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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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waren glücklich, dass Nkiruka ihrer Spur hatte folgen können, fürchteten sich aber, weil es anderen dann auch möglich war. Nkiruka sah ihrer Schwester in die Augen und sagte, sie müssten sich neue Namen ausdenken. Es sei nicht sicher, ihre richtigen Namen zu verwenden, die so deutlich ihren Stamm und ihre Region verrieten. Nkiruka sagte, ihr neuer Name sei »Kindness«, Freundlichkeit. Ihre jüngere Schwester wollte etwas Passendes auswählen, doch ihr fiel kein Name für sich ein.
    Die beiden Schwestern warteten. Die Schatten wurden dunkler. Zwei Nashornvögel begannen in den Bäumen über ihren Köpfen Samenkörner zu knacken. Und dann - sie saß an meinem Küchentisch und sagte, sie erinnere sich so deutlich, dass sie beinahe die Hand ausstrecken und den pelzigen schwarzen Rücken des kleinen Dings streicheln könne - flog eine Biene mit der Meeresbrise heran und landete zwischen den Schwestern. Die Biene war klein und setzte sich auf eine blasse Blume - Frangipani, sagte sie, war sich aber nicht sicher, wie der europäische Name lautete - und flog dann ohne viel Aufhebens weiter. Sie hatte die Blume gar nicht bemerkt, bevor die Biene kam, und sah erst jetzt, wie schön sie war. Sie wandte sich an Kindness.
    »Mein Name ist Little Bee«, sagte sie.
    Als Kindness den Namen hörte, lächelte sie. Little Bee erzählte mir, ihre große Schwester sei ein sehr hübsches Mädchen gewesen. Eines der Mädchen, bei denen Männer, wie sie sagten, allen Ärger vergessen konnten. Eines der Mädchen, die, wie die Frauen sagten, Ärger bedeuteten. Little Bee fragte sich, was davon wohl zutreffen würde.
    Die beiden Schwestern lagen still und ruhig da, bis die Sonne unterging. Dann schlichen sie über den Strand, um sich in der Brandung die Füße zu waschen. Das Salz brannte in den Wunden, aber sie schrien nicht. Es war vernünftiger, still zu sein. Sie wussten nicht, ob die Männer, die sie jagten, schon aufgegeben hatten. Die Schwestern hatten gesehen, was man ihrem Dorf angetan hatte. Eigentlich durfte es keine Überlebenden geben, die davon erzählen konnten. Die Männer jagten die fliehenden Frauen und Kinder und vergruben dann die Leichen unter Ästen und Steinen.
    Als sie wieder in ihrem Versteck waren, wickelten die Mädchen einander frische grüne Blätter um die Füße und warteten auf die Dämmerung. Es war nicht kalt, aber sie hatten seit zwei Tagen nichts gegessen. Sie zitterten. Affen schrien unter dem Mond.
    Ich denke an die beiden Schwestern, wie sie dort die Nacht hindurch zitterten. Während ich sie im Geiste vor mir sehe, folgen kleine rötliche Krebse dem schwachen Blutgeruch bis an die Stelle, wo die Füße der Mädchen eben in der Brandung standen, doch sie finden dort noch nichts Totes. Die weichen rötlichen Krebse machen harte kleine klackende Geräusche unter den leuchtend weißen Sternen. Nacheinander graben sie sich in den Sand ein und warten.
    Ich wünschte, mein Gehirn würde nicht diese furchtbaren Einzelheiten hinzufügen. Ich wünschte, ich wäre eine Frau, die sich vor allem für Schuhe und Abdeckstifte interessiert. Ich wünschte, ich wäre keine Frau, die am Küchentisch sitzt und sich anhört, wie sehr sich ein Flüchtlingsmädchen vor der Dämmerung fürchtete.
    So wie Little Bee es erzählte, hing bei Sonnenaufgang dicker weißer Nebel im Dschungel und ergoss sich über den Sand. Die Schwestern sahen ein weißes Paar den Strand entlangkommen. Es redete in der offiziellen Sprache von Little Bees Land, aber es waren die ersten Weißen, die sie je gesehen hatte. Sie und Kindness hockten hinter einer Gruppe Palmen und beobachteten die beiden. Sie wichen zurück, als das Paar auf einer Höhe mit ihrem Versteck war. Die Weißen blieben stehen und schauten aufs Meer.
    »Hör dir die Brandung an, Andrew«, sagte die weiße Frau. »Es ist so unglaublich friedlich hier.«
    »Ehrlich gesagt finde ich es trotzdem ein bisschen unheimlich. Wir sollten wieder aufs Hotelgelände gehen.«
    Die weiße Frau lächelte. »Sichere Gelände sind dazu da, dass man sie verlässt. Als ich dich kennenlernte, warst du mir auch unheimlich.«
    »Natürlich. Ein großer irischer Liebesgott. Wir sind Wilde, das weißt du doch.«
    »Barbaren.«
    »Vagabunden.«
    »Sexbesessene.«
    »Ach, Schatz, da höre ich aber deine Mutter reden.«
    Die weiße Frau lachte und drängte sich eng an den Körper des Mannes. Sie küsste ihn auf die Wange.
    »Ich liebe dich, Andrew. Ich bin froh, dass wir weggefahren sind. Es tut mir so

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