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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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werden.
    Ich lächelte ihn an.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Nichts …«
    Er sah mich schief an. »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles perfekt.«
    Und das war es wirklich. Für ungefähr fünf Minuten war alles perfekt. Es war ein wunderschöner Tag – frisch und hell, mit einem leichten Dunstschleier in der Luft –, und auch wenn ich echt müde war, war es nicht diese zehrende Müdigkeit, sondern eher eine, die dich schweben lässt undschwindlig macht, fast als ob du betrunken wärst. Und als wir zusammen durch das grün belaubte Hampstead liefen, sah ich alles in völlig neuem Licht. Die Häuser, die Bäume, die Straßen, die Ausblicke … nichts hatte sich verändert, alles war genau wie immer und doch schien es irgendwie ganz anders. Klarer, heller … mit mehr Kontur, mehr Tiefe. Ich sah alle Details – die Steine der Häuser, die Blätter der Bäume, die Geraden und Kurven der Straßen …
    Es war ein gutes Gefühl.
    Ein perfektes Gefühl.
    Erst als wir in unsere Straße einbogen und auf das Haus meiner Mum zuliefen, wurde das Gefühl etwas weniger perfekt und ich fragte mich, was wir tun würden, wenn wir dort ankamen. Würde William mit reinkommen wollen? Sollte ich ihn fragen, ob er mit reinkäme? Wollte ich, dass er mit reinkam? In welchem Zustand würde Mum sein?
    »Schon gut«, sagte William und berührte meinen Arm. »Kein Grund, sich irgendwelche Sorgen zu machen.«
    Ich sah ihn an. »Wer macht sich irgendwelche Sorgen?«
    Er lächelte. »Du.«
    »Stimmt gar nicht.«
    »Stimmt wohl. Du kaust an deiner Lippe … du kaust immer an deiner Lippe, wenn du dir Sorgen machst.«
    »Tu ich das?«
    »Yep.«
    Ich lächelte ihn an. »Du hältst dich wohl für besonders schlau, was?«
    »Yep.«
    Wir gingen weiter.
    Er sagte: »Ich komm nur mit bis zur Haustür, wenn das für dich okay ist. Ich meine, ich würde natürlich gern mit reinkommenund deine Mum kennenlernen … und das werde ich auch irgendwann – aber nicht heute. Ist das in Ordnung?«
    Ich lächelte. »Perfekt.«
    »Gut. Und welches von diesen schicken Häusern ist jetzt deins?«
    »Das da«, sagte ich und zeigte die Straße entlang. »Das mit dem Turm.«
    Er blieb mit einem überraschten Gesicht stehen. »In dem wohnst du?«
    »Ja …«
    »Verfluchte Scheiße, was ist das?«, fragte er und grinste mich an. »Ist das ein Schloss?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Ich meine, heilige Scheiße … das ist ja riesig .« Er schüttelte den Kopf. »Sieht aus wie ein Ding aus einem Horrorfilm.«
    Als ich nicht antwortete, glaubte er einen Moment, er hätte mich verletzt.
    »Tut mir leid, Lili«, sagte er. »Ich mach nur Spaß. Ich wollte dich nicht –«
    »Ist das nicht der Lieferwagen von Chief?«, fragte ich und starrte auf den vertraut wirkenden Ford Transit, der vor dem Haus meiner Mum stand.
    William betrachtete den weißen Lieferwagen. »Sieht ein bisschen so aus …«
    »Sieht ziemlich so aus«, erwiderte ich.
    Als wir langsam auf den Lieferwagen zugingen, war plötzlich alles gar nicht mehr perfekt. Es war eindeutig Chiefs Lieferwagen, daran bestand kein Zweifel. Ich erkannte die Beule in der Hecktür, das kaputte Rücklicht, den Keep musiclive -Aufkleber, den Curtis manipuliert hatte und der jetzt lautete Keep music evil … und als ich sah, wie die Beifahrertür aufschwang, konnte ich nur noch hoffen und beten, dass es Stan war, der aus dem Wagen stieg oder vielleicht Jake … aber tief im Innern wusste ich, dass sie es nicht waren.
    Noch bevor ich ihn sah, wusste ich, es war Curtis.
    Ich wusste es einfach.
    Ich blieb mit William neben dem Lieferwagen stehen und wir beide standen bloß da und beobachteten, wie Curtis ausstieg und sich zu uns umwandte.

31
    Ich rechnete natürlich damit, dass Curtis wütend war – mich mit William zu sehen, wie wir früh am Morgen zusammen nach Hause schlenderten –, und die Tatsache, dass er überhaupt kein Recht mehr hatte, wütend auf mich zu sein … nun ja, die interessierte keinen. Und es gab auch keinen Zweifel an seiner Wut. So wie er erst mich, dann William ansah … die Verachtung in seinem Blick, die Verletztheit, Verbitterung, das Gefühl des Betrogenseins … all das war ihm deutlich anzusehen.
    Doch überraschenderweise schien er nicht nur seine Gefühle unter Kontrolle zu haben, sondern es musste ihn auch noch etwas anderes beschäftigen als bloß die Frage, was er von William und mir hielt.
    »Hi, Curtis«, hörte ich William sagen.
    Curtis nickte ihm flüchtig zu, dann wandte er sich wieder mir zu.

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