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Liverpool Street

Liverpool Street

Titel: Liverpool Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne C. Voorhoeve
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zu Jesus gehören, noch mehr als die gewöhnlichen Christen.
    Bitte sagt Ja! Ich finde es so schön, wenn Mrs Shepard an meinem Bett sitzt, ihre Hand auf meine legt und das Gebet spricht.

    Das war gelogen, Mrs Shepard hatte noch nie ihre Hand auf meine gelegt, nur einmal auf die Bettdecke, und es war wohl mein schlechtes Gewissen, das mich dazu bewog, den folgenden Absatz anzuschließen: »Trotz allem bemühe ich mich, Mrs Shepard nicht zu gernzuhaben, obwohl du nicht bei mir bist, Mamu. Ich würde dich nie verraten. Ich sage nicht einmal Tante zu ihr, obwohl sie das gern hätte.«
    Einen Absatz, den ich in der nächsten Version entschlossen wieder gestrichen hatte, um nicht die ganze schöne Warnung wieder aufzuheben, die ich Mamu in diesem Brief zukommen lassen wollte. Erst wenn ihr klar geworden war, dass auch sie mich an eine andere verlieren konnte, würde ich sie meiner Treue versichern. Aber jetzt war erst einmal sie am Zug!
    Mein Brief endete damit, dass Gary und ich schon zwei Geheimnisse hätten. Das erste könne ich nicht verraten, aber das zweite sei, dass er mir die Fragen beibrächte, die das jüngste Kind einer jüdischen Familie beim Pessachfest zu stellen habe. Ohne die Fragen, die gesungen würden, gäbe es kein Fest und ich würde in den nächsten zwei Wochen jeden Tag üben, damit nichts schiefging.
    Zu der Feier kämen nämlich Garys Großeltern und die seien sehr streng. Und jetzt müsse ich leider Schluss machen, denn Mrs Shepard und ich gingen zusammen ins Café wie Mamu und Bekka.
    Unnötig zu erwähnen, dass Mrs Shepard nichts davon ahnte, dass sie mich ins Café eingeladen haben sollte. Sonntag und Montag waren ihre Altenheim-Tage und sie würde nicht einmal merken, dass ich später aus der Schule kam, weil ich die Nachbarschaft nach einem Arbeitsplatz für meine Eltern abklapperte.
    Und erst jetzt, wo ich vor dem Briefkasten stand, den Brief eingeworfen hatte und alles zu spät war, fiel mir ein, dass ich meine bereits geschriebenen Bittbriefe und den bevorstehenden Einsatz an den Haustüren mit keinem Wort erwähnt hatte! Dabei hätte Papa mit Sicherheit ein wenig gesund machende Hoffnung verspürt, wenn er davon erfuhr. In meiner Konzentration auf Mamu hatte ich ihn völlig vergessen. Ich hatte mich nicht einmal erkundigt, wie es ihm ging. Wie enttäuscht würde er von mir sein! Und Mamu würde vermutlich nicht eifersüchtig, sondern wütend werden, wenn sie meinen Brief las …
    Erschrocken steckte ich den halben Arm in den Briefschlitz, aber es war aussichtslos, ich hatte ja selbst gehört, wie tief der Brief geplumpst war.
    Schweren Herzens, mit einem gequetschten Arm und ordentlicher Wut auf das Schicksal wandte ich mich ab und war noch keine fünf Meter gegangen, als ich auch schon anfing, ein düsteres Bild vor mir herzutreiben: Bekka, die mit meiner Mutter im Café saß und mit ihr redete, irgendwie älter dabei aussah, mindestens wie vierzehn, ein Gespräch sozusagen von Frau zu Frau. »Ich sage es dir nicht gern, Margot, aber Ziska hat einfach kein Herz. Sie hat mir den Platz weggenommen und uns alle hier einfach vergessen, und überhaupt … den Mut, an fremden Haustüren zu klingeln, hat sie sowieso nicht. Ziska kann nämlich nur eins richtig gut: schnell wegrennen, wenn’s brenzlig wird!«
    Ich biss die Zähne zusammen, als ich durch das erste Gartentor trat. Das Haus stand allein, besaß einen großen Vorgarten, in dem es vielleicht für einen Gärtner etwas zu tun gab, und sah wohlhabender aus als die Häuser im Harrington Grove. Ein stattlicher Wagen parkte am Straßenrand. Das schwere, melodische Läuten der Türglocke klang vornehm. Ich war eingeschüchtert, noch bevor die Tür sich öffnete.
    Dabei sah die junge Frau, die in einer weißen Küchenschürze vor mir stand, recht freundlich aus. Ich holte tief Luft und rezitierte meinen vorbereiteten Spruch: »Excuse me, need you a help in the house? My mother is a very good cook and sewer and my father a servant or gardenman or …«, geistesgegenwärtig zeigte ich auf das Auto vor dem Haus und improvisierte, »carman. You can buy them without money, only for bed and food.«
    Die junge Frau lächelte, schüttelte den Kopf, tippte auf ihre Brust und sagte etwas, was ich nicht verstand. Vor Schreck vergaß ich meinen nächsten Absatz, obwohl ich ihn auswendig gelernt hatte, musste den Zettel aus der Manteltasche ziehen und vom Blatt ablesen. »My parents are in Germany. They are very clean and educationed.«
    Die

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