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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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einzustöpseln. Für heute hatte ich mehr als genug Xnet gehabt. Alles, woran ich denken konnte, war Ange, Ange, Ange. Leben ohne Ange. Wissen, dass Ange wütend war auf mich. Ange, die womöglich nie mehr mit mir reden würde. Ange, die mich nie wieder küssen würde.
    Sie hatte dasselbe gedacht. Ich konnte es in ihren Augen sehen, als wir die Tür zu ihrem Zimmer schlossen und einander anschauten. Ich hatte Hunger nach ihr, die Sorte Hunger nach tagelangem Fasten. Wie man sich nach einem Glas Wasser sehnt, wenn man gerade drei Stunden nonstop Fußball gespielt hat.
    Und doch noch ganz anders. Das war mehr. Es war etwas, das ich noch nie gefühlt hatte. Ich wollte sie am Stück essen, mit Haut und Haaren verschlingen.
    Bis zu diesem Moment war sie in unserer Beziehung die Sexuelle gewesen. Ich hatte es ihr überlassen, das Tempo vorzugeben und zu kontrollieren. Ich empfand es als unglaublich erotisch, sie nach mir greifen, sie mein Shirt ausziehen, sie mein Gesicht an das ihre heranziehen zu lassen.
    Aber heute Nacht konnte ich mich nicht zurückhalten. Und ich wollte mich nicht zurückhalten.
    Mit dem Klicken der Tür hinter uns griff ich nach dem Saum ihres T-Shirts und zog; ließ ihr kaum die Zeit, die Arme zu heben, während ich es ihr über den Kopf zerrte. Dann riss ich mir mein Shirt über den Kopf und hörte das Knistern der Baumwolle, als die Nähte platzten.
    Ihre Augen leuchteten, ihr Mund war offen, ihr Atem schnell und flach. Meiner ebenfalls, und mein Atem und mein Herz und mein Blut pochten, nein, brüllten in meinen Ohren.
    Dem Rest unserer Kleidung widmete ich mich mit demselben Eifer, warf ihn zu den Haufen schmutziger und sauberer Wäsche auf dem Boden. Überall auf dem Bett lagen Bücher und Zettel verstreut, die ich einfach beiseite fegte. Wir landeten auf dem ungemachten Bett, Arme umeinander geschlungen, so fest, als ob wir einander durchdringen wollten. Sie stöhnte in meinen Mund, und ich gab den Ton zurück; ich fühlte ihre Stimme in meinen Stimmbändern vibrieren, ein Gefühl intimer als alles, was ich jemals gefühlt hatte.
    Sie machte sich los und langte hinüber zu ihrem Nachttisch, zog die Schublade auf und warf einen weißen Kulturbeutel vor mir aufs Bett. Ich schaute hinein: Kondome - Trojans, ein Dutzend spermizide, noch verschweißt. Ich lächelte sie an, sie lächelte zurück, und ich öffnete die Schachtel.
    Wie es sein würde, darüber hatte ich seit Jahren nachgedacht. Hundert Mal am Tag hatte ich es mir vorgestellt. Es hatte Tage gegeben, da hatte ich praktisch an nichts anderes gedacht.
    Und es war kein Stück so, wie ich es erwartet hatte. Manches daran war besser. Manches war viel schlimmer. Während es andauerte, empfand ich es als eine Ewigkeit. Und hinterher hatte ich das Gefühl, es habe nur einen einzigen Augenblick lang gedauert.
    Hinterher fühlte ich mich wie zuvor. Und doch anders. Irgendetwas war anders geworden zwischen uns.
    Es war ziemlich schräg. Verschämt zogen wir uns wieder an, stapften durchs Zimmer, vermieden es, dem Blick des Anderen zu begegnen. Ich wickelte das Kondom in ein Kleenex aus einer Schachtel neben dem Bett, trug es ins Bad, umwickelte es mit Klopapier und steckte es tief unten in den Mülleimer.
    Als ich zurückkam, saß Ange auf dem Bett und spielte mit ihrer Xbox. Ich setzte mich zaghaft neben sie und nahm sie bei der Hand. Sie wandte mir das Gesicht zu und lächelte. Wir waren beide ausgelaugt und zitterten.
    "Danke", sagte ich.
    Sie sagte kein Wort und drehte mir wieder den Kopf zu. Sie lächelte übers ganze Gesicht, während ihr dicke Tränen über die Wangen liefen.
    Ich umarmte sie, und sie klammerte sich fest an mich. "Du bist ein guter Mensch, Marcus Yallow", flüsterte sie.
    "Danke."
    Ich wusste darauf nichts zu entgegnen, aber ich erwiderte ihre Umklammerung. Sie weinte nun nicht mehr, aber sie lächelte noch.
    Sie wies auf meine Xbox auf dem Boden neben dem Bett. Ich verstand den Wink, nahm sie hoch, stöpselte sie ein und loggte mich ein.
    Immer dasselbe: Berge von E-Mail. Die neuen Einträge der Blogs, die ich las, trudelten ein. Und Spam. Oh Mann, bekam ich Spam. Meine schwedische Mailadresse war schon mehrfach von Spammern gehijackt worden, um sie als Antwortadresse für hundertmillionenfach versandte Werbemails zu missbrauchen, und deshalb bekam ich automatische Rückläufer und auch wütende Antworten. Keine Ahnung, wer dahintersteckte - ob nun das DHS, um meine Mailbox zu fluten, oder auch nur Leute, die sich einen

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