Lisa Kleypas
Er schaute sie sehnsüchtig an. »Bringst du uns mit,
was übrig bleibt?«
Maggie
musste lachen. »Du bist schamlos. Aber ich will mal nicht so sein. Extra für
euch bereite ich einen zweiten Käse-Makkaroni-Auflauf zu. Möchtest du dazu
auch noch einen Kuchen haben?«
»Würdest du
das für mich tun?«
»Was für
einen? Kürbis, Apfel, Pecannuss?«
»Ich lass
mich überraschen«, erwiderte er und küsste sie – so schnell, dass sie
nicht reagieren konnte.
Am Tag vor Thanksgiving kam Maggie
vorbei, um Holly abzuholen und mit zu sich nach Hause zu nehmen. »Bin ich auch
eingeladen?«, fragte Sam, bevor sie abfuhren.
»Nein, das
ist nur für Mädchen«, erklärte Holly kichernd.
»Und wenn
ich mir eine Perücke aufsetze? Und mit ganz hoher Stimme spreche?«
»Onkel
Sam«, urteilte die Kleine fröhlich, »du bist das schlimmste Mädchen auf
der ganzen Welt.«
»Und du das
beste«, gab Sam zurück und gab ihr einen Abschiedskuss. »Na schön, dann
darfst du ausnahmsweise ohne mich wegfahren. Aber wehe, du bringst mir keinen
großen Kuchen mit.«
Als sie mit
Holly zu Hause angekommen war, legte Maggie Musik auf, zündete ein Feuer im
Kamin an und band dem Mädchen eine Schürze um. Dann zeigte sie ihr, wie man mit
der altmodischen Käsereibe umging. Zwar wollte sie den größten Teil des Käses
durch den Mixer jagen, aber
Holly sollte wenigstens einmal Käse von Hand reiben dürfen. Es war rührend zu
beobachten, wie viel Freude das Kind an der Küchenarbeit hatte. Sie maß mit
Begeisterung die richtigen Mengen ab, rührte, probierte und schmeckte ab.
»Das sind
die vier Käsesorten, die wir benutzen werden«, erklärte Maggie. »Irischer
Cheddar, Parmesan, geräucherter Gouda und Greyerzer. Wenn wir den Käse
gerieben haben, schmelzen wir ihn mit Butter und heißer Milch ...«
Schon bald
hingen süße, appetitliche Düfte in der heißen Luft, vermischt mit einem Hauch
von Mehlstaub. Das Kind in ihrer Küche erinnerte Maggie daran, was für ein
Wunder es war, dass man aus ein paar einfachen Grundzutaten etwas total
Leckeres zaubern konnte.
Sie
bereiteten so viele Käse-Makkaroni zu, dass sie eine ganze Armee damit hätten
versorgen können, und bestreuten sie mit leicht in Butter gebräunten
Brotkrumen. Außerdem backten sie zwei Kuchen, einen mit Kürbisfüllung und
einen Pecannusskuchen, und Maggie zeigte Holly, wie man Streusel zubereitete.
Die Teigreste rollten sie aus, schnitten sie in Form, bestreuten sie mit Zucker
und Zimt und schoben sie ebenfalls in den Ofen.
»Meine
Mutter nennt das Reste-Kekse«, erläuterte Maggie.
Holly
spähte durch die Sichtscheibe in den Backofen und beobachtete, wie die Kekse
langsam braun wurden. »Ist deine Mutter noch am Leben?«, fragte sie.
»Ja.«
Maggie legte das bemehlte Nudelholz beiseite, kniete sich hinter Holly, legte
die Arme um das Kind und schaute gemeinsam mit ihr in den Backofen. »Was für Kuchen
hat deine Mutter gebacken?«
»Ich
glaube, sie hat gar keinen Kuchen gebacken«, ant wortete Holly
nachdenklich. »Aber Kekse.«
»Schokoladenkekse?«
»Mmmm-hmm.
Und Zimtplätzchen ...«
Maggie
wusste, dass es half, über die Menschen reden zu können, die man verloren
hatte. Es tat gut, sich zu erinnern. Und so redeten sie weiter, während sie
mit Backen und Kochen beschäftigt waren. Es war keine lange durchgehende
Unterhaltung, sondern mal hier, mal da eine Bemerkung, und die Erinnerungen
mischten sich mit dem Duft ofenwarmer Backwaren.
Als Maggie
das Kind am Abend wieder zu Hause ablieferte, schlang Holly ihr die Arme um
die Hüften, hielt sie lange fest an sich gedrückt und fragte: »Bist du sicher,
dass du morgen nicht mit uns Thanksgiving feiern willst?« Mark stand
daneben, und Maggie warf ihm einen gequälten Blick zu.
»Sie kann
nicht, Holly«, erklärte er sanft. »Maggies Familie braucht sie
morgen.«
Aber das
stimmte nicht. Sie konnte sehr wohl, und ihre Familie brauchte sie keineswegs.
Schuldgefühle
und Sorgen begannen die guten Gefühle zu verdrängen, die Maggie den ganzen
Nachmittag gespürt hatte. Als sie von Holly aufschaute und Marks mitfühlendem
Blick begegnete, begriff sie, wie leicht es wäre, sich in beide zu verlieben
... und wie viel sie dann zu verlieren hätte! Viel mehr, als sie verkraften
konnte. Nur wenn es ihr gelang, sich nicht zu sehr auf die beiden einzulassen,
riskierte sie auch nicht, dass ihr endgültig und unwiderruflich das Herz
gebrochen wurde.
Sie
tätschelte Holly den Rücken und löste sich sanft aus der
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