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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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beschwerte sich lautstark, aber zu unserer Genugtuung wollte der Unparteiische nichts davon wissen. Als Charles fort war, hielt er auch uns eine Standpauke und sagte, unsere Vergeltung sei um nichts mehr gerechtfertigt gewesen als der Angriff von Charles.
    Damit war es okay. Als die Spiele an diesem Abend zu Ende waren, nahmen wir alle in den Lagerunterkünften eine heiße Dusche. Darryl und ich stahlen Charles' Klamotten und sein Handtuch. Wir knoteten alles zusammen und warfen die Bündel ins Pissoir. Eine Menge Jungs waren nur zu glücklich, uns beim Einweichen helfen zu dürfen - Charles war bei seinen Rempeleien ziemlich enthusiastisch gewesen.
    Ich wünschte, ich hätte ihn sehen können in dem Moment, als er aus der Dusche kam und seine Kleidung entdeckte. Muss eine schwierige Entscheidung sein: Rennst du nackt durchs Camp, oder dröselst du die fest verknoteten, zugepissten Klamotten auseinander und ziehst sie an?
    Er wählte Nacktheit. Ich hätte wahrscheinlich dasselbe gewählt. Wir stellten uns in einer langen Reihe zwischen den Duschen und den Baracken auf, wo das Gepäck lagerte, und applaudierten ihm. Ich stand am Anfang der Reihe und klatschte am lautesten.
    [x]
    Diese Wochenendlager gab es nur drei oder vier Mal im Jahr, was bei Darryl und mir - und vielen anderen LARPern - zu ernsthaften Entzugserscheinungen führte. Zum Glück gab es noch die Wretched-Daylight-Spiele in den Hotels der Stadt. Wretched Daylight ist ein anderes LARP mit rivalisierenden Vampir-Clans und Vampirjägern, und es hat seine eigenen raffinierten Regeln.
    Man bekommt Spielkarten zur Bewältigung der Kämpfe, so dass jedes Geplänkel eine kleine Runde eines Strategie-Kartenspiels umfasst. Vampire können unsichtbar werden, indem sie sich ihren Mantel über den Kopf ziehen und die Arme vor der Brust verschränken; dann müssen alle anderen Mitspieler so tun, als ob sie diesen Vampir nicht sehen, und ihre Unterhaltung über ihre Pläne und so weiter fortsetzen. Einen wirklich guten Spieler erkennt man daran, dass er ehrlich genug ist, seine Geheimnisse vor einem "unsichtbaren" Rivalen auszuplaudern und dabei so zu tun, als sei dieser gar nicht im Raum.
    Jeden Monat fand eine Handvoll großer Wretched-Daylight-Spiele statt. Die Organisatoren der Spiele hatten einen guten Draht zu den Hotels der Stadt und ließen sie jeweils wissen, dass sie freitagnachts zehn bis dahin unbelegte Zimmer buchen und mit Spielern füllen würden. Die Spieler würden dann im Hotel herumstreifen und in den Korridoren, am Pool und so halbwegs unauffällig Wretched Daylight spielen, sie würden im Hotelrestaurant essen und für die Nutzung des Hotel-WLANs bezahlen. Freitagnachmittags war Meldeschluss; dann mailten die Organisatoren uns an, und wir gingen nach der Schule direkt zu dem jeweiligen Hotel, brachten unsere Schlafsäcke mit, schliefen übers Wochenende jeweils zu sechst oder acht in einem Zimmer, ernährten uns von Junk-Food und spielten bis drei Uhr früh. Es war ein nettes, sauberes Vergnügen, gegen das unsere Eltern nichts einzuwenden hatten.
    Organisator war ein bekannter Bildungs-Förderverein, der Schreib-Workshops, Theaterkurse und dergleichen mehr für Jugendliche anbot. Er veranstaltete die Spiele schon seit zehn Jahren, ohne dass es je einen Zwischenfall gegeben hätte. Alles war streng alkohol- und drogenfrei, um die Organisatoren nicht irgendwelchen Vorwürfen der Verführung Minderjähriger auszusetzen. Je nach Wochenende kamen zwischen zehn und hundert Spieler zusammen, und für den Preis weniger Kinokarten hatten wir zweieinhalb Tage lang mächtig Spaß.
    Doch eines Tages gelang es ihnen, einen Block von Zimmern im Monaco zu buchen, einem Hotel im Tenderloin, das sich an kunstbeflissene ältere Touristen richtete - einem dieser Orte, an denen in jedem Zimmer ein Goldfischglas stand und die Empfangshalle voll war mit wundervollen alten Menschen in feiner Kleidung, die ihre Ergebnisse plastischer Chirurgie zur Schau stellten.
    Normalerweise pflegten uns die Irdischen - unser Wort für Nicht-Spieler - einfach zu ignorieren, sie hielten uns wohl für junge Hallodris. Aber an jenem Wochenende war zufällig der Herausgeber eines italienischen Reisemagazins im Hotel, und der entwickelte Interesse an der Sache. Er trieb mich in die Enge, als ich in der Halle herumlungerte in der Hoffnung, den Clan-Führer meiner Rivalen zu sehen, um mich auf ihn zu stürzen und sein Blut zu schlürfen. Ich stand mit über der Brust verschränkten Armen,

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