
    Rafael schmunzelte nur und blieb ihr eine Replik schuldig. Stattdessen sah er hinauf zum gefallenen Engel, dessen Magie man sich kaum entziehen konnte. Lisa tat es ihm gleich und wunderte sich darüber, dass sich ihr Krampf in den Eingeweiden bei dem Gedanken, Felipe zu sehen, gelöst hatte. Viel zu sehr beschäftigte sie nun die Frage, ob ihr Exmann der gefallene Engel oder die Schlange war.
    Felipe hätte es nicht für möglich gehalten, dass ihn das Leben gleich zweimal hintereinander überraschen könnte. Überraschung traf es nicht ganz. Es fühlte sich eher so an wie eine Fliegerbombe, die jemand direkt über seinem Büro abgeworfen hatte, ein Überraschungsangriff aus dem Hinterhalt. Lisa! Als »Señora Schneider« hatte sie seine Sekretärin

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