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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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meine Sendungen kommen.«
    »Das hat er alles gesagt?«
    »Ja. Jedenfalls klang es so, als sei ihm ein gehöriger Schreck in die Glieder gefahren. Aber das bilde ich mir möglicherweise auch nur ein.«
    Wie auch immer, diese Tür scheint endgültig ins Schloß gefallen zu sein, und ich muß anderswo nach Informationen suchen.

28
    D ie Janneli empfängt mich stehend in ihrem Büro. Unser Treffen war für sechs Uhr anberaumt, und ich bin mit zwanzigminütiger Verspätung eingetroffen. Doch das scheint sie nicht zu stören. Sie ist wie immer gepflegt gekleidet. Diesmal trägt sie ein Oberteil in Hellorange mit einer riesigen Sonnenblume am Ausschnitt und dazu eine einfarbige Hose. Sowie ich Platz genommen habe, erscheint ihre Sekretärin mit einem Tablett und stellt ein Glas Saft und einen Teller Kekse vor mich hin. Damit hat sie mich überrumpelt, denn ich habe so viel freundliches Entgegenkommen nicht erwartet und bin gezwungen, mich dafür zu bedanken, obwohl ich Obstsäfte hasse und zwischen den Mahlzeiten nicht gerne etwas esse – außer Souflaki. Trotz der Dankesbezeigungen bleibt ihr die Verwunderung auf meinem Gesicht nicht verborgen. Sie blickt mich an und lächelt.
    »Sie statten uns doch einen freundschaftlichen Besuch ab, oder?« meint sie. »Lassen Sie uns daher mit einer kleinen Erfrischung anfangen.«
    Die Janneli ist mir ein Rätsel. Ihr gelingt es, selbst dann sympathisch zu wirken, wenn sie auf Angriff schaltet, so wie kürzlich in Samanis’ Büro. Andererseits jedoch kann sie an einem bestimmten Punkt die Rolläden runterlassen, und beim nächsten Schritt prallt man gegen eine Wand.
    »Der Besuch ist weder freundschaftlich noch feindselig«, sage ich nüchtern. »Ich wollte nur, daß Sie mir einen Hinweis bestätigen.«
    »Eigentlich bin ich Ihnen keine Erklärung schuldig, insbesondere nach unserem vorgestrigen Gespräch in Xenofon Samanis’ Büro. Die Leventojanni droht uns jetzt Ihretwegen mit einer Klage, wenn wir ihr die Differenz nicht ausbezahlen, die wir angeblich von dem Pontusgriechen einkassiert haben.«
    Ganz und gar nicht »angeblich«, sage ich mir, aber ich ziehe es vor, sie in diesem Moment nicht zu provozieren. »Es geht mir nicht um die BALKAN PROSPECT , sondern um die BALKAN INNS , Jason Favieros’ zweites Offshore-Unternehmen, das Hotelanlagen und Reiseunternehmen betreibt.«
    »Sie gehen sehr systematisch vor, Herr Kommissar«, sagt sie mit demselben gelassenen Lächeln. »Sie lassen nichts unversucht, Ihnen entgeht nicht das geringste.«
    »Das ist mein Job.«
    »Da Sie Ihren Job so gut verrichten, werden Sie bemerkt haben, daß dieses Unternehmen nunmehr Jason Favieros’ Erben und Lilian Stathatou gehört.«
    »Das ist mir nicht entgangen.«
    »Wieso kommen Sie dann zu mir? Wenn Sie Informationen über die BALKAN INNS suchen, dann wenden Sie sich doch direkt an Lilian Stathatou.«
    »Ich wende mich aus Rücksicht auf Frau Stathatous Trauer an Sie.«
    Ich flüchte mich in ein Standardargument, doch diesmal fällt es nicht auf fruchtbaren Boden, denn sie reagiert erheitert.
    »Lassen Sie doch das Gerede von Ihrer Rücksicht auf die Trauer einer Witwe, Herr Kommissar. Das Problem liegt doch woanders. Sie fürchten, Ihre indiskreten Fragen an Frau Stathatou könnten Ihren Vorgesetzten – bis hin zum Minister für Öffentliche Ordnung – zu Ohren kommen und unangenehme Folgen für Sie haben. An Xenofon Samanis können Sie sich ebenfalls nicht wenden, da er Sie anscheinend nicht besonders gut leiden kann. Nun also wenden Sie sich an mich, weil Ihnen das besser ins Konzept paßt. Aber ich habe nicht vor, über pure Annahmen zu sprechen oder Firmen, die nicht die BALKAN PROSPECT betreffen.«
    Wiederum hat sie meine Gedanken erraten. Daher beschließe ich, das Steuer herumzureißen. »Fangen wir anders an«, sage ich. »Hat ein gewisses Offshore-Unternehmen namens BALKAN INNS möglicherweise mit der BALKAN PROSPECT zusammen Geschäfte gemacht?«
    »In welcher Weise?«
    »Hat zum Beispiel die BALKAN INNS zufälligerweise von der BALKAN PROSPECT Grundstücke in Balkanländern gekauft, um dort Hotels zu errichten?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Das können Ihnen unsere lokalen Maklerbüros sagen.«
    »Kommen Sie! Das kann doch nicht sein, daß Ihre Maklerbüros die Zentrale nicht informieren.«
    »Also gut, möglicherweise hat es solche Geschäftskontakte gegeben. Und was beweist das?«
    Ich lasse ihre Frage unbeantwortet und fahre fort: »Wissen Sie, ob Jason Favieros’

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