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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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schmelzen. Wisst ihr Kinder denn gar nichts?
    Und wir Kinder lehnten uns zurück und nickten einander zu - ganz klar musste es erst kühl genug werden. Wir waren sehr zufrieden mit den Fernsehnachrichten.
    Den gleichen Trick kann man auch in eurem Land mit dem Fernseher machen, aber es ist schwieriger, weil der Fernseher nicht zuhört. An dem Morgen, nachdem Lawrence die erste Nacht in Sarahs Haus verbracht hatte, wollte Charlie den Fernseher einschalten. Ich hörte, wie er wach wurde, als Sarah und Lawrence noch schliefen, und ging in sein Zimmer. Ich sagte: Guten Morgen, kleiner Bruder, möchtest du frühstücken? Er sagte: Nein, will nicht frühstücken, will fernsehen. Also fragte ich: Findet deine Mama es in Ordnung, wenn du vor dem Frühstück fernsiehst? Charlie schaute mich an, und seine Augen waren sehr geduldig, wie die eines Lehrers, der dir schon dreimal eine Antwort gesagt hat, die du immer wieder vergisst. Mama schläft doch noch, sagte er.
    Also schalteten wir den Fernseher ein. Wir schauten uns die Bilder ohne Ton an. Gerade liefen die Morgennachrichten der BBC, und es wurde der Premierminister gezeigt, der eine Rede hielt. Charlie legte den Kopf auf die Seite. Seine Batman-Ohren klappten um.
    Er fragte: »Das ist der Joker, oder?«
    »Nein, Charlie. Das ist der Premierminister.«
    »Ist der ein Guter oder ein Böser?«
    Ich musste überlegen. »Die Hälfte der Leute meint, dass er ein Guter ist, und die andere Hälfte, dass er ein Böser ist.«
    Charlie kicherte. »Das ist blöd.«
    »Das ist Demokratie. Wenn du sie nicht hättest, würdest du sie dir wünschen.«
    Wir saßen da und schauten den Lippenbewegungen des Premierministers zu.
    »Was sagt er denn?«
    »Er sagt, dass er es Eiscreme regnen lässt.«
    Charlie schoss zu mir herum: »Wann denn?«
    »Gegen drei Uhr nachmittags, wenn das Wetter kühl genug ist. Er sagt auch, dass junge Leute, die vor den Schwierigkeiten in anderen Ländern weglaufen, in diesem Land bleiben dürfen, solange sie hart arbeiten und keine Probleme bereiten.«
    Charlie nickte. »Ich glaube, der Premiermister ist ein Guter.«
    »Weil er nett zu Flüchtlingen ist ?«
    Charlie schüttelte den Kopf. »Wegen dem Eiscremeregen.«
    Von der Tür ertönte ein Lachen. Ich drehte mich um und sah Lawrence dort stehen. Er trug einen Bademantel und war barfuß. Ich wusste nicht, wie lange er uns schon zugehört hatte.
    »Nun, jedenfalls wissen wir, wie wir an die Stimme dieses Jungen kommen.«
    Ich schaute zu Boden. Es war mir peinlich, dass er dort gestanden hatte.
    »Oh, sei doch nicht so schüchtern«, sagte er. »Du gehst toll mit Charlie um. Komm frühstücken.«
    »Okay. Batman, möchtest du auch frühstücken?«
    Charlie starrte Lawrence an und schüttelte den Kopf. Ich schaltete durch die Fernsehsender, bis wir einen gefunden hatten, den Charlie mochte, und ging in die Küche.
    »Sarah schläft noch«, sagte Lawrence. »Ich denke, sie braucht Ruhe. Tee oder Kaffee?«
    »Danke, Tee.«
    Lawrence kochte Wasser und machte Tee für uns beide. Er stellte meinen Tee vor mich hin, ganz vorsichtig, und drehte den Henkel zu meiner Hand. Dann setzte er sich mir gegenüber und lächelte. Die Sonne erhellte die Küche. Es war ein dickes Gelb, ein warmes Licht, aber nicht angeberisch. Es wollte nicht den Ruhm für die Beleuchtung des Raums einheimsen. Es ließ jeden Gegenstand aussehen, als erglühte er aus sich selbst heraus. Lawrence, der Tisch mit dem sauberen blauen Tischtuch, sein orangefarbener Teebecher und mein gelber - all das erglühte von innen. Das Licht stimmte mich sehr fröhlich. Ein guter Trick, dachte ich bei mir.
    Doch Lawrence war ernst. »Hör zu. Ich glaube, wir müssen uns über deine Lage unterhalten. Ich sage es klar und deutlich. Ich finde, du solltest zur nächsten Polizeiwache gehen und dich dort melden. Ich finde es nicht richtig, dass du Sarah dem Stress aussetzt, dir Unterschlupf zu gewähren.«
    Ich lächelte. »Unterschlupf? Das ist ein lustiges Wort.«
    »Das ist überhaupt nicht komisch.«
    »Keiner sucht nach mir. Warum sollte ich zur Polizei gehen?«
    »Ich finde es nicht richtig, dass du hier bist. Ich glaube, Sarah tut das im Augenblick nicht gut.«
    Ich blies auf meinen Tee. Der Dampf stieg in die stille Luft der Küche und erglühte. »Glauben Sie, dass Sie Sarah im Augenblick guttun?«
    »Ja. Ja, das glaube ich.«
    »Sie ist ein guter Mensch. Sie hat mir das Leben gerettet.«
    Lawrence lächelte. »Ich kenne Sarah sehr gut. Sie hat mir die ganze

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