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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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bringen. Und eine Weile war es auch ganz okay. Mum hatte recht, wir hatten schon lange nichts mehr miteinander unternommen, es war einfach schön, mal wieder mit ihr zusammen zu sein – draußen in der Sonne durch die Straßen zu ziehen, Schaufenster anzugucken …
    Es war schön.
    Es war nicht gerade lustig …
    Aber irgendwie ganz okay.
    Und zwischendurch half es auch wirklich, mich auf andere Gedanken zu bringen. Aber es klappte immer nur kurz.Und im Lauf des Nachmittags verloren sich selbst diese kurzen, gelegentlichen Momente, bis ich schließlich an nichts anderes mehr denken konnte als an das, woran ich nicht denken wollte.
    An William.
    An Lügen …
    An die IRA.
    An Curtis …
    William.
    Curtis …
    Ich überlegte unentwegt, was eigentlich in ihm vorgegangen war. Wieso hatte er mich beschuldigt, mit William geschlafen zu haben? Das ergab doch gar keinen Sinn. Wieso glaubte er das? Die einzige Antwort, die ich fand, war: Er glaubte eigentlich überhaupt nicht, dass ich mit William geschlafen hatte – er hatte es nur gesagt. Er war so sauer auf William und mich gewesen, weil wir den Auftritt versaut und seinen Traum zerstört hatten, dass er einfach das Erstbeste – und Schlimmste – ausspucken musste, was ihm gerade einfiel. Er wusste genau, dass es nicht stimmte, aber nachdem er es nun mal gesagt hatte, konnte er nicht mehr zurück.
    Aber vielleicht hatte er es ja gar nicht einfach so herausgespuckt?
    Vielleicht war alles viel simpler.
    Vielleicht hatte er schon die ganze Zeit Schluss machen wollen, aber statt es auf die harte Tour zu tun, unterstellte er mir einfach das Schlimmste, was er sich ausdenken konnte, in der Hoffnung, ich würde so sauer werden, dass ich ihn verließ, was ihm nicht nur den Ärger ersparte, mich zu verlassen, sondern ihm auch das Mitgefühl der anderen verschaffte.
    Doch vielleicht war es auch nicht so …
    Ich wusste es einfach nicht.
    Und das war es, was mich total fertigmachte – dieses Nicht-Wissen.
    »Mum?«, sagte ich, als wir gerade auf den nächsten schicken kleinen Schuhladen zusteuerten. »Mir ist eben was eingefallen.«
    »Was denn, Schatz?«
    »Ich muss los, Mum. Wir haben heute Abend Band-Meeting … tut mir leid, hatte ich ganz vergessen.«
    »Oh«, sagte sie sichtbar enttäuscht.
    »Tut mir echt leid.«
    Sie lächelte. »Na ja, wenn du wirklich losmusst …«
    »Ja, wär besser.«
    »Na gut.«
    Während ich sie umarmte, warf ich einen Blick zu Laura und formte mit den Lippen die Frage: »Ist das okay für dich?«
    Sie nickte.
    Ich ließ Mum los.
    Laura fragte: »Seh ich dich morgen, Lili? Ich bleib noch ein paar Tage …«
    Ich nickte zurück und zeigte ihr, dass ich verstanden hatte, dann machte ich mich auf den Weg zur U-Bahn.
    Es war gegen fünf, als ich in Seven Sisters ausstieg. Die Sonne war nicht mehr zu sehen, und als ich die U-Bahn-Station verließ und in Richtung besetztes Haus ging, verdunkelte sich der Himmel immer mehr. Eine riesige schwarze Wolkenbank türmte sich auf. Kalter Wind wehte durch die Straßen und wirbelte Abfall auf. Ein würziger heißer Duft von Fast Food lag in der Luft.
    Ich wusste nicht, was ich tat.
    Ich wusste nicht, was ich zu finden hoffte.
    Ich wusste nicht mal, was ich empfand.
    Inzwischen hatte ich das Haus erreicht, und als ich den kleinen Weg zur Haustür ging, erinnerte ich mich an die Nacht der Party, als Curtis mich huckepack die Straße entlanggetragen hatte … wie er Richtung Haus gejagt war, mich auf seinem Rücken durchgerüttelt hatte und ich die Augen schloss und jauchzte wie ein aufgeregtes Kind in der Achterbahn … und wie wir dann in die Hecke gekracht und hingefallen waren und beide nur dagesessen und uns totgelacht hatten …
    Ich vertrieb die Erinnerung aus meinen Gedanken und ging weiter auf die Haustür zu. Sie war wie immer offen – nur nachts wurde sie abgeschlossen –, deshalb trat ich einfach ein und ging gleich nach oben. Von überall tönte Musik – Captain Beefheart aus einem Zimmer unten, irgendein alter Bowie-Song von woanders her –, und als ich die Treppe hochging, merkte ich, wie vertraut mir der Ort inzwischen geworden war. Dieselben alten Klänge, dasselbe alte Haus, dieselbe alte Mischung von Gerüchen – nach Marihuana, Moder, ungewaschener Kleidung …
    »Hi, Lili.«
    Als ich die Stimme hörte, schaute ich hoch und sah in einer Tür auf der nächsten Etage ein kraushaariges Mädchen.
    »Oh, hi, Sinead«, sagte ich und blieb kurz stehen.
    Ich kannte Sinead nicht sonderlich gut, aber

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