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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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Pressebüro.«
    »Aber Sie haben doch wohl eine Meinung, oder?«
    Lawrence seufzte. »Jeder hat eine Meinung. Vielleicht ist das gerade das Problem in diesem Land. Wieso lächeln Sie?«
    »Ich wünschte, Sie würden das meinem Mann erzählen.«
    »Aha. Er hat also Meinungen?«
    »Zu allen möglichen Themen.«
    »Dann sollte er vielleicht hier arbeiten. Die stehen hier total auf politische Debatten. Ihr erstes Interview, beispielsweise ...« Lawrence schaute auf sein Klemmbrett und suchte nach einem Namen.
    »Wie bitte ? Ich dachte, Sie wären mein Interview.«
    Lawrence blickte auf. »Ach so, nein, ich bin nur der Aufwärmer. Tut mir leid, das hätte ich erklären sollen.«
    »Oh.«
    »Nun schauen Sie nicht so enttäuscht. Ich habe Ihnen ein tolles Programm zusammengestellt, wirklich. Sie kriegen drei Abteilungsleiter und einen echten, lebenden Unterstaatssekretär. Von denen werden Sie garantiert mehr bekommen, als Sie für Ihren Artikel brauchen.«
    »Ich hatte aber gerade Spaß daran, mit Ihnen zu reden.«
    »Sie werden es überleben.«
    »Meinen Sie?«
    Lawrence lächelte. Er hatte krauses schwarzes Haar, das glänzte, an den Seiten und im Nacken aber zu kurz geschnitten war. Er trug einen guten Anzug - ich tippte auf Kenzo -, der zwar ausgezeichnet passte, aber die Art, wie er ihn trug, hatte etwas Eigenartiges. Er hielt die Arme ein Stück vom Körper weg, als wäre der Anzug der Pelz eines frisch erlegten geschmeidigen Tieres, der nur unzureichend gegerbt war, so dass die blutige Rohheit auf seiner Haut kratzte.
    »Die mögen es nicht so gern, wenn ich mit Besuchern spreche«, sagte Lawrence. »Ich habe wohl noch nicht so ganz die richtige Innenministeriumsstimme.«
    Zu meiner Überraschung musste ich lachen. Wir gingen weiter den Flur entlang. Irgendwo zwischen dem Amt für Kriminalstatistik und der Forensik veränderte sich die Stimmung. Leute rannten an uns vorbei. Eine Gruppe drängte sich vor einem Fernsehschirm. Mir fiel auf, wie Lawrence mir schützend die Hand auf den Rücken legte, während er mich durch die Menschenmenge steuerte. Es war nicht unangenehm. Ich merkte, dass ich langsamer ging, um den Druck seiner Hand zu spüren.
    Wichtige Meldung, war auf dem Fernsehschirm zu lesen. Innenminister tritt zurück. Man zeigte Aufnahmen eines hager wirkenden Mannes, der mit seinem Blindenhund auf den Rücksitz des Folterinstruments stieg, zu dem der Dienstwagen des Ministeriums geworden war.
    Lawrence deutete mit dem Kopf auf die anderen, die gebannt auf den Bildschirm starrten, und flüsterte mir ins Ohr: »Sehen Sie sich diese Schweine an. Der Mann wird gekreuzigt, und die fragen sich schon ganz aufgeregt, was das für ihren Job bedeutet.«
    »Was ist mit Ihnen? Macht es Ihnen nichts aus?«
    Lawrence grinste. »Oh, für mich sind das schlechte Nachrichten«, flüsterte er. »Mit meiner brillanten Qualifikation wäre ich sein nächster Blindenhund geworden.«
    Er nahm mich mit in sein Büro. Er sagte, er müsse seine E-Mails abrufen. Ich war nervös, ohne den Grund zu wissen. An den Wänden gab es nichts, das etwas über ihn verraten hätte - nur ein unpersönliches gerahmtes Foto der Waterloo Bridge und eine laminierte Karte, auf der die Sammelstellen bei Feueralarm ausgewiesen waren. Ich erwischte mich dabei, wie ich mein Spiegelbild im Fenster betrachtete, und dachte, sei doch nicht albern. Ich ließ meinen Blick wandern, bis er auf der grauen Mauer des benachbarten Bürogebäudes zur Ruhe kam. Ich wartete, während Lawrence seine Mails durchging.
    Er blickte hoch. »Tut mir leid«, sagte er. »Wir müssen Ihre Interviews verschieben. In den nächsten Tagen wird hier das pure Chaos herrschen.«
    Das Telefon klingelte, und Lawrence lauschte einen Augenblick. »Was? Sollte das nicht lieber jemand, der etwas höher in der Hierarchie ... Wirklich? Na toll. Wie viel Zeit bleibt mir?«
    Er legte den Hörer auf die Gabel und den Kopf auf die Tischplatte. Draußen im Flur hörte man Lachen, Rufen und Türenschlagen.
    »Mistkerle«, sagte Lawrence.
    »Was ist denn?«
    »Ganz unter uns?«
    »Natürlich.«
    »Ich muss einen Brief an den scheidenden Innenminister schreiben und das tiefe Bedauern unserer Abteilung über seinen Weggang ausdrücken.«
    »Das da draußen hört sich nicht gerade nach Bedauern an.«
    »Du meine Güte, ohne Ihr journalistisches Gespür fürs Detail hätten wir das niemals gemerkt.«
    Er rieb sich die Augen und wandte sich zum Bildschirm. Er legte die Finger auf die Tastatur und zögerte.

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