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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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wieder in besseres Licht zu rücken, indem sie berichteten, wie unfassbar merkwürdig wir LARPer doch waren; und an diesem Punkt ließ Charles jeden in der Schule wissen, dass Darryl und ich die größten LARP-Weicheier der Stadt seien.
    Das war kein gutes Jahr. Ein paar aus der Gang störten sich nicht dran, wir aber schon. Die Hänselei war gnadenlos. Und Charles immer vornweg. Ich fand Plastik-Gebisse in meiner Tasche; Kids, die mir in der Aula begegneten, machten "bleh, bleh" wie ein Comic-Vampir oder sprachen in meiner Gegenwart mit aufgesetztem transsylvanischem Akzent.
    Wenig später stiegen wir auf ARG um. In mancherlei Hinsicht war das noch lustiger, und vor allem war es sehr viel weniger abseitig. Aber manchmal vermisste ich doch meinen Umhang und diese Wochenenden im Hotel.
    Das Gegenteil von esprit d'escalier ist, wenn alle Peinlichkeiten deines Lebens zurückkommen und dich verfolgen, auch wenn sie schon längst verjährt sind. Ich erinnerte mich an jede einzelne Dummheit, die ich je gesagt oder getan hatte, und zwar bis ins kleinste Detail. Und jedes Mal, wenn ich mich niedergeschlagen fühlte, fing ich ganz von selbst an, mich an ähnliche Situationen zu erinnern - eine Hitparade von Erniedrigungen paradierte eine nach der anderen an meinem inneren Auge vorbei.
    Während ich versuchte, mich auf Masha und meinen drohenden Untergang zu konzentrieren, verfolgte mich der Vorfall mit dem Alten Volk penetrant. Es war damals ein ganz ähnliches krankes Gefühl der Verlorenheit gewesen, als immer mehr Medien die Story aufgriffen und das Risiko stieg, dass jemand herausfand, dass ich es war, der dem blöden italienischen Herausgeber, diesem Typ in seinen Designerjeans mit den schiefen Nähten, dem gestärkten Hemd ohne Kragen und der riesigen metallgefassten Brille, die Geschichte angedreht hatte.
    Es gibt eine Alternative dazu, dich in deinen Fehlern zu suhlen. Du kannst aus ihnen lernen.
    Jedenfalls ist das eine gute Theorie. Vielleicht besteht ja auch der Grund dafür, dass dein Unterbewusstsein all diese elenden Gespenster reanimiert, darin, dass sie irgendeinen Abschluss finden müssen, bevor sie in Frieden im Erniedrigungsjenseits ruhen können. Mein Unterbewusstsein traktierte mich mit Gespenstern in der Hoffnung, dass ich etwas tun würde, damit sie in Frieden würden ruhen können.
    Auf dem ganzen Weg heim wälzte ich diese Erinnerung und den Gedanken, wie ich mit "Masha" umgehen sollte für den Fall, dass sie mir eine Falle stellte. Ich musste irgendeine Rückversicherung haben.
    Und als ich mein Haus erreichte - und die melancholischen Umarmungen von Mom und Dad, die dort auf mich warteten -, da hatte ich sie.
    Der Trick bestand darin, das Ganze so zu timen, dass es schnell genug passierte, um dem DHS keine Vorbereitungszeit zu geben, aber mit genug Vorlauf, dass das Xnet Zeit haben würde, massenhaft zu erscheinen.
    Der Trick bestand darin, es so zu arrangieren, dass zu viele von uns auf einem Haufen waren, um uns alle festzunehmen, und es dennoch irgendwo zu machen, wo es von der Presse und den Erwachsenen zur Kenntnis genommen wurde, damit das DHS uns nicht wieder einfach begasen konnte.
    Der Trick bestand darin, dass es etwas so Medientaugliches sein musste wie die Levitation des Pentagon. Der Trick bestand darin, den Anlass für eine richtig fette Massenkundgebung zu inszenieren, so wie damals die 3000 Berkeley-Studenten, die sich weigerten, einen der Ihren in einem Polizeiauto abtransportieren zu lassen.
    Und der Trick bestand darin, die Presse vor Ort sein zu lassen, bereit zu berichten, was die Polizei tat, ebenso wie 1968 in Chicago.
    Es musste ein wirklich guter Trick sein.
    Am folgenden Tag verschwand ich mithilfe meiner üblichen Techniken eine Stunde früher aus der Schule; es war mir egal, ob das womöglich irgendeinen neuartigen DHS-Checker auslöste, der zu einer Benachrichtigung meiner Eltern führen würde.
    So oder so: Ob ich Ärger in der Schule bekam, würde nach dem morgigen Tag das kleinste Problem meiner Eltern sein.
    Ich traf mich mit Ange bei ihr. Sie hatte noch früher aus der Schule verschwinden müssen, aber sie hatte ihre Regel vorgeschoben und sich benommen, als würde sie gleich umkippen, und dann hatten sie sie heimgeschickt.
    Wir fingen an, die Sache im Xnet zu verbreiten. Wir sandten E-Mails an vertrauenswürdige Freunde und Instant Messages an unsere Buddy-Listen. Wir zogen über die Planken und durch die Straßen von Clockwork Plunder und erzählten es unseren

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