Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Probleme« im Zusammenhang mit der Medikamentenabhängigkeit angesprochen und dann plötzlich etwas über einen merkwürdigen Befund bei ihm selbst erzählt. Es sei »da etwas bei ihm festgestellt worden«, das ihm rätselhaft vorkomme, zog Haddad den Deutschen ins Vertrauen, bat ihn aber um strengstes Stillschweigen. Boock: »Ich hatte das schon vorher bemerkt. Abu Hani war wirklich total schwach in dieser Zeit.«
Die Ärzte in Bagdad wissen keinen Rat. Während die Landshut ihre Odyssee durch den Nahen Osten beginnt, verschlechtern sich Haddads Blutwerte dramatisch und in rasantem Tempo. Er isst nichts mehr, verliert an Gewicht, »seine Aufmerksamkeit für bestimmte Dinge sank, seine roten Blutkörperchen gingen ständig weiter zurück«, erinnert sich Bassam Abu Sharif. »Meine Schlussfolgerung damals war, dass sie Haddad vergiftet hatten. Die Symptome sprachen dafür.«
Auch bei ihrem mehrtägigen Treffen in der Suite des Hotels Stadt Berlin im Juli 1980 kommen Carlos (Salem) und Adnan Shatub (Abu Nadia) auf das Thema zu sprechen: »… Im Zusammenhang mit (geschwärzt) spricht Salem über Mogadischu. Es wird davon berichtet, daß Abu Hani zu dieser Zeit erkrankt war« (Stasi-Protokoll).
Seit zwei Tagen schon steht die Landshut in glühender Hitze auf dem Flugfeld in der Wüste des Emirats Dubai am Persischen Golf. Entführer, Besatzung und Passagiere warten auf den Ablauf des Ultimatums. Wird die Bundesregierung den Forderungen der RAF und Haddads nachgeben, die Stammheimer Gefangenen freilassen und ein Lösegeld zahlen? Die Maschine hebt nach langen Diskussionen mit den Sicherheitsleuten des Herrschers wieder ab, vierzig Minuten vor Ablauf des Ultimatums. Möglicherweise wollten die Terroristen vermeiden, in die Lage zu kommen, das Flugzeug in die Luft sprengen zu müssen.
Die nächste Station: Aden im Südjemen. Dort soll das palästinensische Kommando eigentlich von Bord gehen und durch ein neues, schwerer bewaffnetes Kommando ersetzt werden, das dann »mit den Geiseln von Bord geht und in der jemenitischen Wüste verschwindet«, sagt Peter-Jürgen Boock. Das hätte einem Ablauf wie 1972 auf dem jordanischen Flugfeld Dawson ’ s Field entsprochen (siehe S. 192).
Doch die Jemeniten verweigern dem neuen Kommando der PFLP, sich der Maschine auch nur zu nähern; später wird sich herausstellen, dass Bonn in diesen Stunden einen heißen Draht nach Ost-Berlin aktiviert hat und die DDR-Staatssicherheit, die damals über exzellente Beziehungen im Südjemen verfügt, Einfluss auf die dortige Regierung ausübte, kein neues Kommando an Bord zu lassen. Und in Bagdad ist Wadi Haddad zu geschwächt, um sich gegen diesen Bruch aller Abmachungen zwischen ihm und den Jemeniten zur Wehr zu setzen. In den nächsten Stunden läuft die Entführung völlig anders als geplant. Lufthansa-Kapitän Jürgen Schumann, der sich längere Zeit von der Landshut entfernt hat, wird nach seiner Rückkehr vor den Augen der Passagiere erschossen, seine Leiche im hinteren Garderobenschrank verstaut, aufrecht stehend. Noch vor Ablauf eines weiteren Ultimatums hebt die Maschine in Aden ab, die Entführer sind durch den unerwarteten Verlauf der Operation verunsichert. Erst in letzter Minute haben sie erfahren, dass sie nach Mogadischu fliegen sollen.
Aus dem Stasi-Abhörprotokoll des geheimen Treffens von Carlos (»Salem«), Weinrich (»Steve«) und Adnan Shatub (»Abu Nadia«) in der Suite des Hotels Stadt Berlin: »Abu Nadia sagt wörtlich: ›Er (es ist Abu Hani gemeint) fragte uns, wie groß die Entfernung ist … und ich habe gesagt, die Iraqui Airways von Bagdad nach Istanbul fliegt direkt … wir können die Strecke verrechnen. Deshalb haben wir geplant und verrechnet … nach Mogadischu‹. Salem fällt Abu Nadia ins Wort und schreit, daß es ein Fehler von Abu Hani war. Steve stimmt dem zu … Es wird weiterhin berichtet, dass es einen Radiofunkspruch nach Aden gab. Abu Nadia beschreibt ein wenig die damalige Situation. Er erzählt, daß die Maschine bereits zwanzig Minuten vor der geplanten Zeit flog. Er sagt, daß er das auch tun würde, wenn es für ihn gefährlich werden würde.«
Erst in Mogadischu/Somalia gelingt es der aus Deutschland nachgeflogenen GSG 9, die Landshut zu stürmen. Drei der vier palästinensischen Terroristen sterben, alle Passagiere überleben. Wurde die Flugzeugentführung samt glimpflichem Ausgang davon beeinflusst, dass Wadi Haddad in den entscheidenden Stunden nicht mehr in der Lage war, klare
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