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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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ein Familiending. Etwas, das man mit der Familie und mit Freunden machte … man kam ganz einfach zusammen, studierte ein paar Songs ein und dann spielte man los.«
    Er erzählte mir auch von der Liebe seiner Großmutter zu Büchern und wie sie ihm immer vorgelesen hatte, als er noch klein war …
    »Aber sie war überzeugt, dass man Kinder nicht wie Idioten behandeln darf, verstehst du … das heißt, anstatt uns die üblichen Kindergeschichten vorzulesen, las sie mir einfach das vor, was sie selber gern las.«
    »Zum Beispiel?«, fragte ich.
    »Gott, alles Mögliche «, antwortete William und lächelte bei der Erinnerung. »Gedichte, Romane, historische Bücher … vieles davon war natürlich irisch – Joyce, Pearse, Beckett, Yeats … Seamus Heaney. Aber sie mochte auch ein paar von den Russen sehr – Turgenjew, Dostojewski, Tolstoi – und dann die ganzen französischen Sachen – Camus, Sartre, Rimbaud, Verlaine …« Er lachte leise vor sich hin. »Manchmal hat sie mir zur Entspannung ein bisschen was von Dickens, Wilkie Collins oder so vorgelesen … das war ihre Vorstellung von Unterhaltungslektüre, verstehst du? Ein bisschen leichte Kost. Aber Granddad …« William lachte wieder. »Also der liebte Western, Geschichten von Cowboysund Indianern … und wenn Granny nicht zu Hause war, las er mir die ganzen Sachen über Revolverhelden, Banditen und Viehtreiber vor, und das war so was wie unser kleines Geheimnis, weißt du … niemand durfte davon wissen, vor allem nicht Gran.«
    Ich lächelte ihn an. »Das heißt also, du bist mit Tolstoi und Western aufgewachsen?«
    »Ja …«
    Es regnete.
    Es wurde immer kälter …
    Wir kauerten uns enger zusammen …
    »Du schuldest mir immer noch eine Geschichte«, sagte William.
    »Ja?«
    Er nickte. »Du hast versprochen, du würdest mir alles über deine Familie erzählen, erinnerst du dich? Neulich nachts auf der Party? Ich hab gesagt, ich würde dir alles über meine Familie erzählen, aber nur unter der Bedingung, dass du mir alles über deine erzählst.«
    »Stimmt.«
    »Aber du hast nie was erzählt.«
    Ich sah ihn an. »Was willst du wissen?«
    Er lächelte. »Alles, was du mir erzählen magst.«
    »Okay«, sagte ich und kuschelte mich an ihn. »Also, der Mädchenname meiner Mutter war Mari Ellen James und sie wurde in einem kleinen Bauerndorf außerhalb von Bangor in Nordwales geboren …«
    Es regnete …
    Das Feuer flackerte.
    Ich öffnete mein Herz.
    Ich hatte noch nie so richtig mit jemandem über meine Mum und meinen Dad gesprochen, und als ich William alles über sie erzählt hatte – ihre Geschichte, ihrer beider Leben … was sie mir bedeuteten oder nicht bedeuteten –, war ich total erschöpft, sowohl körperlich als auch seelisch. Es war ein seltsames Gefühl, eine betäubende Mischung aus Erleichterung, Entspannung, Verwirrung, Angst … ein Wechselbad der Gefühle, das mich zerriss und aushöhlte, aber zugleich auch auf wunderbare Weise befreite.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte William, der mich in seinen Armen hielt.
    »Ja …«, murmelte ich und schniefte ein paar Tränen weg. »Ist nur irgendwie hart, weißt du … ich meine, ich weiß natürlich, dass ich es in vieler Hinsicht sehr leicht hatte, also dürfte ich mich gar nicht –«
    »Sonderlich leicht klingt das für mich nicht«, sagte William. »Okay, du musstest dir nie Sorgen um Geld machen, aber alles andere … ich meine, Himmel noch mal.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Hat denn dein Vater nie versucht, mit dir Kontakt aufzunehmen oder so?«
    »Nicht dass ich wüsste …«
    »Was ist mit Geburtstagen, Weihnachten?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    William sah mich an. »Machst du dir nie Gedanken um ihn?«
    »Keine Ahnung …«, sagte ich. »Nicht wirklich … er war nie für mich da und ich hab es nie anders erlebt. Ich glaube,es wär was anderes, wenn ich ihn gekannt hätte, bevor er ging, verstehst du, wenn ich Erinnerungen an ihn hätte oder so … aber ich habe keine.« Ich zuckte mit den Schultern. »Deshalb bedeutet er mir nichts, er ist Luft für mich. Er ist einfach jemand, der meine Mum gefickt hat.«
    »Spricht sie manchmal über ihn?«
    »Als ich klein war, hat sie mir oft von ihm erzählt, aber eigentlich nur, wenn sie betrunken war oder so … und dann hat sie meistens so sehr geheult, dass ich kein Wort verstehen konnte, oder sie ist total wütend geworden und hat sich dermaßen in Rage geredet, dass sie nur noch gebrüllt und getobt hat … und dann hab ich

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